0057 - Die Attentäter
Antwortbrief. Er drückte sich nicht so hart und kompromißlos aus, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte, sondern fragte Hollander, ob er es nicht für ausreichend halte, daß sich Fraudy zur Sühne ebenso von der Erde deportieren lasse wie die Verurteilten, und ob er um dieser Frage willen die so überaus notwendige Einigkeit zwischen den beiden Gruppen zerstören wolle.
Der Brief ging eine halbe Stunde, nachdem Hollanders Schreiben eingetroffen war, durch Boten an Hollander ab. Mullons Bote war gehalten, auf Hollanders Antwort zu warten. Die Antwort lautete: Der Rat der Asozialen Freien Siedler erfährt, daß Horace O. Mullon, der ehemalige Führer der Aufrechten Demokraten, die vom Rat wegen Verrats verfolgte Geheimagentin Nicholson zur Frau genommen hat. Der Rat stellt fest, daß Horace O. Mullon sich damit von den Zielen, die die Naturphilosophen und Aufrechten Demokraten gemeinsam verfolgen, deutlich distanziert hat. Er ist als Feind der gemeinsamen Sache zu betrachten. Der Rat fordert, daß er ebenfalls ausgeliefert und vor ein Siedlergericht gestellt werde. Mullon war ziemlich verblüfft. „Hollander ist auf Streit aus", stellte er nachdenklich fest. „Wenn ich nur wüßte, was er vorhat!"
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Mullon rief etwa hundert der einflußreichsten Demokraten zusammen und beriet mit ihnen die beiden Briefe, die er von Hollander bekommen hatte. Wie erwartet, stellten sich die Leute auf Mullons Seite. Aber was Hollander im Schilde führte, konnten auch sie nicht erraten.
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Kommandant Flagellan hatte sich entschlossen, die gewaltige Entfernung von der Erde bis zum Rigel in zwei Transitionen zu überwinden. Auf der Höhe der Uranusbahn ging die ADVENTUROUS in den Hyperraum und tauchte in halbem Abstand zwischen Erde und Rigel wieder auf.
Flagellan ließ zwischen den beiden Transitionen zwanzig Stunden vergehen. Er wollte sicher sein, daß der Energievorrat der Feldgeneratoren wieder aufgefüllt war, wenn es zum zweiten Hypersprung ging.
Flagellan war ein sorgfältiger, verantwortungsbewußter Kommandant Er wußte nicht, daß er gerade durch diese Sorgfalt das Unheil heraufbeschwor.
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Der Versammlung lag die erste Fassung der vom Ausschuß ausgearbeiteten Verfassung vor. Mullon freute sich darüber, daß von den viertausend Aufrechten Demokraten mehr als dreieinhalbtausend erschienen waren, um der Verlesung beizuwohnen, an der Diskussion teilzunehmen und schließlich ihre Stimme abzugeben. Das politische Interesse war rege, und das nahm Mullon als erfreuliches Zeichen.
Eine vorläufige Verfassung wurde nach mehrstündiger Debatte angenommen. Man war sich darüber im klaren, daß es keinen Zweck hatte, etwas Endgültiges zu schaffen, solange die Naturphilosophen darauf beharrten, ihren eigenen Weg zu gehen. Man mußte abwarten, ob Hollander auf Rigel III einen gesonderten Staat gründen würde oder nicht.
Die vorläufige Verfassung sah vor, daß über die Geschichte der Aufrechten Demokraten in einer Volksversammlung entschieden werde, die sich aus einhundert frei, allgemein und geheim gewählten Vertretern zusammensetzte. Der Präsident der Versammlung, den diese selbst bestimmte, galt gleichzeitig als Staatsoberhaupt - wobei der Begriff Staatsoberhaupt, wie Mullon in einer kurzen Schlußansprache feststellte, vorläufig noch einen lächerlichen Beigeschmack hatte, was sich jedoch, nach Mullons Worten, nach der Ankunft in der neuen Heimat recht bald von selbst erledigen werde.
Fraudy hatte an der Versammlung nicht teilgenommen. Mullon hatte ihr geraten, in ihrer Kabine zu bleiben und niemand einzulassen.
Ein paar von den Männern, die in der gleichen Gegend ihre Kabinen hatten wie Mullon, begleiteten ihn.
Sie unterhielten sich über die Ergebnisse, die die Abstimmung gebracht hatte, und waren alle miteinander bis auf Mullon - sicher, daß Mullon der erste Präsident der Volksversammlung sein würde.
Mullon wehrte lachend ab und wollte ein paar Gründe aufzählen, die ihn nach seiner Meinung ganz automatisch von diesem hohen Posten ausschlössen, als er um die Gangbiegung, die seiner Kabine am nächsten lag, den Schatten eines Mannes verschwinden sah.
Hollanders Leute! Das war sein erster Gedanke.
Ohne sich um seine verdutzten Begleiter zu kümmern, stürmte er zu seiner Kabine hinüber und wartete ungeduldig, bis sich die Tür öffnete. Dahinter bot sich ihm ein schrecklicher Anblick. Fraudy war nicht mehr da, aber es sah so aus, als habe sie sich energisch gegen die Entführer
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