0060 - Der Geisterfahrer
Deshalb zog Will Mallmann die Lammfelle von seinen Autositzen, damit sich Roxane und Gisela darin einhüllen konnten.
»Bitte, meine Damen«, sagte der Kommissar, ganz gentlemanlike.
Die Mädchen dankten. Für uns war es die höchste Zeit, die Burg Felseneck zu verlassen, denn unten im Burgbrunnen rumorte es immer schlimmer. Schwarzer Rauch stieg aus dem Burgbrunnen empor, vor dem noch das Skelett des Adepten neben dem Eimer lag, und ballte sich mehr und mehr zusammen.
Bernard Roget legten wir auf den Rücksitz des Opel Manta. Auch Roxane stieg hinten ein, sie bettete Bernards Kopf in ihrem Schoß. Will Mallmann und Gislea Malthus setzten sich vorn in den Wagen.
Die Türen schlugen zu. Der kleine Franzose preßte sein Taschentuch auf die Schulterwunde und lächelte selig. Suko startete die BMW, deren Schlüssel er einstecken hatte, und fuhr zum Burgtor.
Er öffnete es, Jean und ich eilten hinzu. Kommissar Mallmann fuhr mit seinem silbergrauen Opel los. Die finstere Wolke wurde immer größer. Es zischte bedrohlich darin. Erdstöße ließen den Boden erzittern.
Suko hatte das Tor offen und stieg auf die BMW. Jean und ich kletterte auf den Sozius, und wir fuhren zu dritt auf dem schweren Motorrad hinter dem Opel des Kommissars her. Den Weg hinunter und zum Wald. Als wir zurückblickten, war der Halbmond hinter den Wolken hervorgetreten.
Eine riesige schwarze Wolke hüllte Burg Felseneck völlig ein. Der Hauch des Schwarzen Todes. Ich hätte nicht darin stecken mögen, denn Pest oder Wahnsinn konnten die Folge sein.
Wir legten die anderthalb Kilometer zur Hauptstraße rasch zurück und bogen auf dieselbe ein. Da geschah es. Ich erkannte ein Schemen am Wegrand, den grünliches Leuchten umlohte. Er raste abrupt aus dem Stand auf die Straße, und Kommissar Mallmann beschleunigte rasch.
Suko stoppte, während der Kommissar davonraste.
»Was macht denn der Mallmann jetzt?« fragte Suko verständnislos.
»Er ist zum Geisterfahrer geworden«, sagte ich. »Der Schwarze Tod will sich für die Schlappe auf Burg Felseneck rächen. Er hat Will Mallmann und seine Mitfahrer in seinen Bann geschlagen. Rasch, Suko, wir müssen sie verfolgen!«
Jean Arnois mußte zu Fuß nach Königstein laufen. Es war keine Zeit zu verlieren. Erst einmal informiert, handelte Suko rasch und entschlossen, wie es seine Art war. Er drehte voll auf und raste wie ein Rennfahrer hinter Mallmanns silbergrauem Opel her.
Ich klammerte mich an Suko fest. Eiskalter Fahrtwind peitschte uns.
Suko bewies wieder einmal, daß er ein erstklassiger Motorradfahrer war. Er holte rasch auf.
Doch überholen konnten wir Mallmann nicht. Der Kommissar brauste mit über hundert Sachen durchs nächtliche Königstein. Er überfuhr rote Ampeln. Doch noch fuhr er auf der richtigen Seite.
Ich glaubte, das dämonische Kichern des Schwarzen Todes in meinen Ohren zu hören. Suko schaltete während der Fahrt das Funkgerät ein, und er brüllte immer wieder Warnungen über den Polizeifunk hinaus.
An einer Kreuzung mußte Suko scharf bremsen, sonst wären wir mit einem von rechts kommenden Auto kollidiert.
Der Geisterfahrer gewann wieder einen Vorsprung. Er raste in Richtung Autobahn.
»Gib Gas, Suko!« brüllte ich.
Mallmann fuhr hundert Meter vor uns. Da war schon die Ausfahrt der Autobahn. Mit kreischenden Reifen riß Will Mallmann den schlingernden Opel Manta über die Straße und in die Ausfahrt hinein.
Mich wunderte es, daß der Opel nicht ins Gelände flog, aber das war dem Einfluß des Schwarzen Todes zu verdanken.
Ein Lastwagen und ein Pkw fuhren die Ausfahrt entlang. Der von grünlichem Licht umlohte Schemen raste im Slalom an den Fahrzeugen vorbei, zwei, drei Meter hinter ihm folgte Will Mallmann. Und dann kamen Suko und ich.
Scheinwerfer blinkten auf und Hupen gellten, als wir die Autobahn erreichten. Will Mallmann beschleunigte noch mehr und fuhr auf der falschen Fahrbahn in Richtung Köln, Und wieder sendete der HR 3 seine Warnung in den Äther hinaus.
»Achtung, Achtung! Geisterfahrer unterwegs…«
Wir hörten die Durchsage nicht, wir hätten sie auch nicht beachten können. Mehrmals entgingen wir um Haaresbreite einem Unfall.
Blinkzeichen und ein Hupkonzert begleiteten uns auf der Autobahn. Will Mallmann fuhr jetzt knapp hundertachtzig. Der Kommissar, Gisela Malthus, Roxane von Felseneck und Bernard Roget standen im Banne des Dämons.
Suko holte auf. Dann fuhren wir neben dem silbergrauen Opel; Manta. Ich hob mein silbernes Kreuz empor, jetzt
Weitere Kostenlose Bücher