0044 - Wir kämpften nach drei Seiten
einen alten Kunden hochnehmen willst!«
»Aber ich zahle wirklich zwölf«, stammelte der Zeitungshändler fassungslos.
»Dann bist du selbst schuld«, antwortete Fraretti, winkte mit der eben erstandenen Zeitung und ging.
So wie Rockleen, Black Foor, dem Drugstore-Besitzer und seinem Bruder ging es noch einer ganzen Reihe von kleinen Rauschgiftverteilern in Harlem. Überall tauchten Kunden auf, Bekannte und Unbekannte, fragten nach den Preisen für Schnee und berichteten von jener sagenhaften Quelle, wo der Brief nur fünf Dollar kostete.
Von den Verteilern erfuhren es die Zwischenhändler, von diesen die Abpacker, von ihnen wieder die Verteiler der Rohware, und so lief die Kunde von den »5-Dollar-Briefen«, in Harlem die lange Linie des Rauschgiftschmuggels rückwärts bis zur Spinne im Netz, bis zum »Chef«.
***
Lieutenant Torstsen vom 15. Revier in Harlem rief mich an.
»Man sagte mir, Sie bearbeiten die große Kokainschmuggelaffäre, Agent Cotton?«
Ich bestätigte es.
»Ich habe eine Meldung für Sie, die Sie vielleicht interessiert, Cotton. Hier in Harlem munkelt man von einem Preissturz für Kokain. Das Zeug soll gewaltig billiger geworden sein.«
»Ich wünschte, es würde nicht mehr dafür gezahlt als ein Dollar das Pfund«, seufzte ich. »Dann würde die gesamte Schmuggelei von selbst aufhören. Jedenfalls vielen Dank für Ihre Information, Lieutenant. Unterrichten Sie mich, wenn Sie Genaueres hören.«
»Oh, ich weiß schon etwas Genaues. Wir haben hier einen Besitzerwechsel in einer kleinen Kneipe gehabt. Der neue Besitzer nennt sich Chestry. Meine V-Leute hörten, bei ihm sei das Zeug für ein paar Dollar zu haben. Der Laden liegt in der 32. Straße. Ich sage es Ihnen für den Fall, dass Sie sich ihn ansehen wollen.«
»Danke Torstsen, wenn die Distrikt-Polizei schon darüber Bescheid weiß, dann wird es wohl höchste Zeit, dass sich auch das FBI darüber informiert. Ich werde heute Abend mal dort aufkreuzen.«
Ich fuhr um neun Uhr abends hin, benutzte aber nicht meinen Wagen, sondern nahm ein Taxi.
Chestrys Inn war ein kleines Lokal, eine Mischung aus Kneipe und Schnellimbissstube. Es strahlte vor Nickel und vor Harmlosigkeit, und Mr. Chestry, der selbst hinter der Theke stand, war ein breitschultriger, dicklicher Mann.
Außer mir war noch eine ganze Anzahl von Gästen in dem Lokal versammelt. An einem Tisch spielten vier Männer Karten.
Ich bestellte ein Paar Hotdogs und eine Flasche Bier, aß langsam und mit Genuss und ließ mir dann ein Glas Whisky kommen. Chestrys Whisky war ausgezeichnet, und gerade, als ich den dicken Wirt herbeiwinkte, um ein neues Glas zu bestellen, flog die Tür auf, und vier Männer betraten die Kneipe.
Die Luft wurde plötzlich sehr dick. Wenn man lange genug als FBI-Mann gearbeitet hat, bekommt man ein Gespür dafür, wenn die Atmosphäre sich ändert. In Chestrys Inn änderte sie sich.
Einer der vier Männer blieb an der Tür stehen und versenkte eine Hand in die Brusttasche. Die anderen drei marschierten auf die Theke zu. Derjenige, der rechts außen ging, warf im Vorbeigehen mit lässiger Gebärde das volle Bierglas eines Gastes um, sodass der Gerstensaft dem aufspringenden Mann über den Anzug floss.
Der Anführer der unfreundlichen Besucher, ein breiter, untersetzter Bursche mit einem Boxergesicht, steuerte Chestry an, der hinter der Theke stand und ihm aufmerksam entgegensah.
»Eine Frage, Fettwanst«, bellte das Boxergesicht. »Wer ist dein Lieferant?«
»Ich habe mehrere«, antwortete Chestry. »Die Hotdogs liefert Hutch & Son. Den Whisky beziehe ich von…«
»Shut up«, bellte der Boxer. »Du weißt, was ich meine. Du beziehst Steen-Ware, wie?«
Sein linker Nebenmann zerschlug während dieses Zwiegesprächs eine Whiskyflasche, die auf der Theke gestanden hatte, an einem Stuhl.
»Die Flasche kostet acht Dollar«, sagte Chestry.
Die vier Männer, die Karten gespielt hatten, legten die Blätter aus der Hand und standen auf.
Der Mann mit dem Boxergesicht langte mit beiden Armen über die Theke und riss Chestry die Schürze herunter.
»Wir werden euch zeigen, was es heißt, in unserem Revier die Preise zu verderben.«
Chestrys schwere Fäuste schossen vor. Der Boxer flog durch den Raum, riss einen Tisch um, der unter ihm zerbrach, war aber gleich wieder auf den Füßen. Bevor er zu einem neuen Angriff ansetzen konnte, setzte der Wirt mit einer für seine Körperfülle erstaunlichen Beweglichkeit in einer Flanke über die Theke. Die beiden
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