0059 - Der Dämon aus der Tiefe
»Nette Leute sind das. Der Vater ein robuster Mann, der redlich darum bemüht ist, seine zerbrechliche Frau zu trösten, obgleich er selbst Trost nötig hätte. Mrs. Casa hat sehr viel geweint.«
Mick klammerte sich an die Sessellehne, als befürchtete er, von der Sitzfläche zu rutschen.
»Man hat mir gesagt, dass Sie, Mick, und Phil Casa unzertrennliche Freunde sind.«
»Nun ja«, versuchte Mick abzuschwächen. »Wir stecken viel zusammen, das ist schon richtig…«
Torres hob eine Braue. »Das hört sich nach einem Aber an.«
»So? Nun, vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass es auch mal vorkam, dass Phil ohne mich unterwegs war.«
»Wissen Sie, mit wem er zusammen war?«, wollte Torres sogleich wissen.
Mick räusperte sich und verschränkte die Arme. »Mein Gott, Phil geht zur Schule, genau wie ich. Da gibt es viele Freunde, mit denen man sich mal trifft.«
»Wie war das gestern?«
»Da streiften wir ein wenig durch die Stadt.«
»Wann haben Sie sich getrennt?«, fragte Torres.
»Um neun. Hat Mr. Casa Ihnen das nicht erzählt?«
»Doch.«
Mick kniff ärgerlich die Augen zusammen. »Warum wollen Sie es dann von mir noch mal hören.«
Ron Torres lächelte entwaffnend. »Es besteht überhaupt kein Grund, sich aufzuregen, Mick. Wann kamen Sie nach Hause?«
»Viertel nach neun.«
»Waren Sie daheim, als er kam?«, fragte Torres das Mädchen.
»Nein. Ich war im Theater«, antwortete Angel.
Mick fletschte wütend die Zähne.
»Das hört sich verdammt nach einem Verhör an, Inspektor!«
»Oh, das tut mir aber leid. Das soll es wirklich nicht sein. Warum sind Sie so nervös, Mick?«
»Bin ich doch gar nicht. Wozu brauche ich ein Alibi für gestern Abend, he?«
»Brauchen Sie ja gar nicht«, erwiderte Torres lächelnd. »Wie kommen Sie denn auf die Idee?«
»Sie wollten wissen, wann ich gestern nach Hause kam. Ich sagte es Ihnen. Sie wollten das von Angel bestätigt haben!«
Torres hob mit einer harmlosen Miene die Schultern. »Das hat nichts zu bedeuten, Mick. Wirklich nicht. Das bringt der Beruf so mit sich. Man stellt im Prinzip doch immer wieder dieselben Fragen. Nur die Antworten sind immer andere. Was sagte Phil, als Sie sich von ihm verabschiedeten?«
»Nichts sagte er«, antwortete Mick.
»Gar nichts?«, fragte Torres zweifelnd.
»Vielleicht hat er tschüss gesagt oder etwas in der Art. Ist das denn für Sie so wichtig?«
»Hatte auch er die Absicht, sofort nach Hause zu gehen?«
»Das nehme ich an.«
»Gesagt hat er es nicht?«
»Nein!«, sagte Mick aufbrausend. »Sagen Sie, warum quälen Sie mich mit Ihren Fragen? Ich gebe zu, es ist schlimm, dass Phil verschwunden ist, aber ich kann Ihnen nicht helfen. Sie fragen, wo meine Eltern sind und ob meine Schwester bestätigen kann, dass ich gestern tatsächlich um Viertel nach neun zu Hause war. Denken Sie, dass Sie das weiterbringt?«
»Manchmal schon.«
»Statt viele Fragen zu stellen, halte ich es für sinnvoller, Phil zu suchen.«
»Okay. Ich suche ihn. Sie brauchen mir nur zu sagen, wo, Mick.«
Kovacs’ Zunge huschte aufgeregt über die Lippen. »Wenn ich das wüsste, hätte ich ihn bereits selbst gesucht, und wahrscheinlich auch schon gefunden.«
»Tja, dann will ich hier nicht mehr länger stören«, sagte Torres und erhob sich. »Tut mir leid, dass ich Sie belästigen musste. Aber was soll ich machen? Ich bin nun mal auf die Hilfe anderer angewiesen…«
Angel nickte freundlich. »Das verstehen wir, Inspektor. Mick wollte bestimmt nicht so ruppig zu Ihnen sein. Es geht ihm nahe, dass Phil so plötzlich nicht mehr da ist. Er würde Ihnen ganz gewiss helfen, wenn er dazu imstande wäre.«
»Natürlich«, sagte Ron Torres. Aber er dachte: Ich bin seit dreißig Jahren Polizist. Ich habe gelernt, zu erkennen, ob mir einer nichts sagen kann oder nichts sagen will. Dieser Junge da will mir nichts sagen. Und ich frage mich, warum nicht? Was verheimlicht er mir? Er hat Angst. Wovor?
Der Inspektor hoffte, das zu einem späten Zeitpunkt herauszukriegen. Vorläufig verabschiedete er sich von Angel und Mick.
***
Sie setzten die Suche nach dem versenkten Schiff mit vier Wasserschlitten fort. Vier Männer im Tauchanzug. Sternförmig unterwegs.
»Die Schlitten vergrößern ihren Aktionsradius«, sagte Bill Fleming. Er lehnte an der Reling und rauchte eine Zigarette. Zamorra hatte vor einigen Minuten Einsicht in Grangers dürftige Unterlagen genommen. Jeden Fischer, der ihnen begegnete, hatten sie gefragt, wo sie das versenkte
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