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0061 - Kino des Schreckens

0061 - Kino des Schreckens

Titel: 0061 - Kino des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gegen die würgenden Griffe der fleischfressenden Pflanzen. Über sich sah sie schon die herrlichen Blütenkelche. Weit waren sie geöffnet. Die Blätter hatten Kelche gebildet, die in ihrer Größe den doppelten Umfang annahmen als normal. Trotz ihrer Schönheit stellten sie eine tödliche Gefahr dar.
    Die Kelche senkten sich…
    »Neiiinnnn!!!« schrie Shao in wilder Panik. »Ich will nicht sterben. Ich will nicht…!«
    Wieder schlug sie mit den Händen um sich. Sie traf auch die Kelche, doch denen machten die Schläge nichts aus. Shao verzweifelte, und ihre Kraft ließ immer mehr nach.
    Sie war körperlich als auch seelisch am Ende. Das Schicksal schlug erbarmungslos zu.
    Die Angst machte sie fast wahnsinnig, führte sie auch hinein in die Lethargie, die einen Tod ankündigt.
    Doch plötzlich geschah etwas, was ihr wie ein Wunder vorkam. Sie vernahm ein leises Singen. Die Melodie schwebte ihr entgegen, und sie glaubte, darin ein Kinderlied zu erkennen.
    Ein Kinderlied?
    War sie schon wahnsinnig?
    Die helle, glockenklare Stimme wurde lauter. Auf einmal hörte sie auch Schritte, und Shao gelang es nur mit äußerster Mühe, den Kopf zu drehen.
    Da sah sie das Mädchen!
    Blondes Haar, ein rotes Kleid, weiße Kniestrümpfe.
    Die Kleine aus dem Film.
    Sie war da – bei ihr.
    Unglaublich…
    Shaos Lippen formten Worte. »Helfen Sie mir«, flüsterte sie. »Bitte helfen Sie…«
    Sie unterschied nichts mehr. Sie redete das Kind mit Sie an. Shao war fertig und hoffte nur, daß ihre Worte verstanden wurden.
    Das Kind blieb stehen. Aus großen blauen Augen schaute es auf die Pflanze und auf Shao, die dem Tod viel näher als dem Leben war.
    »Bitte…«
    Das Kind trat vor.
    Kleine Hände packten zu, bogen die gefährlichen Fangarme weg, zerknickten sie wie Halme, und im nächsten Moment war die Chinesin frei.
    Mit der Pflanze jedoch geschah etwas Seltsames.
    Sie verdorrte. Die Blütenkelche schlossen sich. Die Farbe verblaßte, und dann rieselte weißgraue Asche dem Sumpfboden entgegen. Das gleiche geschah mit den Zweigen. Auch von ihnen blieb nur ein Rest Asche zurück.
    Das Kind hatte die Pflanze besiegt.
    Unvorstellbar!
    Shao lag auf dem Boden. Sie atmete schwer. Noch immer konnte sie es nicht fassen, einem grausamen Tod entronnen zu sein. Ein wenig drehte sie den Kopf nach links und sah neben sich die Beine des kleinen Mädchens.
    Weiß leuchteten die Kniestrümpfe.
    »Danke«, hauchte Shao, »danke…«
    »Wollen Sie nicht aufstehen?« fragte die Kleine. »Der Boden ist so naß. Sie werden frieren.«
    Die Kleine reichte Shao die Hand. Sie war zart und feingliedrig. Shao ergriff sie und ließ sich hochziehen. Dabei wunderte sie sich, welch eine Kraft das Kind besaß.
    Shao stand auf. Sie war größer als das Kind. Die Kleine mußte den Kopf etwas in den Nacken legen, um die Chinesin anschauen zu können.
    Die Kleine lächelte.
    Auch Shao versuchte ein Lächeln. Es gelang ihr nicht ganz. Verständlich, nach den hinter ihr liegenden Strapazen.
    »Wie heißt du?« fragte sie.
    »Ich bin Caroline.«
    »Und wo kommst du her?«
    Die Kleine hob den rechten Arm und deutete nach links. »Von dort, hinter den Hügeln.«
    »Ist das dein Zuhause?«
    »Was ist das?« Caroline schaute Shao aus großen unschuldigen Augen an.
    Die Chinesin atmete tief ein. Sie wußte, daß sie so nicht weiterkommen würde. Aber sie brauchte Informationen. Sie mußte wissen, wo sie sich befand.
    Danach fragte sie das Kind.
    »Dieses Land hat keinen richtigen Namen«, bekam sie zur Antwort. »Man nennt es nur Land der Verlorenen.«
    Sie sagte es mit einer solchen Selbstverständlichkeit, daß es Shao schauderte.
    »Warum heißt es so?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Hast du noch Eltern?«
    Die Kleine nickte heftig.
    »Und wo wohnen sie?«
    »In London, Miß. Mein Vater heißt James Potter. Er besitzt ein Kino. Ich kann immer Filme sehen.«
    Shao hatte das Gefühl, in den Boden zu versinken. Caroline war die Tochter des Kino-Besitzers. Kaum vorstellbar. Aber wie kam sie hierher?
    Wahrscheinlich auf dem gleichen Weg wie ich, dachte Shao. Nur hat sie sich inzwischen an dieses Land der Verlorenen gewöhnt.
    »Bist du freiwillig gegangen?« fragte die Chinesin.
    »Ich weiß nicht, Miß.«
    »Sage Shao zu mir.«
    »Gern.«
    »Noch einmal, Caroline. Bist du freiwillig gegangen?«
    Die Augen des Mädchens wurden noch größer. »Ich mußte das tun, was Daddy sagte.«
    Shao erschrak. »Heißt das, dein Vater hat dich in diese Welt geschickt?«
    »Ja. Er hat gesagt,

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