0062 - Der tödliche Zauber
und aus dem er in tiefen Zügen trank.
»Wollt ihr auch etwas?« fragte er zynisch. »Ziert euch nicht. Das ist euer Fest! Ihr sollt euch doch wohlfühlen!«
Wieder ertönte Beifallsgekreisch und Gejohle. Es mußte der Schar ein höllisches Vergnügen bereiten, mit den beiden hilflosen Gefangenen ihr Spiel zu treiben.
Die anderen hatten sich auch niedergelassen. Wo sie gerade standen, hatten sie sich auf den nackten Erdboden gesetzt. Mehrere Krüge kreisten. Es mußte ein teuflisches Gesöff sein, das sich darin befand. Denn sehr schnell stimmten die ersten Berauschten wüste Gesänge an, die von Obszönitäten strotzten.
Die Frauen machten kräftig mit und stellten sich den Männern in schamlosester Weise zur Schau.
Bill Fleming schnitt es ins Herz, wenn er daran dachte, daß sie alle einmal Menschen gewesen waren wie er, die ohne ihr eigenes Verschulden in diese schreckliche Situation geraten waren.
Jemand kam und hängte ihm einen zerschlissenen Brokatmantel um, wie ihn Adlige im Mittelalter bei feierlichen Anlässen zu tragen pflegten. Auch Mercedes Ruiz bekam ein Kleid übergestreift, das sie aussehen ließ wie ein Burgfräulein.
Bill Fleming bekam einen brutalen Stoß in den Rücken und stolperte vorwärts. Man trieb ihn weiter, bis er dicht vor dem Schwarzen Branko stand.
Unwillkürlich kniete er nieder. Eine innere Stimme schien ihm den Befehl dazu gegeben zu haben.
Mercedes wurde herangeschleift. Sie wehrte sich verzweifelt, doch zu viele Fäuste hielten sie fest und rissen sie mit sich.
Endlich kniete sie neben Bill Fleming.
Der Amerikaner tastete nach ihrer Hand. Er fand sie und drückte sie. Dankbar schaute sie ihn kurz an, senkte dann aber den Blick.
Der Schwarze Branko erhob sich.
»Freunde«, hallte seine heisere Stimme über den geisterhaft erleuchteten Platz. »Wir haben uns hier versammelt, um dem Satan ein Fest zu feiern. Mehr noch, zwei Sterbliche dürfen wir für kurze Zeit glücklich machen. Sie werden von mir miteinander vermählt werden.«
Beifall brandete auf.
Der Schwarze Branko fuhr in seiner lästerlichen Rede fort.
»Zu fragen, ob sie sich wollen, brauchen wir sie wohl nicht. Jeder hat schließlich die verliebten Blicke sehen können, mit denen sie sich angeschaut haben. Darum will ich es kurz machen.«
Er tastete mit der Hand zu seiner Stirn und nahm die Kette mit dem Amulett der Ruiz’ herunter.
»In diesem Zeichen sollt ihr heiraten. Und damit jeder sieht, wer euch weiterhin beschützen wird, werde ich euch das Zeichen des Satans einbrennen.«
Jemand packte Bill Flemings Haare und riß seinen Kopf mit brutaler Gewalt nach hinten.
Ungeschützt bot sich dem Dämon die Stirn des Amerikaners dar.
Langsam senkte sich die Hand des Dämons. Das Amulett begann zu leuchten, wurde zu einem gleißenden Lichtfleck, vor dem Bill Fleming die Augen schließen mußte.
Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Immer noch konnte er nicht begreifen, was mit ihm geschah. Immer noch hoffte er, aus diesem Alptraum erwachen zu können und sich in einer normalen und ihm bekannten Umgebung wiederzufinden.
Doch die Hitze, die das Amulett verströmte, und der entstehende Schmerz ließen ihn diesen Gedanken nicht mehr zu Ende denken.
Schon spürte er, wie sich seine Haut kräuselte, wie seine Stirnhaare angesengt wurden.
Gleich, Sekunden nur noch, dann war es soweit, und er würde ein Sklave des Satans sein.
***
Der Wind zerrte an ihren Kleidern. Ihre Haare flogen. Eisige Kälte schnitt in ihre Leiber.
Mit unwiderstehlicher Gewalt wurden Zamorra und Nicole Duval mitgerissen. Rosario kümmerte sich nicht um die Angst, die beide empfinden mußten. Er wußte, daß es für einen Menschen immer eine einschneidende Erfahrung war, wenn er mit dem Unbekannten und Unerklärlichen in Berührung kam.
Zamorra war von tiefem Vertrauen zu dem Geist erfüllt. Nicole hatte ihre Bedenken noch nicht ganz beiseite schieben können.
Trotzdem war sie überzeugt, daß Zamorra wußte, was er tat.
Sie fand sogar Zeit, sich umzuschauen. Die Finsternis, in die sie gestürzt waren, hatte sich in gleißende Helligkeit verwandelt. Nicole blickte in eine unermeßliche Tiefe. Weit hinter sich sah sie die Erde in ihrer gesamten Pracht.
Sie mußten in großer Höhe dahinfliegen. Und dieser Flug würde sie jenseits von Zeit und Raum führen. Nicole konnte es kaum fassen.
Für Zamorra war diese Erfahrung eigentlich nichts Neues. Oft schon hatte er den Weg über die Grenzen der Zeit angetreten. Er hatte gegen
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