005 - Gekauftes Glück
ausdenken, warum das Arbeitsangebot vom Duke of Ravensford statt vom Baron Mumford kam. Darüber hinaus mußte sie einen Weg finden, wie der Brief am dritten Juni abends direkt in Ashleighs Hände fallen konnte, ohne daß die Köchin oder, was Gott verhüten mochte, Megan O'Brien ihn vorher zu Gesicht bekam. Ashleigh war naiv genug anzunehmen, daß in ihm die Rede von einer Anstellung als Gouvernante war, doch Dorcas und Megan hatten genügend Erfahrungen und waren nicht so leicht zu täuschen.
Ah, jetzt hatte Monica die Lösung! Sie würde behaupten, Madame habe sie angewiesen, Dorcas auszurichten, Ashleigh solle, genau wie in dem Brief verlangt, am dritten Juni die Ankunft des Anwaltes ihres neuen Arbeitgebers abwarten, es jedoch unterlassen, die Bedingung der persönlichen Übergabe des Schreibens zu erwähnen. Sie nahm sich vor zu erklären, Madame sei über das bessere Angebot des Herzogs entzückt gewesen. Allein seine gesellschaftliche Position würde diese Behauptung unterstreichen. Daher habe Madame es im Namen des Mädchens dem des Barons vorgezogen, denn es sei eindeutig in Ashleighs bestem Interesse, die Offerte des Herzogs anzunehmen. Am Abend des dritten Juni würde Monica persönlich dann Ashleigh das Schreiben in die Hand drücken, bevor das Mädchen das Haus verließ, um in die Kutsche zu steigen.
Sie verweilte in Madames Boudoir, die beiden Briefe in Händen, und überdachte immer wieder die Einzelheiten ihres Planes. Oh, er würde funktionieren! Ganz bestimmt! In wenigen Tagen würde sie aufs beste im Haushalt des alten Mumford in einer geachteten Position installiert sein, während Ashleigh St. Clair ... Fast wäre sie an dem unterdrückten Gelächter erstickt. Sie konnte sich vorstellen, welches Gesicht Ashleigh machen würde, sobald sie merkte, welche Art von Unterweisung der Enkel Seiner Gnaden wünschte. Oh, es war köstlich, wirklich!
Plötzlich wurde ihr bewußt, daß es notwendig war, Madames Räume schnellstens zu verlassen. Sie versteckte die beiden Briefe in den Taschen des Morgenmantels, ging zur Tür und machte sie behutsam auf. Vorsichtig lugte sie nach beiden Seiten in den Korridor und jubelte im stillen, ein triumphierendes Lächeln im Gesicht, als sie niemanden antraf. Sie hatte das Gefühl, endlich ein großes Stück vorangekommen zu sein, als sie sich in der Geborgenheit ihres Zimmers befand. Beim Schließen der Tür flüsterte sie: „Deine Tage süßer Unschuld sind gezählt, Ashleigh St. Clair!"
Ashleigh saß neben dem distinguiert aussehenden Gentleman, der sich ihr kurz als Mr. Adams vorgestellt hatte. Die elegant ausgestattete Karosse entfernte sich mehr und mehr von Hampton House und allem, was Ashleigh in den vergangenen zwölf Jahren vertraut gewesen war. In Anbetracht der offenkundigen Würde und geschäftsmäßigen Miene ihres Begleiters bemühte sie sich tapfer, die Tränen zurückzuhalten.
Sie wußte, sie hätte glücklich sein müssen, dort zu sein, wo sie war - auf dem Weg zu einem ganz neuen Leben, das sie vor der ungewissen, sie in dem Haus erwartenden Zukunft bewahrte, in dem sie den größten Teil ihrer Jugend verbracht hatte, empfand indes nur Traurigkeit. Hampton House war so lange ihr Heim gewesen!
Selbst wenn der Gedanke sie nicht bedrückte, den Ort und das, was mit ihm verbunden war, zu verlassen, so stimmte es sie jedoch zutiefst niedergeschlagen, daß sie von einigen der in dieser Umgebung gewonnenen Freunden hatte Abschied nehmen müssen. Zum Beispiel von der lieben alten Dorcas, die in all den Jahren fast wie eine Mutter zu ihr gewesen war, und von der wunderbaren, schönen Megan, die ein Herz aus Gold hatte, ganz gleich, wie sie sich den Lebensunterhalt verdiente, oder von Finn. Irgendwie war der Abschied von ihm der schwerste von allen gewesen, denn der Hund schien gespürt zu haben, daß Ashleigh ihn für immer verließ. Der traurige, gefühlvolle Ausdruck in seinen Augen hatte ihr das deutlich gezeigt.
Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie nicht einen Fehler begangen habe. Wer war dieser Duke of Ravensford eigentlich, oder sein Enkel, den sie auf seinen Wunsch hin unterrichten sollte? Oh, sie hatte Megans Bericht von den Gerüchten gehört, die über den Herzog und seinen fabelhaften Reichtum, die Bedeutung seines Titels und den damit verbundenen Einfluß in Umlauf waren, und sie hatte die neidischen Blicke von einigen der bei Madame beschäftigten Frauen bemerkt, sobald bekanntgeworden war, wer ihr neuer Arbeitgeber sein würde. Aber
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