0058 - Meer der mordenden Hände
stieß Paris mit einemmal aufgeregt hervor. Er wies auf ein Riff. »Da hängt ein Stofffetzen dran.«
Zamorra fuhr so nahe wie möglich an das Riff heran. Nicole griff zum Enterhaken und holte den Fetzen an Bord.
»Nun?«, fragte Zamorra gespannt.
Nicole blickte ihn benommen an. »Ich bin fast sicher, dass das ein Stück von Jodies Kleid ist, Chef.«
»Sie sind also nach dem Absturz hier heraufgeklettert«, sagte Zamorra nachdenklich.
»Aber warum sind sie dann nicht mehr auf dem Riff?«, fragte Nicole erregt.
Paris senkte den Blick. »Wir können nicht davon ausgehen, dass sie den Absturz beide überlebt haben. Alain kann mit dem Flugzeug untergegangen sein. Und wenn Jodie schwer verletzt auf dieses Riff geklettert ist, dann hätten wir eine Erklärung dafür, dass sie sich jetzt nicht mehr darauf befindet.«
»Sie könnte aber auch von Eingeborenen entdeckt und auf eine der Inseln gebracht worden sein«, sagte Zamorra.
»Vielleicht wurden sie beide auf diese Weise gerettet«, sagte Nicole Duval.
»Ich möchte es für sie hoffen«, meinte Paris.
»Dann müssen wir jetzt die Inseln abklappern und nach Alain und dem Mädchen suchen«, entschied Professor Zamorra.
Quentin Paris befestigte eine Markierungsboje an dem Riff. »Die Eingeborenen sind verblüffend gute Taucher. Wir sollten sie bitten, hier nach dem Flugzeugwrack zu suchen.«
Zamorra nickte. »Eine gute Idee.« Er gab mehr Gas. In nordwestlicher Richtung lag eine Insel. Wie ein Palmenpinsel ragte sie aus der See. Nach einer Fahrt von zehn Minuten entdeckten sie einen langsam dahintuckernden alten Fischerkahn.
Zamorra hielt darauf zu.
Plötzlich vernahmen sie ein entsetzliches Gebrüll. Ihnen allen gerann das Blut in den Adern…
***
Tumo, der alte Fischer, rollte verzweifelt über die Bretter. Wahnsinn glänzte in seinen Augen. Sein Gesicht war verzerrt, sah aus wie eine Teufelsfratze. Er brüllte und schlug mit seinen dünnen Armen um sich. Er strampelte mit den Beinen, warf sich hin und her und schrie immer wieder lauthals um Hilfe.
Zamorra war als erster bei ihm.
Als der Professor den alten Mann anfasste, kreischte dieser völlig verstört auf. Er trat mit seinen Beinen nach Zamorra. Er kroch auf allen vieren von Zamorra weg. Er zitterte und schwitzte am ganzen Leib, schüttelte den Kopf und schrie: »Nein! Nein! Weg! Lasst mich in Ruhe. Ich will nicht sterben!«
Während sich Nicole Duval um den Kajütkreuzer kümmerte, sprang auch Quentin Paris auf den Fischkahn herüber.
Es war erstaunlich, welche Kraft die furchtbare Angst dem alten Mann verlieh. Er schlug um sich, traf Zamorra zweimal im Gesicht, und es gelang ihm, seine Ferse in die Magengrube des Professors zu rammen.
Erst als Paris dem Professor zu Hilfe kam, konnten sie den Tobenden überwältigen.
Tumo heulte schrecklich los. Er glaubte, nun würde ihm das Leben genommen. Er wimmerte um Gnade. Er bettelte um sein Leben. Er schrie immer wieder, dass er nicht sterben wolle.
»Du brauchst nicht zu sterben, Alter!«, sagte Paris eindringlich.
»Du hast um Hilfe gerufen. Wir sind gekommen, um dir zu helfen. Wir sind Freunde!«
Tumo glotzte Paris verstört an. »Freunde?«
»Ja, wir sind Freunde! Wie ist dein Name?«
»Tumo«, röchelte der Alte. Sein Herz hämmerte wie verrückt gegen die Rippen. Zamorra konnte die Aufregung in Tumos Halsschlagadern pochen sehen.
Der Fischer entspannte sich.
»Was ist passiert, Tumo?«, fragte Paris den Alten.
»Ein Angriff. Die Untoten aus dem Gefolge von Vihambata waren da!«, ächzte der Fischer. »Die Abgesandten der Hölle! Sie wollten mich umbringen… Ich habe heute, kurz vor dem Auslaufen, einen weißen Fliegenden Hund gesehen. Ich bin ein Todgeweihter. Aber ich will noch nicht sterben! Ich möchte noch leben!«
Zamorra ließ den Alten los. Auch Paris zog seine Hände zurück.
Sie dachten, es wäre nicht mehr nötig, den Fischer festzuhalten. Da sprang der Alte mit einer Schnelligkeit, die sie ihm nicht zugetraut hätten, auf. Schaum flockte auf seinen Lippen. Mit einem tierhaften Brüllen rannte er auf das Heck zu.
»Ihr Teufel!«, schrie er. Plötzlich blitzte ein Messer in seiner Hand.
»Ihr Teufel! Ich werde euch töten! Ich werde alle toten Hände zerstückeln!«
Der Alte wollte über Bord springen.
»Tumo!«, schrie Zamorra mit kräftiger Stimme. »Bleib da!«
Der Fischer hörte nicht auf sie. Er sprang hoch. Zamorra rannte hinter ihm her. Er erwischte die schäbige Kleidung des Alten. Blitzschnell riss er den Mann
Weitere Kostenlose Bücher