0053 - Die Geisterhand
schwieg. Er konnte sich denken, wie es jetzt in mir aussah, und auch ich sprach kaum ein Wort.
Schließlich meinte der Chinese: »Wir sollten eine Tasse Kaffee trinken.«
Ich war einverstanden.
Es gab in der Nähe einige Lokale, die offen hatten. Wir entschieden uns, die Filiale einer amerikanischen Schnellimbiß-Kette zu betreten, und holten uns zwei Becher Kaffee am Buffett ab. Suko nahm sich noch einen Hamburger mit.
Ich hatte keinen Hunger.
Ganze sieben Gäste zählte ich. Ein Mann hatte den Kopf auf den Tisch gelegt und schlief.
Langsam schlürfte ich den Kaffee. Ich hatte mich unterwegs ein paarmal mit der Zentrale unserer Stadtpolizei telefonisch in Verbindung gesetzt, doch der Dämon und Jane Collins waren nirgendwo aufgefallen. Es schien, als hätte sie der Erdboden verschluckt.
»Eine Spur haben wir ja noch«, meinte Suko kauend.
»Linkerton?«
»Genau.«
Ich war skeptisch. »Ob der uns weiterhelfen kann?«
»Es ist zumindest einen Versuch wert. Irgendwie muß er ja den Tod seiner Tochter mit diesem Dämon in Verbindung gebracht haben. Das liegt auf der Hand.«
Suko hatte recht. Dieser Peter Linkerton war wirklich die einzige Spur.
»Ruf ihn an«, sagte mein Partner.
Ich schaute auf die Uhr. Mitternacht war schon seit einer Stunde vorüber. Aber ich mußte es versuchen. Zuviel stand auf dem Spiel.
Ich stand auf und ging zum Telefon. Eine freundliche Bedienung hatte mir den Weg gezeigt. Ein Telefonbuch gab es nicht. Die Nummer erfuhr ich über die Auskunft.
Dann läutete ich an.
Schon beim zweiten Klingeln wurde abgehoben.
»Linkerton!« Der Mann bellte seinen Namen in den Hörer, und wie er das machte, ließ darauf schließen, daß er ein ziemlich harter Typ war.
»Sinclair, Scotland Yard«, erwiderte ich.
Danach war es erst einmal ruhig.
Dann wieder seine Stimme. Diesmal allerdings etwas leiser. »Was kann ich für Sie tun? Geht es um meine Frau?«
»Wieso?«
»Nun – äh, es war nur eine Frage.«
»Nein, um Ihre Frau geht es nicht. Eher um Ihre Tochter. Kann ich Sie aufsuchen?«
»Natürlich. Wann?«
»Sofort!«
Schweigen. »Ja, wenn es sein muß. Es ist zwar eine etwas unpassende Zeit, aber…«
»Sie können versichert sein, Mr. Linkerton, es ist sehr dringend.«
»Okay, kommen Sie vorbei. Ich wohne in Paddington. Senior Street.«
»Danke.«
Wenn wir nach Paddington wollten, mußten wir quer durch London fahren. Eine ganz schöne Strecke, aber in der Nacht herrschte wenig Verkehr. Das mußte zu schaffen sein.
Ich sagte Suko Bescheid. Er aß inzwischen seinen zweiten Hamburger. »Aufregung macht mich immer hungrig«, gestand er.
»Und mir schlägt sie auf den Magen.«
Wir sahen zu, daß wir auf die Oxford Street kamen und fuhren in Richtung Westen.
Immer geradeaus.
An der Nordoststrecke des Hyde-Parks fuhren wir in die Edgewater Road hinein, bogen am London Metropole Hotel auf den Westway ein und hatten bald unser Ziel erreicht.
Die Straße lag nicht weit vom Bahnhof entfernt in einem ruhigen Viertel.
Das Haus, in dem Linkerton wohnte und arbeitete, war ein stattliches Gebäude.
In dieser Straße gab es schräge Parktaschen, und ich rangierte den Bentley rückwärts in eine hinein. Wenn der Wagen mit der Kühlerschnauze zur Straße hin stand, konnte ich immer rasch starten.
Niemand ließ sich blicken, als wir auf die Haustür zuschritten. Zwei kleine Wandleuchten brannten links und rechts neben der Tür. Sie tauchten das präparierte Magahoniholz in ein angenehmes Licht.
Ein Schild wies darauf hin, wer hier wohnte.
Zwei Klingeln waren nebst Sprechanlage vorhanden.
Ich schellte oben und meldete uns an, als die fragende Stimme aus dem Lautsprecher klang.
Wir drückten die Tür auf, betraten den Hausflur, der sehr breit war und dessen Marmorfliesen sicherlich ein Vermögen gekostet hatten. Nun ja, der Eigentümer schien es zu haben.
Wir nahmen nicht die Treppe, sondern den Lift, über dessen Tür ein grüner Pfeil leuchtete. Gegenüber führten einige Türen zu den Büros, wie ich an den Schildern erkannte.
Peter Linkerton erwartete uns vor seiner Wohnungstür. Ich war etwas enttäuscht, als ich ihn sah.
Ein ziemlich kleiner Mann, rundlich gebaut und mit einem Dackelgesicht. Nur die Augen leuchteten hart. Er trug einen rostfarbenen Blazer und eine braune Hose. Sein Hemd stand offen. Er hatte sich einen Schal in den Ausschnitt gesteckt.
Ich stellte Suko und mich vor.
Linkertons Händedruck war kräftig.
»Bitte kommen Sie herein.«
Er führte uns in den
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