0052 - Der Teufelsring
bekritzelt.
Zamorra sah sie sich an, aber er konnte diese Zeichen nicht deuten.
Sie blieben ein Rätsel für ihn. Deshalb zuckte Zamorra mit den Schultern.
»Irgendein Ornament«, meinte er. Aber er war sich seiner Sache keineswegs sicher. Auch die Durchsuchung des Gartens erbrachte nichts. Zamorra war ziemlich enttäuscht. Nur die verschwundenen Bücher gaben ihm zu denken, doch er konnte sich im Augenblick noch keinen Reim darauf machen.
»Was denkst du, Chef?« fragte Nicole, als sie wieder in der Studierstube standen.
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich denke nichts. Ich fühle nur. Diese Bücher. Ich hätte zu gerne gewusst, welche Bücher das waren. Und dann hätte ich gerne gewusst, ob Turhan selbst sie weggeräumt hat, oder ob sie gestohlen wurden. In dieses Haus hat ja jeder Eintritt.«
»Vom Herumstehen bekommen wir das nie heraus.«
Zamorra stand über den Schreibtisch und über das aufgeschlagene Buch gebeugt.
»Natürlich hast du recht. Aber weißt du auch, was wir als nächstes unternehmen sollten?«
»Du bist der Chef, Chef«, sagte Nicole. »Bisher ist dir noch immer etwas eingefallen, das dich weiterbrachte.«
»Das bedrückt mich ebenso. Diesmal fällt mir absolut nichts ein. Natürlich könnte ich jetzt zur Polizei gehen und eine Vermisstenanzeige erstatten. Aber würde mir das helfen? Du weißt, dass ich mit offiziellen Organen nicht gerade die besten Erfahrungen gemacht habe. Dabei fällt mir ein, was du über diesen Dekan gesagt hast. Wie hieß er doch gleich wieder?«
»Genc Yedicule.«
»Ich meine, über diesen seltsamen Streifen an seinem Mittelfinger. Ich hatte ihn nicht bemerkt. Schildere mir bitte einmal genau wie das aussah.«
»Eigentlich nichts berühmtes. Ich würde sagen, der Streifen sah aus wie ein Brandmal.«
»Ein ringförmiges Brandmal«, murmelte Zamorra leise. »Der Ring des Ahriman. Ob hier ein Zusammenhang besteht?«
Er hatte sich diese Frage selbst gestellt. Um so überraschter war er, als Nicole antwortete.
»Du hast mir die Reliefs an der Fassade dieses Hauses erklärt«, sagte sie. »War dabei nicht auch von einem Ring die Rede? So ein komischer Todesdiamant oder so? Dann fiel mir noch eines auf: Bei diesem Dekan war das Zimmer richtig verdunkelt. Gerade so, als ob er das Licht nicht vertragen würde. Erinnerst du dich an seine Augen? Sie waren wie die eines Nachttieres. Ich sage dir, dieser Yedicule hat etwas auf dem Kerbholz. Dann hast du mir noch erzählt, dass dieser Ormuzd der Gott des Lichtes war. Das alles muss natürlich nichts zu bedeuten haben, aber ein wenig seltsam finde ich das schon.«
»Hm«, brummte Professor Zamorra. »Das finde ich allerdings auch etwas seltsam.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Nur dürfte es heute schon etwas zu spät sein, um noch Genc Yedicule aufzusuchen. Außerdem würde er uns nichts sagen, wenn er wirklich etwas mit dieser geheimnisvollen Geschichte zu tun hat.«
»Was schlägst du dann vor?«
»Ich werde noch eine Nacht darüber schlafen. Dann erst werde ich entscheiden, was wir weiter tun werden. Doch ich stimme mit dir darin überein, dass wir uns diesen Dekan einmal ganz genau anschauen sollten. Bei vollem Tageslicht. Er ist mir auch nicht ganz geheuer.« Sie verließen Turhan Ciris Haus, ohne beobachtet worden zu sein.
***
Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Die Sonne strengte sich gewaltig an, auf die in der Stadt verweilenden Touristen einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Rotgolden bis gelblich leuchtend, die Wolkenbänke dabei anstrahlend, versank sie gravitätisch unter den Horizont. Nicole schaute von der Badeterrasse des Hilton aus fasziniert zu, wie der Sonnentag der Dämmerung wich. Auch Professor Zamorras Sinne waren gegen den Zauber der Stunde nicht immun.
Er drückte unwillkürlich Nicole etwas näher an sich heran, bis ihre Hüften sich zart berührten.
Ein Abend, wie geschaffen für die Liebe, rückte heran.
Nicole gab sich der Stimmung gerne hin. Sie rieb ihren Körper an Zamorras Seite und konnte ein wohliges Stöhnen nicht unterdrücken.
»Weißt du, Chef«, sagte sie leise, »weißt du, Chef, dass es Augenblicke gibt, von denen ich mir wünsche, sie würden eine Ewigkeit währen? So einer wie dieser jetzt. Das Leben könnte so herrlich schön sein.«
Zamorra schwieg eine Weile, bevor er antwortete. Seine Stimme klang sehr ernst, als er sagte: »Ich wünsche mir diese Augenblicke auch, Nicole. Ich wollte, mein ganzes Leben würde aus einer Anreihung solcher Augenblicke
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