0062 - Der tödliche Zauber
Fleming…?
Aber nein, das war doch nicht möglich. Es mußte ein Fremder gewesen sein. Und doch, wie hätte ein Fremder in den Wagen eindringen können?
Nicole erinnerte sich an den Anfall, den sie bei Bill im Lager der Zigeuner beobachtet hatte. Irgendwie wirkte er wie verwandelt. Nicole hatte ihn kaum wiedererkannt.
Sollte er sich etwa schon unter dem Einfluß dieses unheimlichen Zigeunerdämons befinden? Fast hatte es den Anschein.
Und wenn Bill der Angreifer gewesen war, dann hatte er sicher auch ein Ziel. Und das war ohne Zweifel die Frau.
Siedendheiß durchzuckte ein Gedanke die Französin.
Bill Fleming kannte sich im Umgang mit den Mächten des Bösen überhaupt nicht aus. Wenn es ihm wirklich gelingen sollte, diese Mercedes Ruiz zu finden, dann schwebte er in höchster Gefahr.
Sie mußte sofort los, ihren Freund Zamorra warnen. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
Sie beugte sich nach rechts, und zog die Beifahrertür zu. Mit einem lauten Knall fiel sie ins Schloß.
Dann ließ sie den Motor an und knallte den ersten Gang rein. Sie ließ die Kupplung mit Vollgas und ruckartig kommen, daß der Wagen einen wilden Satz nach vorn machte. Erde und kleinere Steine wurden von den durchdrehenden Räder hochgeworfen.
In einem rasanten Manöver wendete sie auf dem schmalen Waldweg. Der Wagen ächzte protestierend in den Schweißnähten.
Nicole wollte schon Vollgas geben und mit höchster Geschwindigkeit in das Zigeunerlager fahren, als sie vor sich auf dem Waldweg einen winzigen Lichtschein erblickte.
Es war nur ein Lichtpunkt, der nervös auf und nieder tanzte.
Sie schaltete die Scheinwerfer auf Fernlicht und erkannte den Professor. Die Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, und er machte einen abgekämpften Eindruck.
Mit letzter Kraft schleppte er sich zum Wagen hin, riß die Beifahrertür auf und ließ sich auf den Sitz neben Nicole fallen.
»Es ist alles aus«, war das erste, was er hervorbringen konnte. Sein Atem ging keuchend. Sein Hemd, oder das, was davon noch übrig war, war schweißverklebt.
»Was ist denn los, Zamorra? Hast du Bill nicht getroffen? Er hat sich plötzlich gebärdet wie ein Verrückter, hat mich gewürgt, bis ich bewußtlos wurde, und ist spurlos verschwunden.«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Nicht spurlos. Ich weiß wohin. Doch ihn dort einzuholen oder auch nur wiederzufinden, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Er befindet sich im Moment auf dem Weg ins Jenseits.«
Und er berichtete Nicole Duval, was er erlebt hatte.
Mit vor Entsetzen geweiteten Augen hörte Nicole die grauenhafte Geschichte. Sie wollte, und konnte nicht glauben, was geschehen sein sollte. Bill Fleming ein Opfer des unheimlichen Zigeuner-Dämons!
Zamorra legte einen Arm um sie und versuchte sie zu trösten, obwohl auch ihm nach Weinen zumute war.
»Was können wir denn machen?« fragte Nicole Duval unter heftigem Schluchzen.
Zamorra strich ihr liebevoll mit der Hand über den Kopf.
»Noch ist nicht alles verloren. Wir müssen erst einmal wieder ins Lager der Zigeuner zurück und den alten Ruiz fragen, was er uns verheimlicht. Er hatte doch angedeutet, daß er noch einiges zu berichten hätte, es aber mit Rücksicht auf seine Sippe verschweigen wollte. Irgend etwas gibt es da noch, was uns vielleicht weiterhelfen könnte.«
Zamorra schob sich aus dem Wagen und ging um die Kühlerhaube herum. Nicole rutschte auf den Beifahrersitz, und Zamorra klemmte sich hinter das Lenkrad. Er ließ den altersschwachen Motor aufheulen und fuhr auf dem kürzesten Wege in Richtung Zigeunerlager.
Er hoffte inständig, daß Delgado Ruiz diesmal sein Schweigen brechen möge.
***
Der alte Sippenfürst erwartete sie bereits. Sei es, daß er irgendwelchen Lärm gehört hatte oder vielleicht sogar gewußt hatte, was geschehen würde – jedenfalls stand er vollständig angezogen am Eingang zu seinem Lagerplatz.
Auch in den Nachbarlagern herrschte Unruhe. Der gesamte Lagerbereich der Zigeuner war von Leben erfüllt. Keine Rede mehr von friedlicher Nachtruhe.
Zamorra quälte sich aus dem Wagen. Er half Nicole beim Aussteigen und ging dann auf Delgado Ruiz zu.
»Ich glaube, Sie sollten jetzt endlich einmal die ganze Wahrheit erzählen«, sagte er mit schneidender Stimme.
Er meinte es gar nicht so aggressiv, denn er hatte volles Verständnis für den Mann, der um die Sicherheit seiner ihm Schutzbefohlenen besorgt war.
Zamorra hätte in einer ähnlichen Situation sicherlich genauso gehandelt.
Stumm hörte Delgado Ruiz vom
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