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0060 - Das Kastell der Toten

0060 - Das Kastell der Toten

Titel: 0060 - Das Kastell der Toten
Autoren: Michael Hrdinka
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sich abwehrend beide Hände vor die Augen.
    »Nur ruhig! Nicht durchdrehen! Hörst du? Keinen Laut mehr, sie dürfen uns nicht entdecken!«, raunte ihr der Professor ins Ohr, ohne zu zeigen, dass auch ihn der Anblick furchtbar entsetzte.
    Der Unheimliche war in einen vermoderten, zerfetzten Umhang, der das glitzernde Kettenhemd teilweise verdeckte, gehüllt. Trotzdem konnte man die Fragmente einer roten züngelnden Schlange, die auf dem Brustteil des Gewandes gestickt worden war, erkennen.
    Der Kopf, eine Mischung zwischen Skelett und Mumie wurde von einer Kapuze umspielt. Der lange schwarze Spitzbart, der sich mit Teilen des Oberlippenbartes vermischt hatte, wehte im Wind.
    Unendlich langsam wandte das Monster den Schädel, blickte mit leeren Augenhöhlen zurück zur Kajüte. Dann drang ein heiseres, lautes Knurren durch die laue Nacht.
    Er winkte mit dem gezogenen Schwert, hob dabei beide Arme wie beschwörend hoch in die Luft. Dabei fiel das Gewand zurück. Die spindeldürren Knochenarme wurden von dünner, mumifizierter Haut, genauso wie der klobige Kopf bedeckt.
    Nicole stöhnte leise auf.
    Nun entstiegen noch weitere zweiundzwanzig Templer dem Geisterschiff, das die verdammten Kreuzritter zu der Stätte ihrer grausamen Menschenopfer zurückgeführt hatte, um wieder Blutgericht zu halten.
    »Das dort muss Carlos de Arrabel sein!«, flüsterte Bill seinem Freund zu, während er auf das Ungeheuer, das zuerst aufgetaucht war, zeigte.
    Sie stellten fest, dass sich auch die anderen Templer wie im Zeitlupentempo bewegten. Fauchend verließen sie ihren Kahn über einen schmalen Steg, den einige Dörfler zuvor zwischen Schiff und Strand geschlagen hatten.
    Zamorra betrachtete aufgeregt die Verdammten.
    Breite Ledergürtel, an denen die Schwerter baumelten, hielten um die Körpermitte die wallenden Gewänder, die einst weiß gewesen sein mussten, zusammen.
    Wie auf Kommando zogen sie ihre Waffen. Es klirrte metallisch.
    Das Geräusch drang Zamorra und den anderen durch Mark und Bein.
    Langsam, aber unaufhaltsam marschierte das Geisterheer auf die Bewohner von Estaquiro zu.
    »Wir müssen ihnen helfen! Die werden sie umbringen!«, presste Alberto Sanchez zwischen den Zähnen hervor, während er nervös an dem Brillengestell herumrückte.
    »Das glaube ich nicht!«, sagte Zamorra nur knapp.
    »Verflucht! Der Priester hat recht! Sie brauchen unsere Hilfe!«, stimmte auch Bill Fleming zu. Er fischte den Revolver aus dem Hosenbund, spannte klickend den Hahn. Das kühle, schwere Metall fühlte sich beruhigend an.
    »Nein! Wartet!«, befahl Zamorra schneidend.
    Nun hatten alle Templer den Kahn verlassen. Die Maskierten warfen sich vor den abtrünnigen Kreuzrittern in die Knie, senkten untertänig ihre Häupter.
    Schrilles Wiehern der angsterfüllten Pferde erfüllte die Meeresbucht, übertönte die tierischen Laute der Templer.
    Carlos de Arrabel winkte mit eckigen Handbewegungen den Rössern. Die Dörfler, die diese festgehalten hatten, ließen zögernd los, da sie Angst hatten, die Gäule könnten davon preschen.
    Aber da geschah das Unglaubliche!
    Die Pferde trabten willig auf die Templer zu. Sie senkten, wie die Menschen, unterwürfig die Köpfe. Ihre mächtigen Körper zitterten.
    Der Anführer der Verfluchten winkte noch immer den Tieren zu.
    Umständlich schwangen sich die Templer auf die Rösser, die wie hypnotisiert dastanden und sogar zu Schnauben vergaßen. Die Dörfler wagten sich nicht zu bewegen. In einigen Metern Entfernung knieten sie starr im Sand.
    Staubwolken stiegen von den Templern auf.
    Schon begannen sich die Pferde zu bewegen. Mechanisch, in einen langsamen Galopp verfallend, kamen sie auf den Pfad, der zu der Ruine hoch führte. Sie verfielen zusehends in ein zeitlupenähnliches Tempo. Metallisch trommelten die Hufe, wie Glockenschläge, als die Pferde den steinigen Weg hochkletterten, es klang unnatürlich laut, nervenaufpeitschend.
    Die Templer trieben die Tiere zur Eile an. Durch die seltsamen, verzögerten Bewegungen, wirkte alles noch unwirklicher. Mit gestreckten Hälsen preschten die Pferde dahin, so gut es auf dem Pfad möglich war. Die Templer beugten sich weit aus den Sätteln, schwangen wild die Schwerter über den Köpfen.
    »Wir müssen weg!«, Bill rüttelte Zamorra an der Schulter, der noch immer wie gespannt dem furchtbaren Schauspiel folgte.
    »Es ist zu spät!« Padre Alberto Sanchez zeigte auf die Wegbiegung, hinter der die Gespenster im nächsten Augenblick auftauchen
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