0064 - Sieben standen gegen uns
sein Glas in die Hand nahm und schüttelte, dass die Eiswürfel an das Glas klapperten, »du wirst heute Abend in die Levery Sunction Bar gehen. Ja, allein. Irgendwann zwischen neun und ein Uhr wird dort dieser Mann auftauchen.«
Er warf ihr ein Foto auf den Tisch.
Ann betrachtete es neugierig. Es war das Brustbild eines etwa fünfzigjährigen Mannes, der ein energisches Kinn und etwas zu feiste Wangen hatte. Sonst war er eine der üblichen Erscheinungen des erfolgreichen Businessman.
»Und?«, fragte Ann gespannt. Sie spürte, dass jetzt die Gegenforderung für die vielen Geldgeschenke, die sie von Joe angenommen hatte, präsentiert wurde.
»Dieser Mann fühlt sich sehr einsam«, sagte Joe, als spräche er wie ein Arzt von einem Patienten. »Er sucht eine Freundin. Vielleicht sogar eine Frau zum Heiraten, so genau hat er sich nicht geäußert. Du wirst das beste Abendkleid anziehen, das wir gekauft haben. Du wirst auf jeden Fall die Bekanntschaft dieses Mannes machen, klar? Wie du das anstellst, ist deine Sache.«
In Ann erwachte etwas von dem alten Trotz und dem Selbstgefühl, mit dem sie vor ihrer Vorstrafe die Männer beherrscht hatte.
»Und wenn ich nicht will?«, fragte sie.
Joe stand auf. Seine Lippen waren zwei schmale Striche. Er ging langsam auf sie zu. Ann wich ängstlich vor ihm zurück. Plötzlich spürte sie zwei harte Schläge auf ihren Wangen brennen.
»Merk dir eins«, sagte Joe gleichmütig. »Du tust, was ich dir sage. Der Hudson ist tief, und du wärst nicht die erste Leiche, die von der Hafenpolizei aus dem Wasser gefischt wird.«
Ann hielt sich die brennenden Wangen. Tränen der Wut stiegen in ihre Augen.
»Du wirst also diesen Mann kennenlernen«, fuhr Joe ungerührt fort. »Gib dir alle Mühe, aber es wird leicht sein! Mach ihn so in dich verliebt, dass er den Kopf verliert, wenn er dich nur von Weitem sieht! Er muss völlig in deine Hand geraten. Er muss dir verfallen sein! Klar?«
Er sah sie aus seinen zusammengekniffenen Augen an.
Ann nickte gegen ihren Willen. Verwundert spürte sie, dass sie selbst diesem Mann bereits völlig verfallen war. Im Grunde würde sie immer tun, was er von ihr verlangte.
Joe setzte sich auf die Lehne ihres Sessels und strich ihr leise über das gepflegte Haar. Ein Beben lief durch Anns Körper. Sie sah das triumphierende Lächeln nicht, mit dem Joe sie von oben her betrachtete. Er wusste, wie er sich diese Frau gefügig zu halten hatte…
»Du wirst niemals von ihm irgendein Geschenk annehmen«, sagte er leise. »Er muss dich für die Anständigkeit in Person halten. Richte dich danach! Und jetzt lass uns das Geschäftliche vergessen…«
Er stellte sein Whiskyglas auf den Tisch.
***
Anfang Juni fuhr Buck Joe mit seinem Chrysler zur Central Station. Auf dem größten Bahnhof der Welt herrschte der übliche Betrieb. Tausende von Reisenden eilten kreuz und quer durch die große Halle.
Joe warf einen Blick auf die Ankunftstafel der Fernzüge und suchte dann die Sperre für den entsprechenden Bahnsteig auf.
Er steckte sich eine lange Virginia an und wartete, indem er sich mit dem Rücken gegen die Seitenwand eines Zeitungskiosks lehnte. Nach ungefähr vier bis fünf Minuten hörte er, wie der Pazifikexpress donnernd in die Halle fauchte. Bremsen quietschten und Türen schlugen. Die ersten Reisenden liefen eilig zur Sperre.
Fast am Schluss der langen Menschenschlange, die sich langsam durch die Sperre schob, standen zwei Männer von etwa fünfunddreißig Jahren. Sie waren modisch gekleidet und trugen beide schwere Koffer.
Nachdem sie ihre Fahrkarte abgegeben hatten, ging Joe auf sie zu. Sie stellten ihre Koffer ab und schüttelten ihm die Hände.
Jean Pairelle, ein Berufsgangster französischer Abstammung, und Lucky Buray, Spezialist für Tresorschlösser aller Art, waren eingetroffen. Joe Collins hatte seine Mannschaft zusammen. Nun ging es ins zweite Stadium der Vorbereitungen…
***
Mister Robert L. Dors war nun seit acht Jahren Chief Manager der General Steel and Transport Company. Die GSTC hatte außer einigen Zweigbetrieben, die über fast sämtliche Staaten der USA verstreut lagen, große Fabrikanlagen und Verwaltungsgebäude in der 53. Straße.
Es gab insgesamt sechs Zugänge zum GSTC-Komplex, von denen die beiden wichtigsten Tore auf die 53. Straße mündeten. Durch das erste Tor gelangte man zum Hauptverwaltungsgebäude, das ein moderner Büro-Hochhausbau war. Im ersten Stock saß Dors an einem repräsentativen Schreibtisch aus
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