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0062 - Der tödliche Zauber

0062 - Der tödliche Zauber

Titel: 0062 - Der tödliche Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
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schienen fast unter ihren weiten Röcken verschwinden zu wollen.
    Und dann geschah es.
    Mit einem lauten Ratschen riß die Plane des Wagens auf, und eine Gestalt stieg heraus.
    Ein Flimmern umgab sie wie eine Aura.
    Es war ein Mann. Seine Haare waren schlohweiß, sein Gesicht erstrahlte voller Güte und Freundlichkeit, das genaue Gegenteil der Fratze des Schwarzen Branko.
    »Hier bin ich – Rosario – wer hat mich gerufen?«
    Seine Stimme glich dem Donner vorher, doch in ihr lag kein Haß und keine Feindschaft.
    Es war die Stimme eines guten Geistes.
    ***
    Zamorra war fasziniert. Bisher waren die Dämonen, mit denen er zu tun gehabt hatte, immer Vertreter des Bösen gewesen.
    Ihr Erscheinen glich oftmals einem kleinen Weltuntergang, und die Atmosphäre war von Grauen und Angst erfüllt.
    Diesmal jedoch war davon nichts zu spüren. Alles atmete Frieden und Eintracht. In den Augen der Umstehenden stand kein Entsetzen, wie man es vielleicht hätte vermuten können. Auch die Kinder schienen keine Angst zu haben. Ohne Furcht und vertrauensvoll wagten die Mutigsten sich sogar vorwärts und gingen zu Rosario, dem guten Geist der Ruiz-Sippe, hin.
    Mit einem gütigen Lächeln bückte Rosario sich und strich den Kindern über die Köpfe. In seiner Stimme war die innere Bewegung des Geistes deutlich auszumachen.
    »Meine Kinder. Welche Freude für mich, euch noch einmal wiedersehen zu dürfen. Schon oft habe ich gespürt und gewußt, daß ihr in Gefahr seid, doch nie hat jemand von euch den Mut gehabt, mich anzurufen. Nun ist es soweit. Darum – was bedrängt euch? Was läßt euch um Hilfe aus dem Jenseits bitten? Hat der Schwarze Branko, mein unseliger Bruder, wieder seine verbrecherischen Finger im Spiel?«
    Delgado Ruiz war mittlerweile vom Wagen heruntergeklettert.
    Hochaufgerichtet stand er vor dem guten Geist, der ihn noch um Haupteslänge überragte. Und Ruiz war weiß Gott nicht gerade klein von Wuchs.
    »Rosario, ich habe gewußt, daß ich dir gegenüberstehen würde. Doch zu stark, zu aufwühlend ist der Eindruck, den du auf mich hinterläßt. Du, einer der Urväter unserer Sippe. Du hast recht, wir schweben in höchster Gefahr, und nicht nur wir sondern auch Unschuldige, Fremde, die ohne eigenes Verschulden in diese Situation geraten sind. Du bist unsere einzige Hoffnung.«
    Und er erzählte Rosario vom Fluch des Schwarzen Branko und von den schrecklichen Ereignissen des vorhergehenden Tages und der Nacht.
    Rosario hörte sich alles an. Dabei nickte er, als hätte er all das bereits gewußt. Sicher war es so, galten für ihn als Geist doch nicht die Grenzen von Zeit und Raum.
    »Dies dort drüben ist also der Mann, dessen Freund der Schwarze Branko mitgenommen hat?«
    Er wies auf Zamorra, der ein Stück entfernt stand und die Szene vor seinen Augen atemlos verfolgte. Nun trat er ein paar Schritte vor.
    »Ja – ich bin es. Ich bitte dich um deine Hilfe, Vater der Söhne des Windes. Mein Freund ist es, der dem Zauber des Schwarzen Branko zum Opfer fiel und der Tochter des Ruiz folgte. Der unselige Dämon hat beide mit in sein Reich genommen. Vielleicht kannst du mir helfen, ihn wiederzufinden und vielleicht zu retten. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um deine Bedingungen zu erfüllen.«
    Rosario schüttelte den Kopf. Seine schlohweiße Mähne flog.
    »Es gibt keine Bedingungen«, sagte er. »Ich erkenne, daß du nichts Böses im Schilde führst. Ich glaube, du bist es wert, daß man dir hilft.«
    Zamorra senkte demütig sein Haupt. Ein wohliger Schauer der Erleichterung durchrieselte ihn. Nun war er sicher, daß Rosario nicht im Sinn hatte, ihm zu schaden. In ihm wuchs die Überzeugung, seinen Freund bald wiederzusehen.
    Rosario redete weiter, als Zamorra wieder aufschaute.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit. Du mußt in die Vergangenheit reisen, um dort dem Schwarzen Branko gegenüberzutreten. Denn dort kann er nicht ausweichen, er muß sich zum Kampf stellen. Er hat mit Hilfe des Satans, dem er seine Seele vermacht hat, in der Vergangenheit, oder genauer jenseits von Raum und Zeit, ein eigenes Reich aufgebaut. Dieses Reich ist für mich tabu. Als guter Geist bleibt es mir auf ewig verschlossen. Überdies bin ich sein Bruder, und schon allein deswegen könnte ich dem Schwarzen Branko kein Haar krümmen. Dies befiehlt unsere Zigeunerethik. Ein Zigeuner schont seine Familie und verteidigt sie, wo er nur kann und mit allen Kräften. Nur ein Fremder, so wie du zum Beispiel, vermag die lange Reise anzutreten

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