0053 - Die Geisterhand
mein Jackett umgehängt, damit sie sich wärmen konnte. Im Wagen gab sie es mir zurück.
»Ein harter Fall, nicht wahr?«
»Das kannst du wohl sagen.« Ich schaute auf die Uhr. Noch eine Stunde bis Mitternacht. »Ich bringe dich nach Hause«, sagte ich. »Dann bekommst du wenigstens noch etwas Schlaf.«
Jane Collins schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in die Tüte, mein lieber John.«
»Wieso?«
»Weil ich am Ball bleibe.«
»Und dein Auftrag?«
Sie winkte ab. »Verschiebe ich bis übermorgen. Wenn es dem Klienten nicht paßt, soll er sich einen anderen Dummen suchen, der ihm die Kastanien aus dem Feuer holt.«
»Mit der Arbeitsmoral wirst du nie Millionärin.«
»Wer sagt denn, daß ich das vorhabe?«
»Stimmt auch wieder.«
Wir hatten Soho inzwischen hinter uns gelassen und fuhren bereits auf der Victoria Street, an der auch das Yard-Building liegt. Trotz der späten Stunde waren noch zahlreiche Fenster des hohen Hauses erleuchtet. Bei uns wurde rund um die Uhr gearbeitet. Als wir auf den Parkhof fuhren, verließ ein Dienstwagen mit kreischenden Reifen den Platz. Ich sah vier Kollegen von der Nachtbereitschaft im Fahrzeug sitzen. London ist eben eine Stadt, die nie zur Ruhe kommt.
Wir begaben uns direkt in die erkennungsdienstliche Abteilung. Die abgenommenen Fingerprints waren inzwischen eingetroffen und sausten schon durch den Computer.
Am Automaten zog ich zwei Becher Kaffee, an denen ich mir, wie konnte es anders sein, die Finger verbrannte.
Plötzlich tauchte Sir Powell auf. Er war in Hut und Mantel und machte ein verwundertes Gesicht. Jane begrüßte er mit einem Kopfnicken, wobei er seine Melone abnahm.
»Hörte, Sie sind im Haus, Sinclair.«
»Ja, Sir, es hat Ärger gegeben.«
»Das sehe ich Ihnen an.« Sir Powell warf einen bezeichnenden Blick auf meine Kleidung.
Sir Powell wirkte in seinem dunkelblauen Mantel und der Melone wie ein Lord. In letzter Zeit hatte er es nicht mehr so mit dem Magen. Wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß er geadelt worden war. Jahrelang hatte er darauf gewartet, und nun hatte ich einen echten Sir als Vorgesetzten.
Im Prinzip war mir das egal.
Ich berichtete. Schweigend hörte der Superintendent zu. Dann, als ich geendet hatte, wurden seine Augen hinter den dicken Brillengläsern noch größer.
»Well«, meinte er, »wie es aussieht, sind Sie durch Zufall in einen für uns interessanten Fall hineingeraten. Verfolgen Sie ihn auf jeden Fall weiter. Man wird Ihnen jegliche Unterstützung gewähren.« Die letzten Worte hatte er laut gesprochen, damit die Männer vom Erkennungsdienst ihn auch hören konnten.
»Ich bleibe dran, Sir, darauf können Sie sich verlassen.«
Der Superintendent ging noch nicht. Er wollte ebenfalls das Ergebnis der Ermittlungen abwarten.
Wir wurden zu einem Monitor gerufen. Höflich ließen wir Sir Powell den Vortritt.
Unser Zentralcomputer, einer der besten der Welt, hatte eine Information ausgespuckt.
Ted Kronos, las ich auf dem Bildschirm. In den unteren Reihen folgten die persönlichen Daten des Mannes. Kronos war einmal der Polizei in die Hände gefallen, als er für einen fremden Nachrichtendienst Botengänge unternahm. Man hatte bei ihm brisantes Material über zwei Abgeordnete des Oberhauses gefunden und auch einige pikante Fotos. Für diese Affäre wanderte Kronos zwei Jahre hinter Gitter. Aber das lag schon einige Zeit zurück.
Neuere Informationen spie der Computer nicht über ihn aus, was nicht hieß, daß er sich zur Ruhe gesetzt hatte. Im Gegenteil, vielleicht war er nur schlauer geworden.
Powell machte eine lässige Handbewegung. »Jetzt wissen Sie schon einiges. Bleiben Sie am Ball, John.«
Er nickte Jane und mir noch einmal zu und verschwand.
»So berauschend waren die Informationen nun doch nicht«, sagte die Privatdetektivin. »Weißt du denn jetzt, wo du den Hebel ansetzen willst?«
»Frag mich was Leichteres.«
»Über den Computer kommst du nicht weiter. Bleibt nur noch der direkte Kontakt zum Milieu.«
Ich nickte. »Daran habe ich auch schon gedacht.«
»Und?«
»In der Whisper Hell werde ich bestimmt einiges erfahren. Der Wirt ist mir noch was schuldig. Aus alter Zeit.«
»Na fantastisch«, rief Jane.
Ich schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in Frage, meine kleine Fee. Die Flüster-Hölle ist nichts für dich. Es sei denn, du wechselst deinen Job und gehst mit dem Handtäschchen spazieren.«
»Dann bleibe ich eben im Wagen sitzen.«
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Ich bedankte mich bei
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