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0061 - Der Hexenberg

0061 - Der Hexenberg

Titel: 0061 - Der Hexenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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genommen. Essen und Trinken schienen dort nicht zum Tagesablauf zu gehören.
    »Ich habe Hunger und Durst«, sagte sie.
    Die beiden Polizisten ließen sich bei ihrer Beschäftigung nicht stören und ignorierten sie.
    »Es ist mein verfassungsmäßiges Recht, in Haft ordnungsgemäß beköstigt zu werden.«
    Der eine der beiden Uniformierten wandte den Kopf und blickte zu ihrer Zelle hinüber.
    »Gemeine Massenmörder haben überhaupt keine Rechte«, sagte er und schob sich anschließend ein Stück Käse in den Mund. »Wenn es nach mir ginge«, fügte er dann noch brummend hinzu.
    Nicole wusste, dass es aussichtslos war, die Männer davon zu überzeugen. Sie hatte ›ihren‹ Steckbrief gesehen. Und ob sie wollte oder nicht – sie musste zugeben, dass die Fotografie auf dem Steckbrief genau ihrem gegenwärtigen Aussehen entsprach. Die Frau, die sich danach gedrängt hatte, die Braut des Satans zu werden, hatte sie ganz schön hereingelegt. Die Handlungsweise der Polizisten war also durchaus verständlich.
    »Es geht aber nicht nach Ihnen, Monsieur«, beharrte sie auf ihrem Recht. »Und deshalb… Ich verlange ein Frühstück, oder ich werde mich beim Innenminister beschweren.«
    »Auch noch frech werden, was?« Vier Augen musterten sie ungnädig.
    Schließlich aber erklärten sie sich doch bereit, Nicole nicht verhungern zu lassen. Sie bekam Brot, Käse und einen Blechnapf voll Landwein. Nicht einmal im Maxim hatte es ihr so gut geschmeckt.
    Während des Frühstücks dachte sie über ihre Lage nach. Sie war alles andere als rosig und würde sich bestimmt nicht verbessern, wenn erst die Beamten aus Clermont-Ferrand kamen, um sie zwecks Überstellung ins Stadtgefängnis abzuholen.
    Wo waren Zamorra und Bill Fleming? Maurice d’Aragnan hatte sich zwar geweigert, ihr konkrete Auskünfte zu geben, aber sie hatte aus seinen Andeutungen doch einiges mitbekommen. Fest stand, dass die beiden Château de Berri verlassen hatten, um nach ihr zu suchen. Nein, das stimmte nicht. Zamorra und Bill suchten nicht nach ihr, sondern nach einer verschwundenen Person namens Nicole Duval. Wie lustig das doch war.
    Tatsächlich war ihr jedoch keineswegs nach Lachen zumute. Sie kannte den Chef und würde sich gar nicht wundern, wenn er längst bemerkt hatte, wo sie abgeblieben war. Möglicherweise hatten er und Bill sich bereits an ihre Spuren geheftet – an ihre Spuren, die sie in die Welt der Dämonen führen würden!
    Soweit durfte es nicht kommen. Sie musste raus aus diesem Loch, musste die beiden Freunde daran hindern, einem Phantom nachzujagen und sich dabei in allerhöchste Gefahr zu begeben.
    Aber wie sollte sie es anstellen, dem Polizeigewahrsam zu entkommen?
    Sie grübelte und grübelte und doch wollte ihr nichts Rechtes einfallen. In letzter Konsequenz würde sie wohl versuchen müssen, sich mit Gewalt einen Weg in die Freiheit zu bahnen.
    Wenig später bot sich eine Gelegenheit.
    Das Telefon schrillte, und einer der beiden Gendarmen nahm den Hörer ab. Seinen Antworten war zu entnehmen, dass sich am anderen Ende der Leitung jemand befand, der den Verlust von zehn Hühnern beklagte. Brummend versprach der Polizist, sich sofort der Sache anzunehmen. Und das tat er dann wohl auch, denn er verließ kurz darauf die Polizeistation, so dass Nicole mit dem zweiten Beamten allein zurückblieb.
    Dieser Beamte war ein schon älterer Mann, den zu überwältigen Nicole sich durchaus zutraute.
    »Ich muss mal für kleine Mädchen«, sagte sie.
    Der Polizist gab eine unfeine Antwort, deren Inhalt in etwa darauf hinauslief, dass sich seiner Ansicht nach Blechnäpfe nicht nur zum Trinken eigneten.
    Nicole erhob wütenden Protest und hatte mit ihrem Geschrei schließlich Erfolg.
    Der Gendarm trat auf die Zellentür zu, nicht ohne vorher seine Dienstpistole zu lockern.
    »Wenn Sie an einen Fluchtversuch denken sollten… Ich würde Ihnen nicht dazu raten!« Bezeichnend tippte er gegen das Pistolenfutteral an seiner Hüfte. Dann fischte er aus der Hosentasche einen Schlüsselbund hervor und öffnete die Eisentür.
    Offenbar beschränkte sich seine Erfahrung mit Gewaltverbrechern aufs rein Theoretische. Trotz seiner drakonischen Worte vorher erwies er sich als so harmlos wie der Bademeister eines Seniorenschwimmbads.
    Mit einer Bewegung, die er gar nicht kommen sah, hatte ihm Nicole die Pistole aus dem Halfter gezogen und auf ihn gerichtet. Auch das Entsichern vergaß sie nicht.
    »So Alterchen, nun sei hübsch brav und mach keine Geschichten«,

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