0056 - Der Mörder stand neben uns
daß sie uns aufnehmen.«
»Vielleicht haben Sie recht.«
»Colonel, sie können nicht jede Nacht unsere Zelle überfallen und am nächsten Tag mit der Ausrede antreten, sie hätten abends ohne Handschuhe geboxt. Das Märchen wird ihnen ein- oder zweimal abgenommen, aber nicht dauernd.«
»Das ist war.«
»Allein aus diesem Grunde müssen sie sehen, daß sie mit uns im Guten auseinanderkommen. Und sollten sie mein Angebot doch ablehnen, dann werde ich ihnen drohen, daß ich eine Gegenbande aufziehen würde. Sie haben Respekt vor uns beiden bekommen. Und die Drohung mit der Gegenbande würde sje einschüchtern. Sie wissen genau, daß sie ihre Herrschaft nur halten können, solange sie die unumschränkte Terrorgewalt ausüben. Wenn sich dieser Gewalt eine wirksame Kraft entgegensetzte, wie es zum Beispiel eine Gegenbande wäre, dann würde es bald in ihrem Gebälk knistern.«
»Sie verstehen von solchen Überlegungen mehr als ich. Sie sind Kriminalist. Machen Sie das nur, wie Sie es für richtig halten.«
»Gut.«
»Wo haben Sie denn die Leckerbissen hier her?«
»Von der Bande.«
»Was? im Ernst?«
»Ja. Sie machten uns einen mitleidigen Krankenbesuch, um uns mitzuteilen, daß sie von unserem Taschengeld nun wöchentlich den gleichen Anteil haben wollten, den alle anderen auch an die Bande abführen müssen.«
Der Colonel sprang auf.
»Das ist doch die Höhe. Ich konnte in Washington mühsam durchsetzen, daß man unseren Leuten hier ein höheres Taschengeld zahlte, und jetzt kommt eine Gangsterbande und streicht den Erfolg meiner Bemühungen für sich ein! Das ist unglaublich!«
»Oh, das ist nur Gangsterpraktik«, sagte ich ungerührt. »Das mit , dem Geld würde mich nicht weiter aufregen. Mich interessiert vielmehr die Herkunft der Marihuana- Zigaretten. Das ist eine viel gefährlidiere Sache.«
»Da haben Sie recht. Haben Sie schon irgendeinen Verdacht?«
»Nein, keinen konkreten. Aber ich nehme an, daß sie an Interessierte jede Woche einmal eine Ration Marihuana-Ziaaretten verkaufen. Damit machen sie dann auch noch ein dickes Geschäft.«
»Was haben Sie denn gesagt, als man auch von Ihnen einen Anteil von Ihrem Taschengeld verlangte?«
»Wir haben sie ausgelacht. Ich machte den Gegenvorschlag der Mitarbeit und gab ihnen zum Schluß zu verstehen, daß sie bei uns nichts holen könnten. Jetzt wollen sie ihren Boß fragen, wie er zu der Sache steht.«
»Sie erwähnten ganz offen, daß sie einen Boß haben?« fragte der Colonel kopfschüttelnd.
»Ja. Es war ja auch zu erwarten. Die Bande ist gut organisiert, das kann sie nur sein, weil eine zentrale Leitstelle vorhanden ist, nämlich der Boß.«
»Wahrscheinlich.«
Der Colonel strich sich nachdenklich über sein sonnengebräuntes Gesicht. Dann fügte er hinzu:
»Kann ich irgend etwas tun, um Sie zu unterstützen, meine Herren?«
Ich zuckte die Achseln.
»Kaum. Wir müssen selber mit der Sache fertig werden. Wenn Sie sich irgendwie einschalten, wittern die anderen nur Gefahr und werden uns gegenüber mißtrauisch. Aber eines könnten Sie vielleicht arrangieren: lassen Sie Phil und mich zusammen in ein Zimmer legen, sobald wir hier wieder rauskommen.«
Der Colonel nickte:
»Ich denke, das wird sich einrichten lassen.«
Er verabschiedete sich von uns. Als er unser Krankenzimmer verlassen hatte, sagte Phil:
»Glaubst du, daß wir jemals mit dieser Sache fertig werden, Jerry?«
»Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Fest steht im Augenblick nur eines: wenn sie unser Angebot nicht annehmen, dann werden wir einen verdammt schweren Stand gegen sie haben. Niemand kann uns davor schützen, eines Nachts genau so umgebracht zu werden wie Lansman.«
Vier Tage lang geschah nichts. Jedenfalls merkten wir nicht, daß irgend etwas geschehen wäre, was von der Bande ausgegangen war. Daß sie aber trotzdem weiterhin ihr Unwesen getrieben hatte, war für mich sicher. Am Morgen des vierten Tages wurden wir aus dem Lazarett entlassen. Diesen und den nächsten Tag gab man uns noch Urlaub, wir brauchten also nicht am Dienst teilzunehmen. Nur zu den Mahlzeiten hatten wir pünktlich zu erscheinen.
Als wir uns in der Kompanieschreibstube vom Lazarett zurückmeldeten, sagte der Schreiber:
»Ihr bezieht zusammen Zimmer Nummer siebzehn in der zweiten Etage.«
Der Colonel hatte sein Versprechen gehalten Trotzdem mußte ich den überraschten spielen. Der Schreiber konnte zu der Bande gehören, und da war es besser, immer auf Nummer harmlos zu reisen.
»Okay«, sagte
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