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0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1

0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1

Titel: 0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unser Staatsfeind Nummer 1
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wie sich plötzlich ihre Brust heftig bewegte. Ihr Gesicht verlor von einem Atemzug zum anderen deutlich an Farbe, und die Augen traten fast aus den Höhlen.
    »Wer ist das?« fragte ich schnell, um die Stimmung auszunutzen.
    Die Antwort warf mich fast um.
    »Meine Tochter«, kam es tonlos von den Lippen der Frau. »Meine Tochter.«
    Das war ein Tiefschlag, wie ich ihn schlimmer hätte kaum kriegen können. Der Text in der Zeitung erwähnte zwar nichts von der grausigen Art unseres Fundes, aber er ließ keinen Zweifel darüber, daß es sich um eine Tote handelte, die wir da gefunden hatten.
    Und natürlich las die Frau den Text, und keine Macht der Welt hätte sie davon abhalten können, als sie erst einmal das Bild ihrer Tochter erkannt hatte.
    Der Zusammenbruch folgte auf dem Fuße. Die Frau griff plötzlich ans Herz, wurde im Zeitraum einer Sekunde rot und gleich darauf wieder totenblaß im Gesicht, und dann lag sie auch schon regungslos auf dem Teppich.
    »Los, Mary!« herrschte ich das Mädchen an, weil es die einzige Art war, sie zu einer Betätigung hochzukriegen. »Laufen Sie zum Telefon, und rufen Sie sofort den Professor an! Sagen Sie noch nichts von der Tochter! Sagen Sie nur, er müßte sofort kommen, seiner Frau wäre etwas passiert. Das wird wahrscheinlich genügen.«
    Sie schluckte ein paarmal, dann machte sie sich davon. Durch die offenstehende Tür hörte ich gleich darauf, wie sie in der Diele telefonierte.
    Ich beugte mich über Mrs. Bertrams und schob ein Kissen unter ihren Kopf. Ich öffnete die beiden obersten Knöpfe ihres Kleides, um ihr die Atmung zu erleichtern. Dann sammelte ich schnell die Zeitungen wieder ein, damit sie nicht gleich, wenn sie wieder zu sich kam, durch das Bild an alles erinnert wurde.
    Das Dienstmädchen kam zurück und sagte, der Professor würde sofort kommen. Er habe Anweisung gegeben, seiner Frau ein feuchtes, kaltes Tuch auf die Stirn zu legen und alle engen Kleidungsstücke zu öffnen. Außerdem könne man sie an Salmiakgeist riechen lassen, wenn man welchen im Hause habe.
    Ich verstand den Blick des Dienstmädchens sofort, den es mir zuwarf.
    »Ich gehe gleich ’raus«, sagte ich. »Aber vorher wollen wir sie am besten auf ein Bett oder eine bequeme Couch legen, was?«
    »Ja«, nickte Mary eifrig, »das ist ein guter Gedanke.«
    Sie schob die Schiebetür auseinander, durch die die Frau ins Zimmer gekommen war. Ich kniete unterdessen nieder und schob meine beiden Arme vorsichtig unter den Körper der Frau.
    Es fiel mir nicht besonders schwer, sie hochzuheben, denn sie war ziemlich leicht. Ich bettete sie in dem Nebenraum vorsichtig auf eine Couch und ging dann in die Diele, während sich Mary an der Kleidung der Frau zu schaffen machte.
    In der Diele steckte ich mir eine Zigarette an. Vielleicht hätte ich es nicht tun sollen, aber mir war die ganze Sache auch ganz schön aufs Gemüt geschlagen. Und da ich jetzt nicht gut einen Whisky verlangen konnte, wollte ich wenigstens mit einer Zigarette meine Nerven ein bißchen beruhigen.
    Mary kam wieder zum Vorschein. Sie zitterte in den Knien.
    »Ist sie noch nicht wieder zu sich gekommen?« fragte ich leise.
    Mary schüttelte den Kopf.
    »Nein. Sie liegt da wie tot.«
    Ich beruhigte sie.
    »Tot ist sie nicht. Ihr Herz schlug eben noch, als ich sie auf die Couch legte. Es war zwar nur schwach zu hören, aber es schlug immerhin.«
    Mary klammerte sich sichtlich an diesen schwachen Trost.
    »Ich glaube, es ist wohl besser, wenn ich jetzt bei ihr bleibe«, meinte sie.
    Ich nickte.
    »Ja, auf jeden Fall. Vielleicht braucht sie irgend etwas, wenn sie wieder zu sich kommt.«
    Mary nickte betrübt und ging zurück.
    Ich stand in der Diele und wußte nicht, was ich machen sollte, und ich kam mir in diesen Minuten entsetzlich überflüssig vor. Andererseits konnte ich mich natürlich auch gerade jetzt nicht einfach verdrücken.
    Ich war hier auf irgendeiner Fährte. Das spürte ich ganz deutlich, wenn ich auch keine Ahnung davon hatte, wohin die Fährte führen würde. Ich hatte einen Anhaltspunkt, und das war schon mal wichtig.
    Ich habe keine Ahnung mehr, wie lange es dauerte, bis der Professor endlich kam. Er stürmte in die Diele, ein kleiner, elastischer Herr mit weißen kurzgeschnittenen Haaren und einem sehr ausdrucksvollen Gesicht.
    »Wo ist sie?« herrschte er mich an.
    Ich deutete schweigend mit dem ausgestreckten Arm auf die entsprechende Tür. Der Professor lief sofort hinein und würdigte mich nicht eines Blickes

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