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0067 - Der Teufelskrake

0067 - Der Teufelskrake

Titel: 0067 - Der Teufelskrake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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kleinen Insel. Oft sagten die Leute, daß er sein Gehalt umsonst bekam. Denn nie geschah etwas, nie ereignete sich etwas, das mit einem Vergehen oder gar einem Verbrechen zu tun hatte.
    Der Polizist Paolo war auch nur selten in seiner Carabinieri-Uniform zu sehen. Meist half er den Fischern beim Zubereiten der Beute, und oft fuhr er sogar mit ihnen hinaus zum Fang.
    Paolo war der einzige auf Lenone, der ein Telefon besaß. Aus dienstlichen Gründen, wie es hieß. Aber es wurde im Monat höchstens dreimal benutzt.
    Der Polizist wohnte an der niedrigsten Stelle der Insel, hinter dem einzigen schmalen Streifen vom Sandstrand.
    Luigi Tresi lief vor Cristina her und erreichte das kleine, armselige Häuschen des Mannes als erster. Er klopfte mehrmals, und er mußte lange warten.
    Endlich schlurfte der Polizist heran, öffnete die Tür.
    »Du, Tresi? Es ist noch nicht neun Uhr, hör mal! Was störst du mich?« fragte der Mann verschlafen.
    Luigi Tresi sah ihn durchdringend an.
    »Mußt dich anziehen, Paolo. In Uniform. Schnell.«
    »Was is’ los, Alter?«
    »Am Strand unten.«
    »Was da?«
    »Leichen. Zwei Stück.«
    »Unsinn!«
    »Hab ich selbst gesehen mit Cristina.«
    »Leichen, was? Sind zwei Leute ertrunken, was?«
    »Nein, Paolo! Mord!«
    »Waaas?«
    »Sind die Söhne vom Corina, mein Nachbar, du weißt. Sind Carlo und Francesco.«
    »Gemordet?«
    »Gemordet, Paolo, sag ich. Mußt kommen, sofort.«
    »Es ist wahr, was du sagst, Tresi?«
    »Ist wahr. Ich schwör’s bei der Jungfrau und dem Schutzpatron der Fischer.«
    »Dann ist’s wahr. Dann muß ich erst den Commissario anrufen, in Taormina. Dann komm ich. Dann werden wir sehen. Wenn es Mord ist, müssen die Leichen liegenbleiben. Keiner rührt sie an. Sag’s Cristina und den Weibern bei euch.«
    »Si, Paolo, Beil dich.«
    Der Polizist lief ins Haus zurück und wählte die Nummer des Kommissariats in Taormina.
    Dann folgte das Gespräch, dessen Zeuge Zamorra wurde, als er mit Nicole Duval sich im Büro Cesare Trudellos befand.
    Als er mit Nicole das Mietboot im Hafen unten bestieg, hatte der Commissario einen Beamten der Kriminalpolizei beauftragt, mit einem Boot der Küstenwache nach Lenone zu fahren.
    Das Polizeiboot mit dem Beamten war eher vor der Insel angelangt als Zamorra, dessen Motorboot zwar sicher und ziemlich schwer war, aber bei weitem nicht die Geschwindigkeit der schnellen Küstenboote erreichte.
    Als er mit Nicole den Strand hinaufging, sah er, wie der Beamte das erste Protokoll aufnahm.
    ***
    Eine kleine Menschengruppe bildete einen Halbkreis um die beiden Leichen. Es waren Luigi Tresi und Cristina, ferner Luca Borella mit seinen Söhnen Petro und Filipo, und am hintersten Ende, für Zamorra zunächst unsichtbar, der alte Corina mit Giovanni, Federico und Piero.
    Den Frauen hatte man befohlen, in den Häusern zu bleiben. Nur Cristinas Anwesenheit wurde von den Männern geduldet, weil sie bei der Entdeckung der Toten zugegen gewesen war.
    Beim Näherkommen hörte Zamorra immer wieder die rauhe, anklagende Stimme eines Mannes.
    Es war Enrico Corina, der unablässig den einen Namen ausrief.
    Cirelli!
    Zamorra überlegte. Er glaubte, diesen Namen schon gehört zu haben. Aber es fiel ihm nicht ein, in welchem Zusammenhang das gewesen war.
    In gebührendem Abstand blieb er vor der Gruppe stehen. Zunächst war er der Fremde für die Inselbewohner. Er durfte sich nicht aufdrängen. Außerdem hörte er, wie der alte Mann, den er jetzt erkennen konnte, auf die Fragen des Beamten Auskunft gab.
    »Und die Insel war also verschwunden?« fragte dieser gerade.
    »Si, Capitano«, sagte Corina respektvoll. Er glaubte, in dem jungen Beamten den Chef der italienischen Sicherheitsbehörde persönlich vor sich zu haben. »Si – wie von der Oberfläche des Wassers verschwunden. Und dann kam der Strudel… und dann kamen die Boten der Hölle, Signor.«
    »Langsam, Signor. Sie sahen eines dieser sagenhaften Tiere im Wasser auftauchen?«
    »Kein Tier, Signor! Es war Cirelli, der Mann, der sich Professor aus Palermo nennt! Und er hat sie zu Tode gequetscht, meine armen Söhne! Er hat ihnen das Leben ausgeblasen… Rache, sage ich, Capitano! Rache! Sie müssen das Boot finden und vernichten. Oder wir werden es selbst tun, Signor! Wir werden den Tod der Söhne rächen, den Tod der Tresi und der Corina! Das schwöre ich bei der Madonna und allen …«
    »Das sollten Sie unterlassen, Signor Corina!« sagte der Beamte. »Es muß erst eine Untersuchung eingeleitet werden. Noch

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