0061 - Unser Mann kam aus Neapel
Land getan hat, aber wir suchen einen Mann aus seiner Bande, der in Amerika gelebt hat, und den wir als Zeugen gegen einen amerikanischen Gangster brauchen. Wenn er vernünftig ist, lassen wir ihn laufen. Wenn nicht, übergeben wir ihn der italienischen Polizei. Vernünftig heißt, dass er unsere Fragen beantwortet, ohne zu lügen.«
Tonio übersetzte unsere Worte. Ich sah mir unterdessen unseren Gefangenen genau an. Er mochte knapp zwanzig Jahre sein. Ich kannte den Typ aus den Staaten.
Als Tonio die Übersetzung beendet hatte, sagte ich: »Fragen Sie ihn, wie er heißt!«
Tonio übersetzte, und der Bursche antwortete mit einer dunklen Stimme: »Luigi Guigla.«
»Stammt er aus Neapel?«
»Ja!«
»Kennt er Mario Cavari?«
»Ja, er kannte ihn, aber nur vom Sehen und vom Erzählen. Er sei ein Italiener, der aus Amerika zurückgekommen sei und über viele Dollars verfüge.«
Über Cavaris Wohnung und Aufenthaltsort konnte er keine Auskunft geben.
»Wer hat ihn heute hierher geschickt, und wer hat ihm gesagt, was er zu tun habe.«
Diese Frage wollte Guigla nicht beantworten. Ich bot ihm erneut eine Zigarette an, und jetzt nahm er sie.
Wir setzten das Verhör fort, und auf langen Umwegen tasteten wir uns an den Kern heran. Phil und ich haben viel Verhörpraxis, und wenn uns nicht ein ganz geriebener Junge gegenübersitzt, erfahren wir meistens, was wir wissen wollen. In diesem Fall war es sogar relativ leicht. Für Luigi Guigla waren wir Ausländer, und wir konnten in ihm das Gefühl erwecken, dass wir eigentlich nur- aus reiner Neugier fragten, ohne einen eigentlichen Zweck mit unseren Fragen zu verknüpfen.
Guigla stand im Dienste des Hinkers. Genauer gesagt, wenn er für irgendwelche Dienste gebraucht wurde, gab man ihm Bescheid und drückte ihm ein paar Scheine in die Hand. Ware, die Guigla bei Unternehmungen auf eigene Faust, meist Autodiebstähle, erbeutete, kaufte ihm der Hinker ab. In unserem Fall war er nur dabei gewesen, weil er sich gerade im Hafen auf hielt. In Greggs Fall hatte man ihn heute Nacht um drei Uhr aus der Wohnung geholt und nach Sorrent gefahren.
»Okay«, sagte ich, als wir das alles aus ihm herausgeholt hatten. »Und jetzt wollen wir wissen, wo wir den Hinker sprechen können.«
Tonio übersetzte, aber Guigla schüttelte nur heftig den Kopf. »Wenn es nicht der Hinker ist, so sind wir auch mit seinem Stellvertreter, diesem Gronco, zufrieden.«
Wieder das Kopfschütteln. Phil griff ganz langsam zum Telefonhörer. Guigla sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
Der Portier meldete sich.
»Tonio?«, fragte Phil unseren Dolmetscher. »Wie heißt Polizei auf Italienisch.«
»Polizia!«
»Non chiamare la Polizia!«, schrie Guigla dazwischen. »Diro tutto ció ché so.«
»Ich rufe später noch einmal an«, erklärte Phil dem Portier an der Strippe und legte auf.
Aufmerksam sahen wir den kleinen italienischen Gangster an. Guigla schluckte ein paar Mal, dann packte er auch den Rest dessen aus, was er wusste.
Zwar kannte er weder den Aufenthaltsort noch die Wohnung des Hinkers, aber er wusste, wo der Hinker und Gronco sich trafen, wenn wichtige Dinge der Organisation zu besprechen waren. Es handelte sich um das Hinterzimmer eines kleinen Cafés.
»Der Chef kommt immer durch den hinteren Eingang, durch die Via Tondi, während Gronco gewöhnlich den Haupteingang benutzt, der in der Via Redione 14 liegt.«
»Wie oft treffen Sie sich dort?«
»Das ist unbestimmt, aber immer treffen sie sich am 28. jeden Monats. Gronco rechnet an diesem Tage ab, und der Chef gibt ihm das Geld, das er braucht. Ich weiß es genau, weil wir immer am 29. von Signore Gronco das Geld bekommen, das wir im Laufe des Monats verdient haben.«
»Wunderbar!«, rief ich aus. »Heute ist der 26. Übermorgen ist der Zahltag, und wir werden uns bei Signore Gronco einstellen, um seine Kassenführung zu überprüfen.«
»Was willst du dort? Der Hinker geht dich nichts an. Wir sind FBI-Beamte, keine italienischen Polizisten.«
»Ich muss versuchen, ihn breitzuschlagen, bevor er sich überhaupt mit Ihnen unterhält«, warnte Tonio. »Diese neapolitanischen Häuptlinge haben so gut ihre Leibgarde wie eure amerikanischen Bosse, und glauben Sie nur nicht, Cotton, diese Garde wäre weniger gefährlich.«
Ich grinste. »Wenn er mich umlegt, so trübt das das gute Einvernehmen zwischen unseren beiden Regierungen, und so etwas wird Mr. Hinker als guter Patriot doch nicht auf sein Gewissen laden.«
Tonio zuckte die Achseln.
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