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0062 - Der tödliche Zauber

0062 - Der tödliche Zauber

Titel: 0062 - Der tödliche Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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Verschwinden des Amerikaners und seiner Tochter Mercedes. Sein Gesicht blieb ernst und wie aus Stein gemeißelt. Er unterbrach Zamorras Bericht kein einziges Mal, und auch, als Zamorra geendet hatte, schwieg er noch für einige Minuten.
    Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still war es plötzlich im Lager der Zigeunersippe.
    Dann räusperte Ruiz sich laut und vernehmlich.
    »Ich habe euch meine Gastfreundschaft angeboten, und nach dem Gesetz der Zigeuner bin ich deswegen auch für eure Sicherheit verantwortlich. Durch meine Schuld seid ihr in diese Lage gekommen. Einer der euren ist verschwunden, und ich habe es durch mein Schweigen verschuldet. Ich hätte euch viel eindringender warnen müssen. Ich habe es nicht getan. Ihr wolltet, ihr konntet nicht hören. Es ist eine Eigenart der sogenannten zivilisierten Menschen, daß sie nur glauben, was sie auch sehen oder anfassen können. Sie vergessen, daß es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als sich mit dem menschlichen Geist erklären läßt. Heute habt auch ihr es erfahren müssen, obwohl unter euch einer ist, der die Gefahren kennt, denen sich der aussetzt, der sich den Dä- monen aus den fernen Dimensionen der Finsternis entgegenstellt. Ich werde euch helfen, euren Freund wiederzufinden. Wahrscheinlich ist das für mich und meine Leute der Tod, aber ein Zigeuner achtet die Regeln des Gastrechtes. So hört denn genau zu: Eigentlich ist euer Begleiter für immer verloren. Der Schwarze Branko wird ihn freiwillig nicht mehr hergeben. Euch kann in dieser Situation nur einer helfen – Rosario, der Bruder des Schwarzen Branko. Er ist so etwas wie ein Schutzengel unserer Sippe, wenn seine Macht auch beschränkt ist. Auch ihm ist das ewige Leben gegeben, doch er muß seine Jugend nicht auf so schreckliche Art erhalten wie sein verdammter Bruder. Wir müssen versuchen, Rosario aus den unendlichen Fernen der Zeit in die Gegenwart zu holen und ihn um Rat zu fragen. Ich weiß, daß uns das gelingen wird, wenn es auch bisher noch niemand versucht hat. Die alten Beschwörungsformeln sind von Generation zu Generation überliefert worden, doch nie hat jemand den Mut gefunden, seine Sinne forschender Weise nach dem Jenseits auszustrecken. Jetzt, glaube ich, kann man nicht anders. Wenn wir nur eine kleine Chance haben wollen, dann müssen wir Rosario rufen. Ich werde mein Bestes versuchen. Ihr könnt mir dabei nicht helfen. Euch bleibt nur zu hoffen, daß Rosario euch akzeptiert und euch behilflich ist.«
    Nach diesen Worten wandte Delgado Ruiz sich ab.
    Zamorra war beeindruckt von der Ehrenhaftigkeit dieses Mannes.
    Wie konnte man nur Vorurteile gegen diese Menschen hegen?
    Zamorra sandte ein Stoßgebet zum Himmel. Nicole tat es ihm gleich.
    Ruiz gab den Frauen, die auf dem Platz herumstanden, ein Zeichen. Sie wichen vor ihm zurück und gaben den Weg zum Planwagen frei, der Ruiz gehörte. An den reichhaltigen Verzierungen war er zu erkennen.
    Ruiz kletterte auf den Kutschbock. Dort verharrte er und schaute sich noch einmal um. In seinem Blick lag so etwas wie ein endgültiger Abschied. Zamorra wünschte, daß es nicht so wäre.
    Dann gab Ruiz sich einen Ruck. Entschlossen schlug er die Plane beiseite und verschwand im Innern des Wagens.
    Die Frauen hatten sich niedergekniet und die Hände gefaltet.
    Auch die Kinder taten es ihnen nach, wenn sie auch wahrscheinlich nicht wußten, was diese nächtliche Unruhe zu bedeuten hatte.
    Für einige Sekunden war nur das Gemurmel der Frauen zu hören.
    Hinter ihnen standen die anderen Männer des Clans und starrten konzentriert auf den Wagen, in dem der Chef der Sippe sich befand.
    Dann löste sich aus dem Geraune eine klare, männliche Stimme.
    Sie sang etwas in einer Sprache, die uralt sein mußte. Zamorra hatte schon einmal etwas davon gehört, daß die Zigeuner in früheren Zeiten eine ganz eigene Sprache hatten, in der sie sich unterhielten, um von Fremden nicht belauscht werden zu können.
    Die Stimme des alten Ruiz trug weit. Sie klang rein wie die eines Opernsängers.
    Immer wieder deklamierte er eine Zeile, in der der Name Rosarios vorkam.
    Und dann verstummte seine Stimme plötzlich. Die Spannung hatte von allen Besitz ergriffen.
    Keiner wagte zu atmen.
    Der Wagen schien plötzlich unter einer rötlich leuchtenden Lichtglocke zu verschwinden.
    Ruiz schrie noch einmal den Namen dessen, der erscheinen sollte, dann gab es einen Donner, der den Himmel zu sprengen drohte.
    Die Kinder klammerten sich an die Frauen und

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