0053 - Die Geisterhand
versteckt.«
»Und?«
»Der Tote ist erstochen worden.«
Jetzt verstand ich nichts mehr. Ein Werwolf fuhr einen Toten durch die Nacht. Was hatte das alles zu bedeuten? Wie hing es zusammen? Vielleicht konnte uns die Leiche Aufschlüsse darüber geben? Wenn wir sie identifiziert hatten, kamen wir unter Umständen weiter.
Aber es mußte rasch gehen, denn die Bestie lief frei herum. Ich hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, die gesamte Gegend absperren zu lassen, aber das würde keinen Sinn mehr haben. Erstens dauerte es zu lange und zweitens gab es so viele Verstecke im näheren Umkreis, daß es nahezu unmöglich war, die Bestie zu finden.
Leiter der Mordkommission war ein Inspektor Turner. Ein junger Kollege, der frisch von der Polizeischule gekommen war. Er kam mit seinem dunklen Dienstrover. Der Verletzte aus dem anderen Rover war inzwischen verarztet worden. Er hatte sich in der Tat eine Gehirnerschütterung zugezogen.
Inspektor Turner gab seinen Mitarbeitern einige Anweisungen. Dann sah er mich. Er grinste schief, als er auf mich zutrat. Sein Trenchcoat war zerknittert. Er hatte den Kragen halb hochgestellt, so daß sich der Rand in die braune Nackenhaarflut schob.
Turner trug eine Hornbrille und war fast so groß wie ich.
»Hätte ich mir auch nicht alpträumen lassen, daß wir einmal zusammenarbeiten würden«, gab er mir zu verstehen. Er hatte manchmal einen etwas bissigen Humor. Er reichte mir die Hand.
Ich erwiderte den Druck. Turner war mir sympathisch. Er sah seinen Job ziemlich locker, war aber trotzdem ein fähiger Mann, wie ich gehört hatte. Die drei Fälle, die er aufzuklären hatte, waren von ihm bravourös gelöst worden.
»Wo ist die Leiche?« fragte er mich.
»Ich habe sie auch noch nicht gesehen.«
Ein Sergeant begleitete uns zum Lieferwagen. Jane Collins schloß sich an.
»Wer ist die Dame?« fragte mich Turner.
Ich stellte Jane vor.
»Privatdetektivin?«
»Sie können ihr vertrauen«, sagte ich. »Miß Collins und ich arbeiten schon lange zusammen.«
»Wie Sie meinen.«
Vor der offenen Ladefläche blieben wir stehen. Die Leiche steckte noch im Sack. Sie hatten ihn oben nur geöffnet, so daß der Kopf des Mannes herausschaute.
Ich sah in ein Gesicht, das mir unbekannt war.
»Kennen Sie ihn?« fragte Turner.
»Nein.«
»Shit!«
Ich lachte und sah zu ihm auf. »Wieso?«
»Wenn Sie schon mitmischen, Sinclair – ich dachte, daß ich hier einen fast gelösten Fall vorfände. Aber wie ich sehe, ist der große Geisterjäger auch nicht viel weiter.«
»Der große Geisterjäger ist nur durch Zufall in diese Sache hier hineingeraten.«
»Dann geht Sie der Fall gar nichts an?«
»Doch.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte Turner.
Wir machten Platz für die Kollegen, damit sie die Leiche aus dem Wagen hieven konnten. Der Fotograf schoß zuvor noch einige Aufnahmen.
Ich bot Zigaretten an.
»Gib mir auch eine«, sagte Jane.
Ich erzählte Inspektor Turner die Geschichte. Als ich dabei auf den Werwolf zu sprechen kam, verzog sich sein Gesicht zu einem ungläubigen Lächeln.
»Also doch was für den Geisterjäger.«
Ich nickte. »Wenn Sie es so sehen – ja.«
Turner strich sich über sein Kinn. »Dann brauchen wir doch gar nicht am Ball zu bleiben?«
»Von wegen, Meister. Ich will wissen, wer der Tote ist. Seine Identifizierung muß so rasch wie möglich über die Bühne gehen. Nehmen Sie Fingerabdrücke. Vielleicht haben wir sogar Glück, und er trägt Unterlagen bei sich, die ihn identifizieren.«
»Moment.« Turner verzog sich.
»Was hältst du von ihm?« fragte mich Jane.
Ich hob die Schultern. »Er ist etwas unsicher, was ich auch verstehen kann.«
Der Inspektor kam zurück. Sein Gesicht drückte schon die Antwort aus, die wir bekommen würden. »Nichts«, sagte er, »wir haben keinerlei persönliche Sachen gefunden. Keinen Ausweis, keinen Führerschein – einfach nichts.«
Für mich lag die Sache klar. »Dann ist er vielleicht ein Berufskiller«, sagte ich.
»Sind Sie sicher?«
»Wer ohne seine Papiere durch die Gegend läuft, hat wahrscheinlich etwas zu verbergen.« Ich schaute mich um. Für mich gab es nicht mehr viel hier zu tun. Das sagte ich auch dem Inspektor.
»Sie finden mich im Yard, Herr Kollege.«
Er nickte bissig. Turner wußte genau, daß ich kraft meiner Sondervollmachten sein Vorgesetzter in diesem Fall hier war. Und wenn ich Unterlagen rasch haben wollte, dann mußte er sie mir so schnell wie möglich besorgen.
Ich hatte Jane
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