0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1
rannte, daß ich Mühe hatte, ihm zu folgen. »Da! Da! Das ist sie! Passen Sie auf! Das ist Lizzy! Oh, Sie werden gleich sehen, wie quicklebendig sie ist! Meine Lizzy und tot! Das ist ja — das ist einfach lächerlich! Das ist Wahnsinn, mein Herr! Passen Sie auf!«
Mit dem letzen Satz riß er die Haustür auf.
Phil stand vor der Tür. Sein Haar hing ihm wirr in die Stirn, seine Augen flackerten, und seine Hände zitterten, wie ich es noch nie bei Phil gesehen hatte.
»Gott sei Dank, daß du hier bist, Jerry!« rief ex aus. »Ich habe schon alle Adressen auf deinem Teil der Liste abgefahren. Komm schnell! Schnell!«
Ich lief hinaus und packte ihn draußen am Ärmel.
»Phil!« raunte ich leise und eindringlich. »Zum Teufel, was ist los? Wie siehst du denn aus? Hast du mit irgendwem Streit gehabt?«
Er sah mich verständnislos an. Langsam schüttelte er den Kopf. Sein Blick kehrte aus einer unsagbaren Ferne zurück.
»Nein. Streit? Wieso denn?«
»Also sag schon«, bat ich leise, »was ist los?«
»Auf der Kreuzung, der großen Kreuzung von Staten Island…«
Ich hatte auf einmal das Gefühl, als drehe sich alles um mich.
Ich wollte sichergehen. Mit der rechten Hand stützte ich mich gegen einen Baum, der vor dem Haus stand.
»Auf dieser Kreuzung liegt…?«
Phil nickte nur. Mechanisch, wie eine Maschine nicken würde.
»Ja«, murmelte er tonlos, »ein Sack.«
***
Well, wir bekamen auch diesen Nachmittag ’rum. Fragen Sie nur nicht, wie, ich wundere mich heute noch darüber, daß wir es schafften, ohne uns dabei einen Rausch anzutrinken.
Es war fast wie bei der Tochter des Professors: eine Kreuzung, Tausende von Neugierigen, hier nicht einmal eine einzige brauchbare Zeugenaussage, rein gar nichts.
Gegen halb sechs waren wir wieder im Büro. Mr. High rief uns sofort zu sich. Als wir bei ihm eintrafen, stellte er wortlos eine Whiskyflasche und zwei Gläser vor uns hin. Er selbst trank nie Alkohol.
Wir schenkten uns ein und tranken das Zeug, als ob es pures Wasser wäre. Nach den ersten zwei Gläsern fühlten wir uns etwas besser.
»Nun?« fragte Mr. High.
Ich zuckte die Achseln. Phil tat das gleiche.
»Keine Spuren?«
»Nein, Chef. Keine Spuren, nicht einmal eine brauchbare Zeugenaussage. Beim ersten Fall war wenigstens Lemmy da, der einen Wagen gesehen hatte. Hier ist überhaupt nichts gesehen worden… außer der grausigen Sache selber.«
Mr. High schwieg. Wir auch. Was sollte man bei so einer Sache, die einem den Magen umdrehte, schon sagen?
»Aber es scheint sich um den gleichen Täter zu handeln?« fragte Mr. High nach einer Weile.
»Höchstwahrscheinlich. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß es zwei Menschen gibt, die solche verdammten Bestien sind«, knurrte ich. »Der Doc sagte sofort, daß es genau die gleiche Art wäre.«
»Um wieviel Uhr trat der Tod ein?«
»Zwischen elf und zwölf heute vormittag.«
Mr. High schwieg wieder. Er hielt seinen Künstlerkopf gesenkt und sah nachdenklich auf seine Fingerspitzen. Nach einer Weile blickte er auf und meinte: »Washington hat bereits einen Bericht über den ersten Fall angefordert. Wenn man jetzt von einem zweiten gleichartigen Fall bei den hohen Herren in Washington hört, wird der Teufel los sein.«
»Die hohen Herren aus Washington können ja her kommen und den ganzen Krempel übernehmen!« schimpfte ich. »Mit ihrer Meckerei ist uns nicht gedient.«
»Kann ich irgend etwas für Sie tun, Jerry? Phil? Brauchen Sie mehr Leute?«
Ich überlegte einen Augenblick. Dann suchte ich die Liste der Chryslerbesitzer aus meiner Brieftasche und hakte die beiden ab, die es bei mir mit Sicherheit nicht gewesen sein konnten. Ich gab Phil die Liste und sagte: »Hak ab, was ausfällt.«
Er tat es und legte Mr. High die Liste auf den Tisch.
»Da, Chef.«
»Was ist das?«
»Die elf unterstrichenen Namen bedeuten Namen von Leuten, die einen Chrysler von der Art besitzen, wie er bei dem ersten Fall in der fraglichen Zeit an der Kreuzung beobachtet wurde. Wenn Sie uns das abnehmen können, bleibt uns Zeit für andere Nachforschungen.«
Mr. High nickte.
»Ich werde drei Mann ansetzen. Sie sollen sich um die Leute kümmern. Die abgehakten Namen habt ihr euch schon vorgenommen?«
»Ja, die fallen aus. Außerdem möchte ich auch, daß Professor Bertrams von der Liste gestrichen wird.«
»Natürlich, er ist ja der Vater des ersten Mädchens. Er scheidet selbstverständlich aus.« Ich stand auf.
»Deswegen wollte ich ihn nicht gestrichen
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