0064 - Im Zeit-Gefängnis
vorwurfsvoll. „Probieren geht über studieren. Ich stimme also für Degenhoffs Vorschlag."
„Ich auch", sagte Harras, „obwohl ich davon überzeugt bin, daß irgend etwas die Funkimpulse verändern wird. Entweder schluckt sie die Zeitmauer, oder sie werden derart beschleunigt oder auch verlangsamt, daß niemand sie verstehen kann..."
„Also gut", kürzte Rous die Diskussion ab. „Versuchen wir es."
Degenhoff machte sich an die Arbeit und konnte nach zwei Stunden melden, daß er den Sender in drei Teile zerlegt hatte. Auf die Demontage des komplizierten Empfängers wollte man vorerst verzichten.
Wiederum zwei Stunden später stand der Hypersender funkbereit im Schatten der K-7. Degenhoff wartete auf das Zeichen. Rous erklärte: „An sich recht aussichtslos, weil wir nicht einmal wissen, in welcher Richtung sich die Erde oder andere Empfangsstationen befinden. Sie sehen, Degenhoff, nicht nur die Zeit, sondern auch der Raum bereitet uns einige Sorgen."
„Ich werde den Funkspruch vom Band ablaufen lassen und dabei die Sendeantenne ständig rotieren lassen. So wird jeder Sektor dieser Halbkugel erfaßt. Später müssen wir Sender und Reaktor auf die andere Seite des Planeten fliegen und dort die gleiche Prozedur wiederholen. Nur dann können wir relativ sicher sein, daß unser Spruch irgendwo bestimmt aufgenommen wird."
„Und", fragte Steiner skeptisch, „wie soll der Spruch aussehen?"
Rous nahm einen Zettel aus der Tasche und begann zu schreiben. Steiner sah hinauf in den immer noch bewölkten Himmel, seine Augen suchten den Blitz am Horizont. Er hatte sich noch nicht verändert, und allmählich hatte man sich an ihn gewöhnt. Insgesamt weilten sie also noch keine volle Sekunde auf dieser Welt. Josua, der wieder in der Nähe des verbrennenden Galgenbaumes Wache hielt, hatte vor wenigen Minuten bekanntgegeben, daß bis jetzt das Lichtfenster noch nicht erschienen war. In zwei Stunden würde ihn Noir ablösen. Einer mußte immer dort sein.
Rous hatte einige Verbesserungen am Text vorgenommen, schien aber jetzt mit seinem Werk zufrieden zu sein.
„Ich denke, so geht's", meinte er nicht völlig überzeugt und hielt Degenhoff den Zettel hin. Der Funker nahm ihn und las vor: Hilferuf! Hier Zeitexpedition Marcel Rous! An alle! - Rückweg versperrt, Linsen-Feld-Generator ausgefallen. Position unbekannt: Eigenzeit konstant. - Besatzung der K-7 gefunden. Alles wohlauf. Marcel Rous, Ltn.“
Steiner nickte.
„Feiner Spruch - wenn ihn jemand hört."
Degenhoff winkte fast ärgerlich ab. „Es wird ihn jemand hören, glauben Sie mir. Und wenn diese Druuf ihn aufnehmen, wird es einige Zeit dauern, bis sie ihn so verlangsamen, daß sie ihn akustisch wahrnehmen können. Damit ist aber nicht gesagt, daß sie ihn auch entziffern werden. Und was die Arkoniden angeht - wenn die ihn hören, wird auch Rhodan davon erfahren."
Rous machte eine ungeduldige Bewegung. „Worauf warten Sie eigentlich noch. Degenhoff?"
Steiner sah hinter dem Funker her und kniff die Augen zusammen. Als er sich mit Harras und Rous allein glaubte, sagte er grimmig: „Sagen Sie, Leutnant, sind Sie eigentlich wirklich davon überzeugt, daß der Funkspruch einen Sinn hat?
Glauben Sie wirklich, daß er die Zeitmauer durchbricht? Mir gegenüber brauchen Sie keine Rücksicht zu nehmen. Ich kann die Wahrheit vertragen."
Rous warf dem Physiker einen prüfenden Blick zu. Dann lächelte er kalt.
„Ehrlich, Steiner ich weiß es nicht. Ich kann somit Ihre Frage weder mit ja noch mit nein beantworten. Was hier antworten kann, ist die Zeit."
„Und die", sagte Harras gelassen, „läßt sich Zeit."
„Ich will Ihnen einmal etwas sagen, Leutnant. Wir haben noch eine andere Hoffnung, wenn der Sender versagt. Ich gebe zu, es ist eine verrückte Hoffnung aber sie ist gut fundiert und basiert keineswegs auf bloßen Vermutungen oder vagen Spekulationen. Wenn gar nichts klappt und wenn niemand uns holen kommt, dann werden wir die K-7 zerlegen und einzeln aus dem Zeitgefängnis befreien. Ist sie wieder zusammengebaut, besitzen wir ein flugtüchtiges Raumfahrzeug, das unseren Zeitgesetzen gehorcht. Ich gehe jede Wette ein, daß wir damit die Erde finden werden."
„Ja, vielleicht werden wir die Erde finden - hoffentlich aber ist es dann keine Erde, auf der man uns bereits vergessen hat, weil inzwischen einige Jahrtausende vergingen."
Steiner gab keine Antwort. Er kniff lediglich die Augen erschrocken zusammen, zögerte einige Sekunden und ging dann davon. Am
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