Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0049 - Ich und der Teufel MAM

0049 - Ich und der Teufel MAM

Titel: 0049 - Ich und der Teufel MAM Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich und der Teufel MAM
Vom Netzwerk:
nicht mehr gelassen wird, die Gifte auszuscheiden, ist der Mensch rettungslos verloren, wenn er sich nicht rechtzeitig einer Entwöhnungskur unterzieht.
    Aber solche Süchtige gleich mit menschlichem Abschaum zu identifizieren, mit moralischem Lumpenproletariat, dem jedes Verbrechen zuzutrauen ist — das wäre grundverkehrt.
    Ich hütete mich also, dem mir schräg gegenübersitzenden Arzt gleich mit einem Berg von Vorurteilen gegenüberzutreten, nur weil er Alkoholiker war. Hatte nicht auch Labastida am Abend zuvor seine zehn Glas Whisky getrunken? Na also!
    Diesmal ließ ich die Seite in meinem imaginären Faszikel mit der Überschrift »Victor Fox« leer. Sie auszufüllen, hatte noch Zeit.
    Ich gestehe offen, daß ich mich mit viel größerem Interesse der Beobachtung von Sol Fox, der Frau des Arztes, widmete als der aller übrigen Anwesenden. Deshalb setze ich auch das Resultat dieser Beobachtungen ans Ende meiner gewonnenen Eindrücke.
    ***
    Während des Soupers und nachher, als wir nebeneinander in zwei, Bombay-Chairs auf der Veranda lagen — die Herren fachsimpelten, der Arzt unterhielt sich mit dem Leutnant —, erzählte mir Sol Fox, nachdem- ich mehrere Male den vergeblichen Versuch unternommen hatte, von ihr etwas über den Mordfall zu erfahren, Fragmente aus ihrem Leben.
    In einem Punkt hatte keiner übertrieben: Sol Fox war tatsächlich eine Schönheit. Ich stellte sie mir auf dem Broadway vor oder in der Metropolitan Opera — sie wäre zweifellos aufgefallen.
    Ihr Körper war von wahrhaft unvergleichlicher Anmut und ihr Antlitz von einer solchen ausdrucksvollen Ebenmäßigkeit, wie sie im Leben — das heißt außerhalb der Kunst — nur ganz selten anzutreffen sind.
    Es ist bekannt, daß Menschen, in denen sich zwei Rassen vereinigen, äußerlich das Beste von beiden Elternteilen mitbekommen. Und hier waren es zwei völlig andersgeartete Rassen: die mit dem väterlichen Wikinger blut und die mit dem Blut der genauso alten Mayarasse.
    Das eine hatte ihr rotblondes Haar und grüne Nixenaugen hinterlassen, das andere die schlanke Biegsamkeit eines Jaguars.
    Ihr Haar glühte wie eine Flamme, die Haut war von einem sanften Rotbraun getönt. Der große, ausdrucksvolle Mund über blendend weißen Zähnen lächelte selten, aber wenn er es tat, verlieh er dem Gesicht einen abgründigen Reiz.
    Der Ausdruck des Gesichtes war weder freundlich noch traurig, weder gütig noch verheißungsvoll. Es verriet keine Anteilnahme, keinen Schmerz, keine Freude. Es glich einem Relief, einer Hieroglyphe, von denen niemand mehr weiß, was sie bedeuten.
    Und doch… oder gerade deshalb lockte dieses maskenhafte Gesicht — es lockte sogar brennend und heftig, so wie die Flamme nächtens umherschwirrende Käfer und Insekten in den Tod lockt.
    Plötzlich fielen mir die letzten Worte des Comissarios ein: ›Sie ist böse wie der Mayateufel Mam, giftig und einmalig schön wie die Orchidee Ufilex!‹
    Aber den Prophezeiungen und Warnungen des Comissariös traute ich nicht mehr, sie kamen mir übertrieben vor. Mein Verstand ließ die Alarmglocke schrillen: Er hat doch recht! Hüte dich vor dem Verhextwerden!
    Dieser Warnung bedurfte es bald nicht mehr. Denn als Sol Fox mit kaltem Spott und beißender Ironie erzählte, sie habe ihren Mann nur geheiratet, weil sie in einer Zwangslage gewesen sei und er damals die Impertinenz besessen habe, zu glauben, ihre Seele auch gleichzeitig mitheiraten zu können, war die Gefahr des Verhextwerdens gebannt.
    »Man wird es Ihnen schon erzählt haben in Campeche, daß ich eine Mestizin bin, ein Mensch zwischen Tür und Angel. Meine Mutter wusch in irgendeinem schmutzigen Hafen die Wäsche für Matrosen, deren Schiffe festgemacht hatten. Da kam ein Norweger, blieb ein paar Tage und verschwand wieder. Ich weiß nicht einmal den Namen meines Vaters. Meine Mutter starb, ich wurde von Verwandten auf genommen, mußte betteln und hungern. Schweigen wir von dem, was dann kam. Als ich siebzehn Jahre alt war, lernte ich den Schiffsarzt Fox kennen. Er heiratete mich.«
    »Das war doch sehr anständig von ihm.«
    »Pah… anständig«, höhnte sie. »Er war in mich vernarrt, fragte nicht, ob ich ihn mochte, kaufte mich von meinem Patron, der eine obskure Kneipe besaß, wo ich als Tänzerin auftrat, los — ich hatte bei ihm Schulden — und nahm mich mit auf den stinkenden Koprafrachter, mit dem er fuhr.«
    Sie schwieg, als wollte sie nachdenken. In ihrem Gesicht, im Mondlicht maskenhaft bleich, regte sich

Weitere Kostenlose Bücher