0050 - Der Mörder aus der Bronx
denk an die andere Geschichte. Ich komme in einigen Tagen und erkundige mich, was dir eingefallen ist.«
Mürrisch schob er die Unterlippe vor.
»Guten Abend, Charly«, sagte eine Männerstimme neben uns. »Oh, guten Abend, Lieutenant MacGish.«
Ich wandte den Kopf. Neben uns stand ein schlanker, vielleicht fünfundvierzig Jahre alter Mann, der, an seiner Kleidung gemessen, wirklich nicht ins Charlys Inn passte. Er trug einen eleganten, schwarzen Mantel, um den Hals einen weißen Seidenschal, auf dem Kopf einen schwarzen Hut, und in der Hand schwenkte er dunkle Lederhandschuhe. Über den linken Arm hatte er einen Schirm hängen.
»Hallo, Lew Morgan«, antwortete der Lieutenant gedehnt. »Ich dachte nicht, dass Sie in Charlys Lokal verkehren.«
»Der Whisky hier ist gut und billig, Lieutenant. Sie wissen, dass ich sparen muss.«
Lew Morgan hatte graue Schläfen, einen gut gepflegten, ebenfalls angegrauten Schnurrbart. Beinahe sah er wie ein Gentleman aus.
Er musterte mich, ruckte leicht mit dem Oberkörper und sagte: »Ich muss mich wohl selbst vorstellen. Lieutenant MacGish scheint nicht die Absicht zu haben, es zu tun. Gestatten Sie: Lew Morgan. Von Beruf Antiquitätenhändler.«
Neben mir lachte MacGish. »Antiquitätenhändler ist fast ein Witz, Morgan. Warum sagen Sie nicht Hehler?«
»Ich verbitte mir Beleidigungen, Lieutenant. Das Gericht hat mich freigesprochen.«
»Aus Mangel an Beweisen.«
»Freispruch ist Freispruch, und Sie, Lieutenant, haben danach Dutzend Mal meinen Laden untersucht, praktisch nach jedem Diebstahl von einem Pfund Orangen von einer Obstkarre. Haben Sie je etwas gefunden?«
»Vielleicht finde ich bei Gelegenheit etwas«, mischte ich mich ein. »Ich heiße Cotton und bin vom FBI.«
Morgan nahm das mit einem kleinen Zucken um die Mundwinkel zur Kenntnis, bewahrte aber sonst Haltung.
»Darf ich zu einer Runde Whisky einladen?«, fragte er.
»Danke, wir zahlen unsere Drinks selbst«, antwortete ich. »Wohnen Sie hier in der Gegend?«
»36. Straße 817 habe ich mein Geschäft.«
»Den Antiquitätenladen oder das Hehlernest?«
»Ich besitze nur den Antiquitätenladen«, antwortete er würdevoll.
»Lassen wir den Charakter Ihres Geschäftes dahingestellt sein«, sagte ich gemütlich. »Auf irgendeine Weise ist es für jeden Geschäftsinhaber gut, wenn er eine gute Nummer bei der Polizei hat. Sie können Ihr Ansehen, das nach Lieutenant MacGishs Reden nicht besonders gut zu sein scheint, wesentlich verbessern. Bestimmt haben Sie von dem Mord in der 409. gehört. Meiner Meinung nach war es ein Mord auf Bestellung. Ich glaube an die Existenz einer Mord-Firma. Allerdings stehe ich mit meiner Meinung ziemlich allein. - Nun, Mr. Morgan, Sie hören sicherlich von Ihrer Kundschaft viel über die Vorgänge in bestimmten Kreisen. Sie können sich denken, welche Nachrichten mich interessieren, und ich glaube, Sie könnten uns solche Nachrichten ohne Bedenken weitergeben. Ihre Kundschaft befasst sich bestimmt nicht mit einem Mord, nicht wahr?«
Er antwortete nicht direkt. Er hatte den Schirm vom Arm genommen und rieb sich mit der Krücke das Kinn.
»So, so«, sagte er. »Eine Mord-AG? Nun, ich glaube nicht, dass Sie recht haben. Jedenfalls ist die Firma bestimmt nicht in der Bronx stationiert.«
»Trotzdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie ein wenig die Augen für mich offenhalten würden, Mr. Morgan.«
»Hm, ich glaube nicht, dass ich Ihnen behilflich sein kann, aber sollte ich durch irgendeinen Zufall, dessen Eintreffen allerdings sehr unwahrscheinlich ist, etwas erfahren, so werde ich Ihnen das selbstverständlich mitteilen. Es ist meine Pflicht als Bürger, und außerdem verabscheue ich Morde.«
Mit einem Schwung flog die Tür auf. Ein Sergeant und zwei Cops traten ein.
Der Sergeant meldete: »Wir haben den Mann nicht gefunden, Sir. Auch im Townbridge Hotel wohnt niemand, auf den die Beschreibung passt.«
»Danke, Sergeant«, sagte ich und wandte mich an MacGish: »Das war zu erwarten. Wollen wir gehen?«
Ich warf dem Hinker noch einen bedeutungsvollen Blick zu, verabschiedete mich von Morgan, der nicht versäumte, dabei von seinem Hocker aufzustehen.
»Glauben Sie, in Lew Morgan einen Verbündeten gefunden zu haben, Cotton?« fragte MacGish im Streifenwagen.
Ich zuckte die Achsel. »Das weiß ich nicht. Mich überraschte sein Auftauchen kurz nach der Szene mit dem angeblichen Francis Mant. Vielleicht gibt es einen Zusammenhang. Hehler hören viel. Und die Diebe und
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