0061 - Kino des Schreckens
hoch, wollte sich auf das Monster stürzen, doch nach zwei Schritten knickten ihm die Beine weg. Der giftige Nebel machte auch ihm zu schaffen.
Verzweifelt schnappte Suko nach Luft. Er hatte das Gefühl, als wären seine Lungen zugenäht.
Der Schwindel wurde stärker.
Auf einmal drehte sich alles vor Sukos Augen. Sein Gesicht verzerrte sich. Er nahm alle Kräfte zusammen, sah, daß Shao an das Monster gepreßt dastand und zu diesem grünen Auge hochschaute.
»Shao!« krächzte Suko und streckte in einer verzweifelten Geste seine Arme aus.
Noch einen Schritt…
Suko fiel.
Schwer schlug er zu Boden. Er rollte sich dabei herum, kam so zu liegen, daß er die in der ersten Reihe sitzenden Zuschauer anblicken konnte und sah, daß der Nebel sie ebenfalls erreicht und in seinen Bann gezogen hatte.
Suko versuchte es ein letztes Mal. Er stemmte sich hoch, schaffte es nur bis zur Hälfte, dann knickten seine Arme ein, als bestünden sie aus weichem Draht.
Schwer fiel der Chinese aufs Gesicht. Den Schmerz spürte er schon nicht mehr, denn eine gnädige Bewußtlosigkeit hielt ihn umfangen. Shao jedoch wurde von dem grauen Monster in die Leinwand hineingezogen und war innerhalb von Sekunden verschwunden.
Der Film lief weiter.
Die nächste Szene zeigte ein lächelndes Kindergesicht…
***
Ich sah Sukos Maschine neben einer Hauswand parken. Die langen Scheinwerferbahnen strichen über das sorgfältig gepflegte Metall und brachen sich dort zu zahlreichen Reflexen.
Ich stoppte. Sacht rollte der Bentley aus. Halb schräg setzte ich ihn auf den Bürgersteig, stieg aus und schloß den Wagen ab. Mit schnellen Schritten näherte ich mich dem Kino.
Die Reklame leuchtete so grell, daß sie schon von weitem zu sehen war. Ich brauchte nicht einmal eine halbe Minute, um in den großen Vorraum zu gelangen.
In den Schaukästen hingen keine Bilder. Der Boden bestand aus gelbem Stein. Abfall und Zigarettenkippen gaben ihm ein mieses Muster.
Ein paar Spaziergänger schauten auf die bunten, reißerischen Plakate und sprachen über den Film. Ich suchte einen Verantwortlichen. Den Geschäftsführer oder Inhaber.
Ich sah von keinem auch nur einen Hosenzipfel. Dafür verließ eine schon ältere Frau das Kassenhäuschen. Sie hatte eine Geldkassette unter den Arm geklemmt und schaute sich mißtrauisch nach allen Seiten hin um.
Diese Frau steuerte ich an.
Als sie mich auf sich zukommen sah, öffnete sich ihr Mund zu einem Schrei. Wahrscheinlich dachte sie, ich wäre ein Dieb oder Mörder, doch das Wort »Polizei!« ließ sie innehalten.
Unschlüssig blieb sie stehen.
»Guten Abend«, sagte ich ruhig. »Mein Name ist John Sinclair. Ich bin von Scotland Yard. Ist der Eigentümer oder der Geschäftsführer zu sprechen?«
»Was wollen Sie denn von dem?«
»Das sage ich ihm selbst.«
Die Frau verzog ihre schmalen Mundwinkel. »Auch wenn Sie ‘n Bulle sind, haben Sie noch lange nicht das Recht, sich so mies aufzuführen. Merken Sie sich das.«
»Moment, Madam. Ich führe mich nicht mies auf. Ich habe höflich gefragt. Sie haben den unhöflichen Ton in das Gespräch mit hineingebracht.«
Sie hob die Schultern. »Ist auch egal, aber Mr. Potter können Sie jetzt nicht sprechen.«
Die Frau war härter als mancher Ganove. Ich hatte aber keine Lust, mich auf lange Diskussionen mit dieser Frau einzulassen, deshalb drängte ich sie zur Seite und schritt auf die Glastüren des Kinoeingangs zu.
»Bleiben Sie stehen!« rief sie mir nach. »Da ist abgeschlossen!«
Ich rüttelte an der Tür. Sie war tatsächlich zu.
Die Frau lief mit ihrer Kassette hinter mir vorbei, schimpfte, so daß die anderen Nachtbummler schon aufmerksam wurden.
Aber auch ein anderer wurde aufmerksam.
Plötzlich wurde eine schmale Tür aufgedrückt, die ich bisher nicht gesehen hatte. Heraus trat ein Mann, dessen Gesicht mich an einen Vollmond erinnerte. So rund war es. Und auch die Haut schimmerte leicht gelblich. Die kleinen Schweinsaugen blinzelten tückisch. Der Knabe hatte einen runden Körperbau und trug einen leichten Sommeranzug. Die Haare hatten eine rotblonde Farbe, der Mund war kaum zu sehen, so farblose Lippen besaß er.
»Das ist ein Bulle!« keifte die Alte. »Sieh dich vor, James.«
Mir entging das Zusammenzucken des Mannes keineswegs. Für mich war der Kerl das personifizierte schlechte Gewissen.
Ich ging ihm entgegen. »Sind Sie Mr. Potter, der Eigentümer oder Pächter des Kinos?«
»Ja, der Eigner. Und Sie?«
Ich stellte mich vor und zeigte auch
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