Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0049 - Der blaue Tod

0049 - Der blaue Tod

Titel: 0049 - Der blaue Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Friedrichs
Vom Netzwerk:
ins Wasser – an der Seite, an der Nicole saß.
    Nicole stieß einen Schrei aus und drängte sich gegen Zamorra.
    »Himmel, es ist ja beinahe so, als verstünde das Gespenst, was ich sage.«
    »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen«, gab er zurück.
    »Ich fürchte mich, Chef.«
    »Ich trage das Amulett, vergiss das nicht. Die Erscheinung wird sich niemals so nahe heranwagen, dass sie genau zielen kann. Bewahre also die Ruhe, Nicole.«
    Sie nickte tapfer und lehnte sich gegen ihn. Zamorra spürte, dass sie wieder zitterte. Ein neuer Schreck durchfuhr sie, als das Gespenst wieder mit dem Bogen anlegte. Diesmal jagte der blaue Pfeil jedoch nicht auf sie zu, sondern in entgegengesetzter Richtung tief, in den nächtlichen Himmel hinein. Zamorra stand auf. Er konnte die Bahn des Pfeiles relativ lange Zeit verfolgen.
    »Chef«, sagte Nicole erregt.
    Zamorras Blick richtete sich sofort auf das Gespenst. Die Situation nahm eine überraschende Wende. In Sekundenschnelle löste sich das durchsichtige Wesen samt seinem Pferd in Fetzen auf, die nach allen Seiten davonstrebten und schließlich wie Wasserfarben am Himmel verliefen. Eine Weile lang war noch ein bläulicher Schimmer auszumachen, dann verging auch dieser.
    »Da schwimmen wir nun«, sagte Zamorra. »Streng dein Köpfchen an, Nicole. Welchen Schluss dürfen wir aus dieser Handlungsweise des Gespenstes ziehen?«
    ***
    George Griffin war kein schöner Mann, und die Ersatzbrille mit den fast kreisrund gerahmten Gläsern trug auch nicht zu einer Aufpolierung seines Äußeren bei. Zudem stand die Angst immer noch in seinem Gesicht zu lesen. Er war nicht besonders groß, sondern ziemlich schmächtig und ähnelte einem eingeschüchterten Buchhalter, der soeben seine Kündigung erhalten hatte – nicht dem George Griffin, der sein Glück als Finanzier und Devisenmakler an der Wallstreet gemacht hatte. George hatte sich ins Erdgeschoss der Wasserburg begeben. Romina hockte auf dem klobigen Eichenholztisch der Wohnküche und ließ die Beine baumeln. Ihr kalter Blick verfolgte George bei seinen Bemühungen.
    Er schleppte Koffer heran. Packte Kleidung und Papiere ein.
    »Darf man wissen, was du vorhast?«, erkundigte sie sich.
    »Wir reisen ab. Wir nehmen die Jacht und suchen uns in Brest oder irgendeinem anderen Nest ein Hotel. Morgen, nein, noch heute, gebe ich eine Anzeige auf und stoße dieses verfluchte Gemäuer wieder ab.« Beim Sprechen erhitzte er sich. Schweiß trat auf sein glattes, rundes Gesicht.
    Rominas Miene war verächtlich. Ihre Augen glitzerten angriffslustig. Verhalten kam ihre Stimme. »Du läufst jetzt seit über zwei Stunden wie Falschgeld durch die Gegend. Wenn dich hier nichts hält, hättest du auch gleich nach dem… dem Vorfall türmen können.«
    »Ich…«
    »Warum hast du deine Entscheidung erst jetzt getroffen?«
    Er drehte den Kopf und guckte sie an. Die Brillengläser vergrößerten seine Augen. »Ich musste mich dazu durchringen. Aber jetzt halten mich keine zehn Pferde mehr in diesem Spukschloss. Hilf mir beim Packen, ja?«
    Romina bedachte ihn mit einem fast mitleidigen Blick, rutschte von der Tischplatte und ging mit wiegendem Schritt zu einem der großen Fenster. Hier drehte sie sich um und verschränkte die Arme über den Brüsten. »Hör mir gut zu, George. Hörst du?«
    »Ich höre.«
    »Du hast deinen Beschluss so lange vor dir hergeschoben, weil du Angst vor meiner Antwort hast. Du denkst, ich schließe mich dir nicht an. Stimmt haargenau. Ich bleibe. Demzufolge rührst du dich auch nicht vom Fleck, denn meine Erfahrung sagt mir, dass du nichts unternimmst, was mir gegen den Strich läuft und dich von mir trennt.« Sie lachte amüsiert auf. »Ich habe dich wegen des Geldes geheiratet, George Griffin. Was mir nach der Hochzeit vorschwebte, war ein exzentrisches Leben – nicht die stinklangweiligen Gartenpartys mit den ewigen Dutzendgesichtern aus deinem Bekanntenkreis. Eine staatliche Gesellschaft aus Paris bot die Wasserburg in New Yorker Zeitungen an. Du kauftest sie. Wir kamen her. Und nach einem Monat finde ich es immer noch irrsinnig aufregend hier. Wir werden wilde Feste steigen lassen…«
    Er schluckte und hob mahnend den Finger. »Du hast auch Angst gehabt, Romina, als wir nach unten in das Kellergewölbe gegangen sind. Es geht dort nicht mit rechten Dingen zu. Es spukt. Und das sollte für uns Anlass genug sein, diese Stätte zu meiden. Ich begreife, warum die Festung so preiswert zu haben war. O was für ein Narr bin ich

Weitere Kostenlose Bücher