0065 - Gefangen in der Mikrowelt
mich davor.
Dann lieber ein schneller Tod…
Aber das hatte Belphegor wohl auch nicht vor, da er seinen Triumph erst noch voll auskosten wollte. In mir glühte ein wahnsinniger Hoffnungsfunke, daß ich es vielleicht doch noch schaffte. Eventuell gab es noch eine Chance.
Aber wer wußte alles, daß Suko und ich uns hier unten unterhalb des Louvre-Kellers befanden?
Eigentlich keiner. Jane Collins? Konnte sein. Ihr war bekannt, daß ich nach Paris geflogen war. Wie aber sollte sie auf den Gedanken kommen, mich hier zu suchen?
Nein, da war nichts drin.
»So, John Sinclair«, vernahm ich wieder die Stimme des Dämons. »Jetzt fangen wir mit unserem Spielchen an.«
Ich drehte den Kopf und erwartete, daß seine Hand kommen würde, um mich hochzuheben. Sie kam nicht. Statt dessen gelangte etwas anderes in mein Blickfeld. Etwas aus Stahl, das aufblitzte, als es von einem Lichtstrahl getroffen wurde.
Weit riß ich die Augen auf.
Das Unbekannte flößte mir Angst ein, da ich es nicht identifizieren konnte.
Dann war es da.
Ich sah zwei lange, in der Nähe der Spitze geriffelte Stahlspangen, die dicht vor meinem Körper auseinandergebogen wurden, und plötzlich wußte ich, was es war.
Eine Pinzette!
Belphegor wollte mich mit einer Pinzette hochheben.
Er zögerte nicht. Bevor ich mich noch versah, klemmten die beiden Backen des Instruments um meinen Körper, und im nächsten Moment wurde ich hochgehoben.
Ich verhielt mich ruhig, strampelte nicht mit Armen und Beinen, sondern senkte den Kopf und schaute nach unten. Dort schwebten die Gesichter der Zwerge. Blicke verfolgten mich. Ich sah das Grinsen auf den Lippen und schloß die Augen.
Belphegor machte eine etwas zu schnelle Handbewegung, und mir wurde schwindlig.
Der Dämon schaffte mich zu dem großen Labortisch. Dort standen unter anderem auch zwei Erlenmeyerkolben, jene Gefäße, die einen relativ schmalen Hals besitzen, sich nach unten jedoch verbreitern und durch die große Grundfläche eine sichere Standfestigkeit haben.
Schon schwebte ich über der Öffnung.
Belphegor lachte. Dann sagte er: »Jetzt!«
Die beiden Pinzettengriffe sprangen auseinander. Ich rutschte heraus und fiel.
Schräg glitt ich durch die Öffnung, streckte sofort die Arme aus, um mich irgendwo an der Glaswand abzustützen, damit ich nicht mit voller Wucht auf dem Grund landete.
Es gelang mir nur halb. Die Aufprallwucht war so stark, daß ich nach hinten kippte, mich fast überschlug, mich aber dennoch etwas abstützte und ziemlich unbeschädigt auf dem Hosenboden landete.
Da saß ich nun.
Ich konnte bequem durch die Glaswand schauen und sah das zu einem höhnischen Triumph verzerrte Gesicht des Dämons.
Belphegor lachte.
Sein Gesicht floß dabei förmlich in die Breite, und in mir stieg die kalte Wut hoch.
Er klopfte mehrmals mit dem langen Fingernagel gegen die Glaswand. Die Geräusche donnerten in meinen Ohren, und ich zuckte unwillkürlich zurück, was bei Belphegor einen weiteren Heiterkeitsausbruch zur Folge hatte. Dann aber wandte er sich ab und ging wieder auf die beiden Tragen zu.
Suko wurde geholt.
Wie ich zappelte auch er zwischen zwei Pinzettenarmen. Aber diesmal hielt nicht Belphegor die Pinzette, es war Shao. Ihr bereitete es ebenfalls eine diebische Freude, ihren ehemaligen Freund so leiden zu sehen. Sie sprach sogar mit ihm. Leider konnte ich nicht hören, was sie ihm alles sagte. Komplimente waren es sicherlich nicht.
Für Suko stand der zweite Erlenmeyerkolben parat. Als er über der Öffnung schwebte und die zwergenhafte Shao ihn fallen lassen wollte, spreizte Suko blitzschnell Arme und Beine und konnte sich so mit seinen kleinen Händen am Glasrand festklammern.
Ich lächelte. Gleichzeitig durchströmte mich ein warmes Gefühl, daß man ruhig als Hoffnungsfunken bezeichnen konnte.
Suko hatte noch nicht aufgegeben. Der Chinese war der alte Kämpfer geblieben.
Und das freute mich.
Shao jedoch weniger.
Sie nahm die Pinzette und bog damit Sukos Finger zurück. In mir schoß die Wut wie eine Flamme hoch, so hilflos mit ansehen zu müssen, was mit meinem Freund geschah.
Suko konnte sich nicht mehr halten. Er rutschte ab und fiel. Der winzige Chinese überschlug sich in der Luft, fing sich jedoch und rollte geschickt über die Schulter ab, als er zu Boden prallte.
Dann stand er auf, schaute nach oben, hob den Arm und schüttelte drohend die Faust, worüber Shao und ihr Herr Belphegor sich köstlich amüsierten.
Suko ließ den Arm sinken und drehte sich so,
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