0044 - Wir kämpften nach drei Seiten
Männer prallten in der Mitte zusammen. Die Funken begannen zu stieben.
Des Boxers Begleiter hatten Miene gemacht, sich auf den Wirt zu stürzen aber sie wurden von den Kartenspielern gestoppt. Im Handumdrehen wälzte sich ein Knäuel von Männern durch den Raum.
Ich hatte den Mann an der Tür nicht aus dem Auge gelassen. Als seine Hand aus der Brusttasche auftauchte und dabei einen kurzläuflgen Revolver mitbrachte, stand ich auf, fasste meinen Stuhl an der Lehne und schleuderte ihn ihm an den Kopf.
Ich traf ganz gut. Er verlor den Revolver. Bevor er ihn wieder an sich reißen konnte, hatte ihn einer von den Kartenspielern angenommen, und nun hatte er Schwierigkeiten genug, sein Kinn leidlich zu schützen.
Bis auf die Kartenspieler flüchteten die sechs oder sieben Männer, die sich noch in dem Lokal befunden hatten, aus dem Raum.
Ich ging zu der Stelle, wo der Revolver des Türstehers hingefallen war, hob ihn auf und steckte ihn ein.
Dann schlenderte ich hinter die Theke, nahm das Telefon und wählte den Notruf.
»Schlägerei in der 32. Straße, Chestrys Inn«, sagte ich. »Sagen Sie Lieutenant Torstsen Bescheid.«
Ich legte auf, zündete mir eine Zigarette an und beobachtete, was inzwischen so passierte. Wenn man selbst oft seine Fäuste gebrauchen muss, ist es erholsam, andere die Arbeit tun zu lassen.
Die Sache neigte sich ihrem Ende zu. Chestry und der Ex-Boxer waren ausgesprochen gleichwertig, aber Chestry war fünfzehn oder zwanzig Pfund schwerer, und dementsprechend mehr Wucht lag hinter seinen Schlägen.
Die Begleiter des Boxers gingen unter einem Schlaghagel der Kartenspieler zu Boden, und der Türsteher wurde von einem Kinnhaken eben in dem Augenblick gegen die Glastür geworfen, als ein Cop, der mit dem ersten Streifenwagen gekommen war, sie aufriss. So ging der Polizist zwar unter dem Anprall zu Boden, aber Chestrys Glastür blieb heil.
Während immer mehr Polizisten die Kneipe füllten, beendete Chestry seine Auseinandersetzung mit dem Boxer durch einen gewaltigen Uppercut, der den Schläger aus den Schuhen hob. Dann traten die Cops in Aktion, fummelten ein wenig mit den Schlagstöcken und hatten im Handumdrehen Chestry und die vier Kartenspieler in eine Ecke zusammengetrieben, zwangen sie, die Gesichter zur Wand zu kehren und die Arme im Nacken zu verschränken.
Bei den Eindringlingen brauchten sie solche Vorsichtsmaßnahmen nicht anzuwenden. Sie lagen ohnedies alle in mehr oder weniger tiefem Schlummer.
Auch vor mir baute sich ein Polizist auf, zeigte mit seinem Stock in die Ecke und befahl: »Marsch, Söhnchen!«
Ich zeigte meinen Ausweis.
»Entschuldigen Sie, Agent«, sagte er.
Lieutenant Torstsen und sein Assistent trafen ein.
»Hallo Cotton. Haben Sie uns angerufen?«
Ich zog ihn zur Seite.
»Meinen Beruf braucht niemand zu erfahren. Verfrachten Sie den Verein, vernehmen Sie die Burschen, aber lassen Sie mir die Rolle des zufälligen Zuschauers.«
***
Die nächste Szene spielte in Torstsens Dienstzimmer. Torstsen hatte nur die Schreibtischlampe eingeschaltet, sodass ich in der äußersten Ecke einen guten und sicheren Platz im Dunkel fand.
Der Lieutenant schonte sich nicht. Die Verhöre dauerten bis in die frühen Morgenstunden.
Der Boxer entpuppte sich als eine bekannte Schlägertype, der seine Muskeln mal an diesen und mal an jenen verkaufte. Er hieß Gracy Bool. Seine Begleiter waren Herumtreiber aus Harlem, alle mit mehr oder weniger schweren Vorstrafen belastet. Der eigentliche Führer der Gruppe schien nicht Bool, der Boxer, zu sein, sondern der Mann, der die Rolle des Türstehers übernommen hatte und als einziger eine Pistole bei sich trug. Er hieß Harriet Ginger und hatte ein paar Jahre wegen Bandenverbrechens abgebrummt.
Natürlich leugneten die vier Schläger Stein und Bein. Sie behaupteten, friedlich die Kneipe betreten zu haben und dann, natürlich völlig ohne Grund, von Chestry und seinen Leuten angepöbelt worden zu sein.
William Chestry und die Kartenspieler waren nicht so eindeutige Typen wie die andere Gruppe. Mit Ausnahme von Chestry, der aus der Bronx kam, stammten die vier anderen nicht einmal aus New York. Zwei waren aus San Francisco, einer aus Baltimore und der vierte aus St. Louis. Sie hatten Papiere, die in Ordnung waren, aber auch gefälscht sein konnten, und auf Torstsens Frage, was sie in New York suchten, gaben sie die etwas dünne Antwort: Arbeit, einen guten Job.
Sie leugneten, dass zwischen ihnen und Chestry irgendeine andere Beziehung
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