0067 - Der Teufelskrake
ausgiebig und gut gespeist und lag auf der Sonnenterrasse vor ihrem gemieteten Appartement.
»Sieh an!« sagte Zamorra. »Die Wissenschaft ruht aus, und die Parapsychologie muß allein arbeiten.«
»Daran hast du selbst schuld«, gab Bill Fleming zurück. »Du könntest ja auch ausruhen, großer Parapsychologe und Dämonenjäger, wenn du so exakt vorgehen würdest wie wir Wissenschaftler. Dann würde man eure Kunst der Erforschung des Übersinnlichen längst überall als Wissenschaft anerkennen.«
»Unsere Art ist so exakt wie eure von der historischen Logik, verehrter Freund und Meister«, gab Zamorra im kritischironischen Ton zurück.
»Sag mir deine Probleme, und ich gebe dir die Lösung«, schlug Bill Fleming vor.
Nicole machte sich daran, ein paar Drinks zu mixen, die von den Herren der Schöpfung mit Beifall entgegengenommen wurden.
»Also«, begann Zamorra und ließ sich in einem Sessel nieder. »Da sind ein paar tote Fischer. Und da ist ein Professor aus Palermo. Der ist ein Meeresforscher und hat ein Labor unter Wasser, und ein kleines U-Boot hat er auch. Und die Fischer meinen, daß er ein Mitglied der Maffia ist und ihren Tod wünscht.«
»Weiter«, sagte Bill Fleming und nippte an seinem Drink.
»Und dann ist eine andere Komponente im Spiel. Es ist zwar nicht von der Hand zu weisen, daß dieser Cirelli – so heißt der Mann aus Palermo – aus irgendeinem Grunde einen Haß auf die Fischer hat. Sei es, daß sie ihn in seiner Arbeit stören, sei es, daß da eine dieser undurchsichtigen Familienfehden der Sizilianer im Spiele ist. Frage mich nicht – ich weiß keine Antwort darauf.«
»Und – oder – aber?« machte Bill Fleming.
Zamorra lächelte über diese seltsame Zusammenstellung einer Frage. Aber er wußte, worauf sein Freund hinauswollte.
»Du vermutest ganz richtig, wenn ich an eine ganz andere Möglichkeit denke. Wir müssen annehmen, daß einer dieser Fischer von Lenone beim Tauchen einen dieser Riesenkraken gesehen hat. Natürlich mußte er dieses gewaltige Biest für einen Abgesandten der Hölle halten. Die Fischer tauchen manchmal nach seltenen Muscheln. Sie verkaufen die Schalen der Tiere als Souvenirs an die Touristen. Und beim Tauchen ist einer auf einen Kraken gestoßen.«
»Weiter«, sagte Bill Fleming nur.
»Er hat ihn angegriffen, weil er sich mit Messer oder Harpune überlegen fühlte.«
»Weiter.«
»Ganz einfach, Bill. Er ist dem scheußlichen Tier unterlegen. Er hat nicht mit der Kraft eines Riesenkraken gerechnet. Er hat ihn zerquetscht, wie du eine gekochte Kartoffel mit einer Hand zu Mus drücken kannst. So kann es gewesen sein.«
»Oder auch nicht, Zamorra.«
Der Professor sah fragend auf den Freund und wartete.
»Deine Erklärung leuchtet ein. Aber nur bis hierher«, fuhr der Amerikaner fort. »Andernfalls müßtest du mir erklären, wie die Kraken sich zu einem regelrechten Krieg organisieren. Danach sieht es doch einwandfrei aus, nicht wahr? Ich sehe ein, daß ein angegriffener Krake sich wehrt – und wohl auch meistens Sieger bleibt. Aber was ich bis jetzt gehört habe, ist doch der Beginn einer regelrechten Ausrottung der Fischer von Lenone, nicht wahr? Nun nur die Frage: wie kommen diese Bestien dazu, die Vernichtung fast planmäßig, so richtig systematisch, zu betreiben?«
»Dies ist auch meine Frage«, gab Zamorra zu. »Und bis jetzt weiß ich keine Antwort darauf.«
Bill Fleming sah seine Stunde gekommen.
»Also, bitte, Zamorra. Und nun meine Antwort. Du kannst die Theorie von Cirellis Täterschaft nicht von der Hand weisen. Ich nehme an, daß du den Riesenaufwand, mit Unterwasserstation und U-Boot und dem ganzen Kram, für zu aufwendig hältst. Die Maffia hat andere, schnellere und durchschlagendere Mittel.«
»Und?« fragte Zamorra gespannt.
»Möglichkeit Nummer zwei. Die Fischer sind wirklich auf Kraken gestoßen und von ihnen zerquetscht worden. Dies halte ich schon für möglicher, weil man ja um den Aberglauben bei diesen südlichen Typen weiß. Ein Donner ist ein Machtwort Gottes, und eine gelbe Katze übern Weg heißt Schwindsucht oder was weiß ich.«
»Und?« machte der Professor.
»Ich sage dir meine Lösung, mein Freund.«
»Ich höre.«
»Weder dieser Cirelli noch die Kraken haben die Fischer auf dem Gewissen.«
»Und wer sonst?«
»Die Natur«, sagte Bill Fleming.
»Du meinst die See?«
»Natürlich. Mit allem, was zu ihr gehört. Die Fischer sind kühn bis zur Unvorsichtigkeit. Ich gebe zu, daß ein Taucher auf Kraken
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