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0045 - Der Höllensumpf

0045 - Der Höllensumpf

Titel: 0045 - Der Höllensumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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die Überreste der Seminolas. Diesen »Boden« macht ihnen kein Weißer mehr streitig.
    Die Seminolas haben nur mehr mit Ungeziefer aller Art zu kämpfen, denn ihr »Land« diente auch Hunderten von Moskito-Arten als Niststätte. Auch Tsetse- und Anophelesfliegen fehlen nicht, die Infektionskrankheiten wie die Malaria oder die Schlafkrankheit verbreiten. Das besorgt ihre freundliche Umwelt.
    Auch das Boot der Regierung, das allwöchentlich mit einem Arzt an Bord bei ihnen vorbeikommt, ändert nur wenig daran, denn die Seminolas vertrauen heute mehr ihrem Medizinmann als seinem weiß gekleideten, an Universitäten ausgebildeten amerikanischen Kollegen aus Quecos.
    Doch Bill hatte bei der dortigen Gesundheitsstation erfahren können, wo Seminolas zu finden waren. Mr. Kennland, der Leiter der Station, kannte sogar Katulpek, den Medizinmann, mit dem Bill vor vielen Jahren einmal gesprochen hatte, und er wusste zu sagen, wo die Freunde ihn finden würden.
    Zamorra hatte das Boot gemietet, auf dem sie jetzt durch die unübersichtliche Sumpflandschaft tuckerten. Es war fast Abend geworden, und die Nacht kam schnell in diesen Breiten. Bill hatte Mühe, sich zu orientieren. Endlich wies ihnen ein entfernter Feuerschein den Weg.
    »Das muss es sein«, sagte Bill Fleming und streckte Arm und Zeigefinger in die Richtung, während er mit dem anderen Arm den Außenborder steuerte. Nicole wehrte Mücken ab und fluchte auf Französisch, was sie sonst nie tat. Nicole hatte Angst um ihren pfirsichfrischen Teint.
    Zamorras Augen folgten der angegebenen Richtung.
    Tatsächlich – ein neuer Feuerschein. Bill steuerte das Boot zielstrebig darauf zu. Professor Zamorra konnte sich die plötzliche Anspannung nicht erklären, die ihn mit einem Male umfangen hatte wie ein Netz, das sich über einen senkt.
    Zamorra gab viel auf seine Ahnungen, und gewiss würden sie ihn auch diesmal nicht enttäuschen.
    Es war nicht so sehr das Gefühl der Angst, das plötzlich von ihm Besitz nahm. Es war etwas anderes, Subtileres. Er fand keinen Namen dafür. So musste ein Mensch fühlen, wenn er ein seit Jahrhunderten tabuisiertes Gebiet betrat. Es war, als würde er auf neues Terrain vorstoßen, und dieses Terrain wäre ihm feindlich gesinnt, so unsinnig das auch klingt.
    Zamorra schaute mit gemischten Gefühlen zu, während das Boot sich dem Feuerschein näherte. Ohne dass er sich dessen bewusst geworden wäre, hatten sich seine Hände um die Bootswände gekrallt.
    Manchmal empfing Professor Zamorra geistige Strömungen, ein Phänomen, das er sich nur unzureichend erklären konnte. Und diesmal waren diese Strömungen sehr stark.
    Er hatte sich kurz vor der Abreise das silberne Amulett von Leonardo de Montagne um den Hals gelegt, und jetzt war es, als würde dieses Stück Metall ein Eigenleben entfalten. Es brannte und juckte auf seiner Brust. Unruhig verlagerte Professor Zamorra das Gewicht auf den anderen Fuß. Er hatte das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu sitzen.
    Professor Zamorra saß auf Kohlen, und er wusste nicht warum.
    Vielleicht ahnte er es. Er war sich in diesem Punkt noch nicht ganz sicher. Lange würde es nicht mehr dauern, bis sie an der schwimmenden Insel anlegten, auf der Katulpek als unumschränkter Herrscher über ein Häuflein ihrer alten Kultur beraubter, verschreckter Indios hauste.
    Sie wurden am schwankenden Ufer empfangen, als wären sie angekündigt worden. Erst jetzt fiel es Professor Zamorra ein, dass es nur die Geräusche des Außenborders gewesen sein konnten, die die kleine Volksmenge angelockt hatte.
    Da standen sie nun. Mit großen, fragenden Augen; ausgemergelte Gestalten mit rachitisch aufgedunsenen Bäuchen. Die Frauen trugen nur Röcke aus zusammengebundenem Schilfrohr. Welk und leer waren ihre Brüste. Die Pupillen glänzten stumpf. Um ihre Hälse klammerten sich Kinder mit ebenso aufgedunsenen Bäuchen. Irgendwo ein leises Wimmern.
    Sie traten zurück, als das Boot mit knirschendem Kiel ans Ufer lief.
    Niemand raffte sich zu einer Abwehrreaktion auf, obwohl ein Besuch zu einer dermaßen späten Stunde ganz gewiss nicht zu ihrem Alltag gehörte. Ihre Blicke blieben leer.
    Professor Zamorra kletterte zuerst auf den leicht schwankenden Grund, dicht gefolgt von Nicole, die ganz offensichtlich in der Nähe ihres Chefs bleiben wollte, weil sie in dieser unwirklichen Situation Schutz bei ihm suchte. Bill folgte als letzter. Er zog den Kiel des Bootes bis zur Mitte des Kahns auf das Ufer. Er erkannte Katulpek sofort.
    Die

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