0049 - Der blaue Tod
die Bullen hier auftauchen – keine Toten. Im Moment jedenfalls nicht.«
»Verstanden«, gab Grivois verhalten zurück.
Der Gangsterboss schaute zu den schwach erleuchteten Fenstern der Wohnküche hinüber. »Was meint ihr, wie viele Leute halten sich noch in diesem komischen Bau auf?« Er machte schmale Augen.
»Ich sehe jemand. Wahrscheinlich eine Frau. Seid vorsichtig. Nehmt den Burschen hier mit.«
Sie legten die Schwimmflossen ab und pirschten sich an das Hauptgebäude der Wasserburg heran. Jean-Luc Mauvais nahm mit gezückter Pistole neben der Tür zur Küche Aufstellung. Bienmât und Grivois sicherten neben dem reglosen Körper von George Griffin. Mauvais drückte die Tür auf und sprang in den Raum. Romina, die sich mit dem Öffnen einer Flasche Wein beschäftigt hatte, fuhr herum und stieß einen kreischenden Laut aus. Der Anblick der merkwürdigen Gestalt löste Panik in ihr aus.
Mauvais lachte. Er trat auf sie zu. »Seien Sie vernünftig und machen Sie keine Dummheiten, dann passiert Ihnen nichts.«
»Wo ist George?«, stieß sie hervor.
»Falls mit George der schmächtige Gebrillte gemeint ist – den haben wir vorübergehend schlafen geschickt.« Er entdeckte den Ehering an ihrer Hand. »Sie sind seine Frau? Mein aufrichtiges Bedauern, Madame. Wir sind drei Schiffbrüchige, die um Asyl bitten.«
Sie schrie und warf die Flasche. Mauvais konnte im letzten Augenblick ausweichen. Es gab einen heftigen Laut, als die volle Flasche an der Wand zerbrach. Roter Wein lief wie Blut über die weiße Tünche. Romina Griffin schrie wieder und rannte davon.
»Los, ihr nach«, rief Mauvais den anderen beiden zu. »Lasst den Kerl liegen, so schnell wird er nicht wieder wach.«
Zu dritt stürmten sie der Flüchtenden nach. Eine Tür schlug, aber sie brachten rasch heraus, welche es war. Die blonde junge Frau stöberten sie in einem dahinter liegenden Flur auf und hetzten sie durch mehrere Räume. Weinend stolperte sie die Treppenstufen hinauf. Henri Bienmât johlte vor Vergnügen, als sie das Obergeschoss erreichten und sie sich in einem Zimmer verbarrikadierte.
Jean-Luc Mauvais stellte sich neben die Tür. Romina hatte den Schlüssel zweimal umgedreht. Mauvais grinste den anderen zu, dann sagte er: »Hören Sie, es hat wirklich keinen Zweck, die Aufsässige zu spielen. Wir sind keine Menschenfresser. Mit uns können Sie auch friedlich auskommen – Madame.« Eine Antwort erhielt er nicht. Bienmât und Grivois warfen sich auf den Wink ihres Anführers hin gegen die Tür. Beim zweiten Versuch gab sie nach. In erster Linie war dies natürlich der enormen Kraft des Bulligen zu verdanken. Vor dem Kleinen stürmte er in den Raum hinein und strauchelte über die Bettkante. Begeistert rollte er sich auf dem verwühlten Lager ab, kam wieder auf die Beine und griff nach der Blondine, die sich schreiend in eine Ecke drängte.
Grivois und der schlanke Boss stießen nach. Mauvais hob die Hand. »Moment, Henri. Du rührst sie nicht an.«
Der Bullige gehorchte augenblicklich. Er zog sich ein Stück zurück und blickte sich in dem altmodisch eingerichteten Schlafzimmer der Griffins um. Mit dem Handrücken fuhr er sich über den Mund.
»Nett habt ihr’s hier, Puppe. Bloß finde ich, dass du dir den falschen Mann ausgesucht hast.«
Mauvais ging zu Romina und betrachtete sie von oben bis unten.
»Also, reden wir Klartext. Wir besetzen ab sofort die Wasserburg. Ich will wissen, ob sich außer dir und deinem George noch mehr Leute in dem Gemäuer häuslich eingerichtet haben. Zwing mich nicht, brutale Methoden anzuwenden, Mädchen.«
Die Angst wich aus ihrem Gesicht. In ihren Augen spiegelte sich ein bisschen Bewunderung wider, als sie antwortete. »Wir wohnen hier allein.«
»Wie romantisch«, gab Grivois seinen Kommentar ab.
Mauvais sah die Blondine eindringlich an. »Mein großer Freund mit den breiten Schultern und dem hässlichen Gesicht heißt Henri. Ich überlasse dich ihm, wenn ich rauskriege, dass du gelogen hast.«
»Ich schwöre, dass es wahr ist.«
»Gibt es hier Telefon?«
»Nein.«
»Funk?«
»Keinen. Die einzige Verbindung zum Festland stellt die Jacht dar.«
»Großartig.« Er fuhr ihr mit zwei Fingern über den Arm, den Hals hinauf und über die Kinnpartie. »Wir gehen jetzt runter und machen George munter.«
Alle vier kehrten sie in die Küche zurück. Grivois füllte einen Eimer mit Wasser und leerte ihn über Georges Kopf aus. Prustend kam der Mann hoch. Das Wasser triefte nur so von seinem
Weitere Kostenlose Bücher