006 - Der Teufelsbeschwörer
gefangen.
Und Tony Ballard mußte sich oben allein mit den beiden Teufelsmönchen herumschlagen. Roxanes Herz krampfte sich zusammen.
Sie konnte Tony nicht beistehen. Würde er mit den beiden Gegnern fertigwerden? Bekamen die Satansmönche Verstärkung? Töteten sie in diesem Moment gerade den Dämonenhasser?
Viele Fragen quälten die Hexe aus dem Jenseits.
Sie durfte nicht in dieser Knochenkammer bleiben. Tony Ballard brauchte sie!
Roxane sprang auf. Sie spürte, daß die Wände, die sie umgaben, mit magischen Kraftfeldern beschichtet waren.
Daran hatten sich die Teufelsmönche immer wieder aufgeladen.
Diese schwarzen Ströme hatten die Mönche die Zeiten überdauern lassen. Von ihnen bezogen sie ihre verderbliche Kraft.
Es mußte einen Ausweg aus diesem unterirdischen Gefängnis geben.
Roxane suchte ihn. Sie setzte weißmagische Sensoren ein, streckte telepathische Fühler aus, die jedoch schmerzhaft zurückgeschleudert wurden, sobald sie mit den Kraftfeldern an den Wänden in Berührung kamen.
Roxane konzentrierte sich.
Sie sammelte Energien, legte ihre Hände auf eine Wand und versuchte die Kraft der Hölle mit der ihr zur Verfügung stehenden Magie zu brechen. Es klappte nicht. Ihre wertvolle Energie verpuffte fast wirkungslos. Nur ein Netz aus knisternden Fäden zuckte über die Wand. Mehr passierte nicht.
Kein Entrinnen für Roxane. Die Hexe aus dem Jenseits war und blieb in der Knochenkammer gefangen.
***
Patty Febbey hatte schon die meisten Schattenseiten des Lebens kennengelernt. Es gab nicht mehr viel, was sie heute noch erschüttern konnte. Bei einer barmherzigen Beleuchtung sah sie noch verhältnismäßig gut aus. Im grellen Licht sah man aber, daß sich das Leben brutal in ihr Gesicht geprägt hatte.
Begonnen hatte ihr Abstieg vor zehn Jahren.
Damals war sie neunzehn gewesen.
Jung und unerfahren war sie nach London gekommen, weil es ihr in dem Dorf, in dem sie aufgewachsen war, zu langweilig gewesen war. Sie hatte etwas erleben wollen, und dieser Wunsch war ihr dann auch in reichem Maße erfüllt worden.
Rückblickend mußte sie zugeben, daß zuviel passiert war. Sie hätte lieber im Dorf bleiben und den langweiligen Sohn des Kaufmanns heiraten sollen, dann hätte sie jetzt einen Mann gehabt, der sie liebte und verehrte, Kinder, denen sie ihre Liebe schenken konnte, ein geregeltes Leben ohne Aufregung und Schmerzen.
Aber sie hatte es ja anders haben wollen.
Bildhübsch war sie gewesen, und eine Menge Männer hatten ihr den Hof gemacht. Sie hatte sich mal von diesem, mal von jenem ausführen lassen, schenkte mal dem einen, mal dem andern ihre Gunst, merkte nicht, daß sie schon bald wie ein Wanderpokal von Hand zu Hand ging.
Nicht sie wählte aus, wie sie meinte, sondern sie wurde ausgewählt – und hinterher abgeschoben. Ihre Telefonnummer wurde immer begehrter. Sie fing an zu trinken, und es wurde ihr immer gleichgültiger, mit wem sie schlief. Zu diesem Zeitpunkt gab es zwischen ihr und einer professionellen Gunstgewerblerin nur noch einen einzigen Unterschied: Patty verlangte dafür kein Geld, aber sie gab es auch nicht zurück, wenn es einer der Männer auf ihren Nachttisch legte.
So war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich ein Parasit an sie heftete.
Er hieß Timothy Hayes. Groß, stark, selbstbewußt – und er sah auch nicht schlecht aus. Er machte ihr klar, daß sie einen Beschützer brauche, und daß sie von nun an von jedem Mann, mit dem sie ins Bett ging, eine bestimmte Summe verlangen müsse.
Sie wollte das nicht tun, aber Hayes war kräftig, und er redete ihr mit den Fäusten zu.
Sie wollte London verlassen, er erwischte sie, und sie konnte sich danach zwei Wochen kaum rühren. Zwischendurch war er zärtlich, als würde er sie lieben. In Wirklichkeit hatte er jedoch nur ein Ziel vor Augen: sie zur Nutte zu machen. Und das erreichte er schließlich auch. Zwei, drei Monate ließ er ihr, damit sie sich an den neuen Zustand gewöhnen konnte. Dann gab er ihr zu verstehen, daß sie ihm zu wenig verdiene. Sie mußte mehr anschaffen, und wenn sie die Summe nicht brachte, die er sich vorstellte, nahm er sie sich vor.
Sie wußte, daß sie nur die Wahl hatte, sich zu fügen oder zu sterben. Eine dritte Möglichkeit war ihr nicht geboten.
An diesem Abend saß sie am Tresen auf einem Hocker, trug lange Lackstiefel, einen kurzen Rock, einen engen weißen Pulli und eine flachsblonde Perücke, unter der sich ihr schwarzes Haar verbarg.
Sie nuckelte seit einer Stunde an
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