005 - Gekauftes Glück
wartet, weswegen er wirklich hergekommen ist."
„Es gibt ein häßliches Wort für das, was ihr im Sinn habt", sagte Madame. „Es heißt Erpressung."
„Es gibt häßlichere Worte, die mir in diesem Zusammenhang einfallen", erwiderte Megan spitz. „Sie heißen Schmuggelei und Spionage."
„Touche!" räumte Madame mit dünnem Lächeln ein. Ganz gleich, welche bösen Vorahnungen sie jetzt bewegten, weil sie aus Vertrauen zu der Irin zu sorglos im Umgang mit gewissen Informationen gewesen war, hatte sie stets den hinter Megans erstaunlicher Schönheit verborgenen Mut und Verstand bewundert. Sie seufzte leicht. „Also gut, Megan, Dorcas", erwiderte sie und nickte einer nach der anderen zu. „Mir scheint, ihr beide habt mich in der Zange. Ashleigh kann gehen."
Sie sah Megan lächeln und hörte Dorcas vor offenkundiger Erleichterung seufzen.
„Nun bleibt die Frage zu klären, wie Ashleigh das Haus verläßt. Hm." Gedankenvoll klopfte Madame mit den langen, sorgfältig manikürten Fingernägeln auf die Armlehne des Sessels. Nach einer Weile erhellte ihre Miene sich durch ein vollendet kultiviertes Lächeln. „Ich weiß, wie! Erst am letzten Sonntag hat Baron Mumford sich bei mir beklagt, daß er die für seine jungen Zwillingstöchter eingestellte Gouvernante verloren hat. Da ihr beide vielleicht nicht wißt ..." Madame bedachte die Köchin und die Irin mit einem kurzen, prüfenden Blick. „Oder vielleicht wißt ihr es doch ... nun, wie dem auch sei, ich habe von Zeit zu Zeit die Aufgabe, einige meiner Mädchen, die sich aus dem einen oder anderen Grund für das Geschäft als untauglich erwiesen haben, in den unterschiedlichsten Posten in Häusern von einigen Adligen unterzubringen, mit denen ich ... äh ... das Vergnügen hatte, bekannt zu werden. Bei Ashleighs Bildungsstand - ja, Dorcas, ich weiß alles über Monsieur Laforte und seinen umfassenden Unterricht - sollte es nicht schwierig sein, für das Kind eine Anstellung im Haushalt des guten Barons zu finden. Ich werde ihm heute noch schreiben, und wenn er zustimmt, und das bezweifele ich nicht, wird seine schriftliche Antwort, wie ich ihm mitteilen werde, ein formelles Versprechen einer Beschäftigung für unsere liebe Ashleigh darstellen. Nun, was sagt ihr jetzt?"
Dorcas antwortete rasch mit einer Gegenfrage: „Ist dieser Baron Mumford ein anständiger Mann, Madame? Ich meine, er wird das liebe Mädchen nicht kompromittieren, oder doch?" Dorcas war kaum imstande zu glauben, daß sie und Megan ihr Ziel bei Madame so schnell erreicht hatten, und ihre Skepsis zeigte sich.
Madame lachte und blickte Megan an. „Klär du sie auf, Megan, meine Liebe."
Leise und kehlig lachend, fiel Megan in Madames Gelächter ein. „Er steht vollständig unter der Fuchtel seiner verwitweten Mutter, seiner Gattin und der fünf Töchter, die alle bei ihm in einer Hackordnung leben, bei der er ganz unten steht! Das ist der Hauptgrund, warum der arme Mann flüchtet und herkommt, wann immer er kann.
Nein, in diesem Punkt mußt du keine Befürchtungen haben, Dorcas. In einem solchen Haushalt wird unser liebes Mädchen sicher sein."
„Also gut, Madame, dann nehme ich an, daß die Sache abgemacht ist", sagte Dorcas, stand auf und warf ihrer Arbeitgeberin einen schüchternen Blick zu. „Ich bitte um Entschuldigung für unser ... unsere ..."
„Unsere Taktik?" fragte Madame, während sie die beiden Frauen zur Tür brachte.
Sie lachte. „Keine Angst, Dorcas, es ist meine vollste Absicht, es mir von euch beiden gutmachen zu lassen, mit Zins und Zinseszins. Du kannst damit beginnen, indem du mir für morgen abend gerösteten und mit Trüffeln gefüllten Schwan zubereitest. Ich erwarte keinen Geringeren als Seine Königliche Hoheit, den Prinzregenten, zum Souper."
„Prinny? Hier?" fragte Megan und zeigte gelinde Überraschung. „Ich dachte, er sei in Brighton."
„Er hätte dort sein sollen", erwiderte Madame. „Irgendeine Laune seiner abscheulichen deutschen Gattin hat ihn jedoch in tiefe Depressionen gestürzt, und ich, als liebe alte Freundin, habe mich erboten, ihm zu helfen, auf andere Gedanken zu kommen. Das Souper wird um neun Uhr serviert, Dorcas. Laß mich nicht im Stich."
„Nein, Madame", sagte die Köchin und ging, vor sich hin murmelnd, wo sie, um alles in der Welt, so kurzfristig gute Trüffeln auftreiben solle, den Korridor hinunter.
Nachdem die beiden Frauen verschwunden waren, läutete Madame nach dem Tee, ehe sie es sich wieder im Sessel bequem machte, in
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