0065 - Schräge Töne - falsche Noten
des Kellners, der Awall bedient hatte, und der genau angab, was der Manager getrunken hatte. Nur ein Vollmatrose wäre danach noch leidlich nüchtern gewesen.
Ich dachte über diese Aussagen ziemlich intensiv nach, und je länger ich darüber nachdachte, desto merkwürdiger kam mir Reis Awalls Verhalten vor.
»Gesetzt dem Fall, du wärst ein Falschgeldhändler, Phil«, fragte ich den Freund. »Du hieltest dich in San Francisco auf, gingst in ein Nachtlokal und bekämst einen Anruf, eine Warnung, dass das FBI in New York dein Verteilungssystem erkannt und hochgenommen hat. Würdest du die Nerven haben, in die Bar zurückzugehen, um dir das Programm weiter anzusehen und dazu noch eine Menge Alkohol zu dir nehmen?«
»Ich würde Vielleicht noch ein paar Drinks auf den Schreck trinken«, antwortete Phil, »aber ich würde mich bestimmt nicht mehr für die Show interessieren.«
Ich schlug mit der flachen Hand auf die Protokolle.
»Das hier aber beweist, dass Awall nach dem Anruf, den wir für eine Warnung halten, sich ruhig wieder auf seinen Platz gesetzt hat. Und als er endlich das Bay Moon verließ, da fragte er den Portier, wo es sonst noch etwas zu sehen gäbe. Merkwürdiges Verhalten für einen Mann, der auf der anderen Seite sich nicht einmal so viel Zeit nimmt, um sein Gepäck aus dem Hotel zu holen.«
Phil las aufmerksam die Protokolle. Er las lange und gründlich. Dann sagte er: »Man müsste selbst nachsehen.«
»Wir fahren nach Frisco«, beschloss ich.
***
San Francisco kannte ich fast so gut wie New York. Phil und haben hier mehr als einmal einen Einsatz gehabt.
Der Kollege, der die Nachforschungen bearbeitete, hieß Astor Dentel. Natürlich war er ein klein wenig beleidigt, dass wir selbst nachsehen kamen, aber persönliche Gefühle zählen bei unserer Arbeit nicht.
Selbstverständlich waren die Polizei- und FBI-Dienststellen und auch die Banken von dem Auftauchen falscher Fünfdollar-Noten benachrichtigt worden. Nur auf eine Informierung der Bevölkerung hatten wir bisher verzichtet.
»Dieser Awall, der hier bei uns verschwunden ist, soll also der Hauptakteur sein?«, erkundigte sich Dentel.
»Jedenfalls eine wichtige Figur im Spiel. Ohne ihn kommen wir im Augenblick nicht weiter.«
»Jedenfalls sind bei uns bisher noch keine falschen Noten aufgetaucht.«
»Dentel, wir möchten die Wege von Reis Awall in San Francisco noch einmal eingehend nachprüfen. Wollen Sie uns bitte behilflich sein?«
»Aber selbstverständlich.«
Im Laufe der nächsten vierundzwanzig Stunden hatten wir eine Menge Unterredungen mit Leuten, die irgendwie und irgendwo mit Awall in Berührung gekommen waren, angefangen vom Direktor des Frazer Theaters, mit dem er wegen eines Gastspieles der Cough-Band ganz wie ein ordentlicher Manager verhandelt hatte, bis zu den Kellnern, die ihn bedient hatten.
Es kam nichts Besonderes dabei heraus. Kollege Dentel verstand sein Handwerk nicht schlechter als wir, und die Leute wiederholten im Wesentlichen ihre Aussagen.
Der letzte Gegenstand unseres Interesses war der Portier des Bay Moon, der Mann, der Awall zuletzt gesehen und der über ihn die Dinge berichtet hatte, die uns stutzig machten.
Auch der Portier wiederholte seine Aussage, und ich war daran aufzugeben, als Phil, der eifrig im mitgebrachten Dentel-Protokoll blätterte, fragte: »Sie haben bei Ihrer ersten Vernehmung ausgesagt, dass es Ihnen nicht recht gelang, dem Gesuchten in das Taxi zu helfen, weil das Taxi sehr schnell anfuhr. Können Sie uns das näher beschreiben?«
Er kratzte sich den Kopf, was ein vornehmer Portier eigentlich nicht tun sollte.
»Tja, wie soll ich das erklären. Also ich pfiff auf meiner Trillerpfeife, und sofort war auch das Taxi da. Es bremste sehr hart. Ich öffnete die Fondtür mit einer Hand. Der Herr bückte sich, um einzusteigen. Sie wissen, er war ein wenig betrunken und unsicher auf den Beinen. Ich schob mit der anderen Hand nach. Da ruckte das Taxi auch schon wieder an, und mehr durch das Anfahren fiel der Herr in die Polster als durch meine Hilfe. Ich konnte gerade noch die Tür zuwerfen, aber dabei war der Wagen schon in Fahrt. Der Herr konnte mir nicht einmal mehr ein Trinkgeld geben, er hatte allerdings schon vorher…«
»Ist das üblich, dass Taxifahrer in dieser Form handeln?«, bohrte Phil weiter.
»Nein, eigentlich nicht. Wissen Sie, Sir, die Taxifahrer und wir Portiers, wir sind im Allgemeinen gut befreundet. Wir leben ja beide von den Nachtbummlern und ein Taxifahrer, der
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