0044 - Wir kämpften nach drei Seiten
Wünsche hatten.
Als der Mann das Glas ausgetrunken hatte, winkte er den Besitzer herbei.
Er beugte sich weit über die Theke.
»Schnee?«, fragte er flüsternd mit zitternder Stimme.
Der Drugstore-Besitzer sah den Mann aufmerksam an. Er kannte ihn nicht, aber er wusste, wann er einen Süchtigen vor sich hatte. Der schmutzige Kragen, das schlecht rasierte Kinn, die unsicheren Hände, die rotgeränderten Augen sagten genug.
Der Drugstore-Besitzer nickte langsam mit dem Kopf.
»Wie viel der Brief?« Brief nannten die Rauschgifthändler und die Süchtigen die kleinen gefalteten Papiere, in denen sich ein Gran des Giftes befand.
»Fünfzehn!«
Der morgendliche Whiskytrinker brach in Lachen aus.
»Glaubst du, ich wäre hungrig und du könntest mich ausnehmen?«, rief er. »Ich habe Vorrat.« Er fuhr mit einer Hand in die Tasche und zog sie halb wieder heraus, sodass der Drugstore-Mann sechs oder sieben der charakteristischen Briefe sehen konnte.
»Weißt du, was ich dafür bezahlt habe? Fünf Dollar, verstehst du.«
Der Drugstore-Besitzer wurde unruhig. Er wusste, dass Süchtige leicht krakeelen, wenn sie genügend Gift genommen haben.
»Zahl und verschwinde!«, schnauzte er.
»Mach ich.« Der Besucher warf einen halben Dollar auf den Tisch und verließ das Lokal.
Der Besitzer sah ihm nachdenklich nach. Noch nie war ein Brief unter zehn Dollar verkauft worden. Fünf Dollar konnte unmöglich stimmen.
Er ging zum Telefon und wählte die Nummer seines Bruders, der einen ähnlichen Drugstore ein paar Straßenecken weiter betrieb.
»Hallo, Joe«, sagte er, »eben war ein Kerl bei mir, der behauptete, er könne Briefe für fünf Dollar bekommen.«
»Zum Henker«, antwortete der Bruder, »ich habe auch schon davon gehört. Chestry gegenüber soll in das neue Geschäft schon eingestiegen sein. Ich denke, wir sollten es Beider sagen, wenn er neue Ware liefert.«
»Ich nehme nichts ab«, entschied sich der Anrufer. »Nachher bleibe ich auf dem teueren Zeug sitzen. Beider hat 16 das letzte Mal zwölf statt zehn Dollar verlangt.«
»Du hast recht«, antwortete sein Bruder. »Ich denke, wir sollten vorsichtig sein, bis sich herausstellt, wie die Dinge liegen.«
***
Die Drugstore-Besitzer waren nicht die einzigen, die ihren schwungvollen Handel plötzlich bedroht sahen.
Black Foor, ein Neger, der an der U-Bahn-Station die Schuhe putzte, grinste, als sich Raw Leyster auf seinen Stuhl setzte. Leyster war ein alter Kunde von Black, der eigentlich das Schuheputzen längst nicht mehr nötig hatte und es nur noch tat, weil es ihm als ausgezeichnete Tarnung für sein eigentliches Geschäft erschien. Leyster, der selbst ein Neger war, hatte einen Freund bei sich, den Black nicht kannte, ebenfalls einen Farbigen.
»Hast du etwas?«, fragte Leyster.
Black warf einen unruhigen Blick auf den Unbekannten.
»Er ist in Ordnung. Ist selber ein Kunde«, sagte Raw Leyster ungeduldig.
Black nickte. »Ist aber teurer geworden. Sechzehn Dollar.«
Der Fremde mischte sich ein. »Ich habe es dir gesagt, Raw. Sie verkaufen nicht alle so billig. Verrückt, dem Burschen solche Preise zu zahlen. Los, wir gehen zu Chestry. Dort gibt’s alles, was wir brauchen für fünf Dollar.«
Black Foor stand wenige Augenblicke später mit offenem Mund da und blickte den beiden Männern nach, die die Straße überquerten. Dann blickte er auf die Münze in seiner Hand. Es waren fünfundzwanzig Cents, die Summe, die man einem Schuhputzer gibt, wenn man nicht mit ihm zufrieden ist.
***
Rockleen war ein Zeitungsverkäufer, der seinen Stand auf der 31. Straße hatte. An diesem Morgen kam Fraretti zu ihm, der seine Zeitungen und noch etwas anderes bei Rockleen zu kaufen pflegte. Fraretti war vor ein paar Monaten in ein Süchtigen-Hospital eingewiesen worden, und Rockleen hatte damals wochenlang in Angst geschwebt, dass Fraretti ihn als Bezugsquelle nennen würde, aber anscheinend hatte er dicht gehalten, denn Rockleen blieb unbelästigt.
»Hallo, Fra«, begrüßte er freundlich den alten Kunden. »Bist du raus aus dem Kasten?«
»Alles in Ordnung, Rock. Gib mir ’ne New York Post.«
»Sonst noch etwas, Fra? Oder bist du nicht mehr interessiert?«
Fraretti grinste. »Nicht mehr? Schon wieder. Welchen Preis nimmst du?«
»Weil du es bist, Fra, will ich nichts verdienen«, zischelte Rockleen. »Zwölf Dollar. Das, was ich selber bezahlen muss.«
Fraretti winkte ab. »Ich bekomme es für fünf, Rock. Pökel dir dein Zeug ein und schäm dich, dass du
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