0049 - Ich und der Teufel MAM
Rumpeln eines Lastwagens.
Doktor Jopling und Olas Almonte waren zurückgekehrt. Der Riese kam hereingestürmt und verteilte die mitgebrachte Post. Für mich war nur ein Brief dabei, ohne Marke. Ich wußte, woher er kam — von Comissario Labastida.
Die guten Leute werden bald Augen machen, dachte ich, wenn Polizeibeamte auftauchen und Juan Rivas verhaften!
Ich öffnete den Umschlag, zuerst las ich das beigefügte Telegramm. Mein Gesicht wurde immer länger. In lakonischer Kürze hieß es: Jerry Cotton C/O Comissario Cesare Labastida Campeche-Yukatan Mexico — Stop — Gewünschte Untersuchung vorgenommen stop Projektile nicht aus Browning abgefeuert stop Material mit gleicher Post zurück stop Zentrale Bundeskriminalamt.
Dann überflog ich die beigefügten Zeilen.
Sehr geehrter Mr. Cotton, die im Expeditionsbungalow beschäftigte India Filipa ist eine Schwester des Icaiche-Kaziken Pichale, und ihre Tochter Modeste nicht, wie Ihnen angegeben, erkrankt, sondern auf dem Wege nach Chichen Itza, wo, wie wir hier erfahren haben, in Kürze ein Fest gefeiert wird, wobei dem alten Mayagott Kukulcan ein lebender Mensch geopfert werden soll.
Ob es sich dabei um eines jener vielen Gerüchte handelt, die über den Bambusflöten-Telegraf — jeder der unzähligen Telegrafisten auf der langen Entfernung macht erfahrungsgemäß noch etwas dazu — aus den Wäldern nach Campeche kommen, weiß ich nicht. Jedenfalls halte ich die Sache von dem lebenden Menschen, der geopfert werden soll, für eine horrende Übertreibung. Derartiges ist im letzten Jahrzehnt in ganz Yukatan nicht vorgekommen. Trotzdem empfehle ich Ihnen allergrößte Wachsamkeit. Setzen Sie bitte Leutnant de Menezes von diesem Brief in Kenntnis, damit er mit seinen Soldaten in ständiger Alarmbereitschaft bleibt.
Der Tod meines Mitarbeiters und seines Fahrers ist mir sehr nahegegangen. Sie und Senor Almonte sind mit knapper Not dem Absturz entkommen, der — das brauche ich wohl nicht zu betonen — Ihnen zugedacht war.
Und nun eine Neuigkeit, die Sie interessieren wird: ich habe noch einmal die alte Filipa verhört und wegen Begünstigung eines dreifachen Mordes inhaftiert.
Aussage: Am frühen Morgen des 11. Mai erschien ein Indio — den Namen behauptet sie nicht zu kennen, auch die Personalbeschreibung ist sehr vage —, der habe zu essen verlangt und sich im Garten versteckt gehalten, um, wie er sagte, den drei Weißen — gemeint ist Craig, Koradin und Capillo — etwas wegzunehmen, das sie aus der ›Grotte der schwarzen Vögel‹ entwendet hätten, um es heimlich in ihre Heimat zu senden. Da es sich um einen Behälter mit Mayainsignien handele, müßte er den Behälter samt Inhalt unter allen Umständen wiederhaben. Darauf sei sie mit ihrer Tochter auf den Markt gegangen und habe nach der Rückkehr zu ihrem Entsetzen feststellen müssen, daß die drei Weißen erschossen worden waren. Der Indio sei nicht mehr von ihr gesehen worden. Sie nehme an, er habe sich mit dem Behälter auf den Weg in die Wälder gemacht.
Es kann als sicher angenommen werden, daß sämtliche Morde von Angehörigen der Kazikensippe — womöglich von einer Person — ausgeführt wurden. Ich komme vielleicht schon morgen, um mit Ihrer und des Militärpostens Hilfe den alten Pichale samt Anhang zu verhaften und mit nach Campeche zu nehmen. Ich hoffe, daß bis zu meinem Eintreffen das Fest in der ›Grotte der schwarzen Vögel‹ noch nicht stattgefunden hat.
Nach wie vor bin ich davon überzeugt, daß Mrs. Fox irgendwie mit den Morden in Verbindung steht. Es kommt auf die Verhöre an, ob ich auch gleich Mrs. Fox verhaften werde.
Mit den besten Grüßen Cesare Labastida.
Ich steckte Telegramm und Brief in die Tasche. Einem Impuls folgend, trat ich auf den schwitzenden Rivas zu, ergriff seine Hand und sagte:
»Senor, ein verrosteter belgischer Browning hätte Ihnen beinahe eine böse Suppe eingebrockt. Zum Glück sind unsere kriminaltechnischen Errungenschaften schon so weit fortgeschritten, daß die Suppe als nicht bestehend betrachtet werden kann.«
Und dann erzählte ich ihm von meinem Verdacht und was mit der Waffe geschehen war. Ehrlich und offen, wie es sich für einen Mann gehört, der sich geirrt hat. Meine Befürchtung, Groll hervorzurufen, war unbegründet. Juan Rivas meinte lachend, vor der nordamerikanischen Polizei habe er schon immer Respekt gehabt — aber jetzt noch viel mehr. Trotz seines schmutzigen Hemdes konnte er den mexikanischen Caballero nicht
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