005 - Gekauftes Glück
Er war jedoch ganz sicher gewesen, daß sie nichts erwähnt hatte, Lady Elizabeth würde sich nun ständig in seinem Domizil aufhalten.
Und dann mußte er, obwohl er kaum die Zeit gefunden hatte, sich mit diesem Umstand abzufinden, miterleben, wie Miss St. Clair ständig in der eklatantesten Weise von Lady Elizabeth brüskiert wurde. Mehr noch, er hätte blind sein müssen, nicht den Ausdruck tödlichen Hasses zu sehen, den seine Verlobte jedesmal dann in den Augen hatte, wenn ihr Blick auf Miss St. Clair fiel, was meistens während der langweiligen, steifen Diners geschah. Er hatte bemerkt, daß Miss St. Clair die unerfreuliche Situation mit Gelassenheit ertrug und höflich Konversation machte, wenn es erforderlich war. Sie schien bewußt die Tatsache zu übersehen, daß weder Lady Elizabeth noch seine Tante sich je herabließen, ein Wort an sie zu richten, und so taten, als sei sie gar nicht anwesend. Aber er hatte auch die beiden roten Flecke bemerkt, die im weiteren Verlauf dieses Abends auf Miss St. Clairs Wangen gebrannt hatten, und keine Einwände erhoben, als Miss St. Clair darum bat, sich früh zurückziehen zu können, um nach Miss O'Brien zu schauen, die mit Kopfschmerzen in ihrem Zimmer geblieben war.
Megan vermutete, daß der Duke of Ravensford den Grund kannte, warum sie häufig Kopfschmerzen vorschützte und nicht zum Dinner erschien. Sie hatte stets Mordlust in den Augen, wenn sie Lady Margaret und Lady Elizabeth sah, und deshalb hatte die Freundin sie ersucht, den beiden mögliehst ganz aus dem Weg zu gehen. Daher gab sie vor, Kopfschmerzen zu haben, wenn der Tagesablauf in Ravensford Hall es erforderte, daß sie Zeit mit den beiden Damen verbringen sollte. „Und wer sind die Gäste, die Sie erwarten, Euer Gnaden?" fragte sie. „Dem eleganten Äußeren der Kutschen nach zu urteilen, scheinen die Besucher eine recht vornehme Gesellschaft zu sein."
„Oh, es ist keine einschüchternde Persönlichkeit dabei", antwortete Brett. „Es sind nur einige Freunde aus London. Ich frage mich jedoch, wie es kommt, daß sie offenbar alle zur gleichen Zeit eintreffen. Ich habe angenommen, sie würden an verschiedenen Tagen hier sein. Ich glaube, das Gespann Lord Christopher Edwards', des Earl of Ranleagh erkannt zu haben."
Nach dieser Ankündigung hob Ashleigh jäh erschrocken den Kopf. „Der Earl of ... oje!
Jetzt wird mir klar, daß ich in wenigen Minuten als Gastgeberin fungieren soll!"
„Ja, Sie haben die Lage ganz richtig eingeschätzt", erwiderte Brett leicht belustigt.
„Gibt es ein Problem?"
„Oh, aber ... aber ... Euer Gnaden ... Brett! Sehen Sie mich doch an!" Sie schaute auf den Saum des blauen Reitkleides hinunter, der durch die Feuchtigkeit im Gras zu Beginn des Ausrittes verschmutzt war.
In Gedanken erwiderte Brett, daß er sie, diese hübsche kleine Hexe, ja anschaue.
Was hatte das Mädchen an sich, das ihn so zu fesseln vermochte? Gewiß war es nicht ihre Schönheit, denn er hatte früher schon unzählige andere schöne Frauen gekannt. Was war es dann? War es die Fülle von Überraschungen, die er ständig erlebte, seit er Miss St. Clair kennengelernt hatte? Es war ihm vorgekommen, als habe sie ihn verzaubert, und dieser Gedanke hatte ihm nicht sonderlich behagt.
Beim Einschlafen hatte er sich sogar gesagt, er täte gut daran, in Zukunft etwas auf Distanz zwischen Miss St. Clair und sich zu achten, denn schließlich war sie ja eine Frau.
Doch als dann der Morgen gedämmert und der Tag versprochen hatte, schön zu werden, luftig und wolkenlos, mit einer vom Himmel strahlenden Sonne, hatte Brett sich rasch ankleiden lassen und eine Zofe mit der Aufforderung zu Miss St. Clair geschickt, sich zu erkundigen, ob sie ihm bei einem Ausritt Gesellschaft leisten würde. Bewundernd beobachtete er jetzt, daß sie sich mit der Hand durch die vom Wind zerzausten Locken fuhr, und hörte sie sich über ihr unordentliches Aussehen beklagen.
„So, wie ich aussehe, kann ich Ihre Gäste nicht begrüßen, Brett! Nein, das kann ich nicht!" Flehend war ihr Blick auf seinen gerichtet.
Brett schmunzelte. „Also gut", erwiderte er. „Sie und Miss O'Brien nehmen den zur Küche führenden Weg und benutzen den Hintereingang. Ich halte die Gäste hin, solange Sie sich umkleiden. Sobald Sie fertig sind, kommen Sie zu uns in den vorderen Salon."
„Oh, darf ich? Oh, Brett, ich danke Ihnen!" zwitscherte Ashleigh. „Oh, ich kann Ihnen nicht genug für Ihr Verständnis danken! Ich werde nicht lange brauchen,
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