0067 - Zwischen 1000 Tonnen Dynamit
Wenn mir Phil durch die Blumen zu verstehen gibt, daß er mich augenblicklich für unintelligent hält, dann hat er meistens etwas vor.
»Ach?« murmelte ich. »Er ist unintelligent?«
Phil nickte todtraurig. »Leider. Stell dir vor, letztens sollte er eine ziemlich harmlose Geschichte aufklären, meinst du, er wäre dahintergekommen?«
»Was für eine Geschichte war es denn?«
»Ach, irgendwo in einer Dynamitfabrik hatte man angeblich ein paar Kilo Dynamit gestohlen.«
»Und dein Freund konnte es nicht aufklären?«
»Nein. Weil er von völlig falschen Voraussetzungen her an die Geschichte heranging.«
»Nämlich?«
»Er glaubte, daß das gestohlen gemeldete Dynamit auch wirklich gestohlen worden wäre!«
»War es das nicht?«
»Nein. Ich glaube, es ist niemals Dynamit gestohlen worden. Das Finanzamt machte eine Prüfung der Bücher. Wahrscheinlich hat man illegale Verkäufe getätigt, die man in den Büchern irgendwie erklären mußte, als das Finanzamt auftauchte. Da kam man auf die Idee, eine Anzeige wegen Diebstahls zu erstatten. In der Hoffnung, das Finanzamt würde auf den Schwindel hereinfallen.«
Ich stutzte. Offen gestanden, kam mir diese Möglichkeit selbst nicht ausgeschlossen vor. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, daß Geschäftsleute aus irgendwelchen Gründen bei sich Einbrüche fingiert hätten. Gerade als ich zu einer nachdenklichen Erwiderung ansetzen wollte, klingelte bei uns das Telefon.
Phil griff zum Hörer und meldete sich. »Ja«, sagte er. »Geben Sie mir das Gespräch in die Leitung! Ich nehme es an. Wir bearbeiten die Sache.«
Er schwieg eine Weile urid nickte nur ein paarmal. Dann sagte er: »Gut. Wir kommen sofort. Sie unternehmen nichts weiter, lassen Sie alles so, wie es ist, wir werden alles Notwendige an Ort und Stelle selbst veranlassen.«
Sein Gesicht war etwas bleicher geworden, als er den Hörer auflegte. »Ich glaube, meine Theorie mit dem Finanzamt und dem fingierten Einbruch war pure Idiotie«, sagte er leise. »Heute morgen fand man den Lagerverwalter Tom Boom ermordet im Lager!«
***
Wir hetzten hinab in den Hof und sprangen in meinen Jaguar. Ich schaltete die Polizeisirene ein und jagte den Wagen mit höchstmöglicher Geschwindigkeit durch die Straßen der City. Die Sirene verschaffte uns eine freie Fahrbahn.
Da die Fabrik ziemlich weit außerhalb des Stadtgebietes lag, hatten wir eine lange Fahrt vor uns. Wir kamen gegen halb zehn am Tor der Fabrik an.
Gregor Haskvich, Istar Haskvich und ein paar andere Leute standen blaß und nervös vor dem Pförtnerhaus und hatten offensichtlich auf uns gewartet.
Ich fuhr den Wagen in eine Ecke neben dem Pförtnerhäuschen, stoppte ihn, und wir stiegen aus. Die beiden Haskvichs waren uns schon nachgekommen.
»Wo liegt der Tote?« fragte ich.
»Dort - in der Halle - wir haben…« stotterte Gregor Haskvich.
Ich winkte ab: »Schon gut. Wir sprechen über alles nachher.«
Phil und ich gingen auf das große Metalltor zu. Phil zog eine Lupe aus der Hosentasche und untersuchte das Schloß.
»Nein«, murmelte er leise. »Dietrich oder Nachschlüssel ziemlich ausgeschlossen. Nicht die leisesten Kratzer.«
Ich zog mein Taschentuch heraus und legte es mir über die Fingerspitzen der rechten Hand. Vorsichtig berührte ich den Griff der Tür und zog sie auf. Sicher hatte sie heute morgen beim Aufschließen schon jemand berührt, aber es konnten trotzdem noch Fingerabdrücke vorhanden sein, die auf den oder die Täter schließen ließen. Die wollte ich nicht verwischen, indem ich meine eigenen Prints darüberdrückte.
In der Halle brannten sämtliche Lampen, obgleich durch die Fenster ausreichend Tageslicht hereinkam. Ungefähr 15 Schritte von der Tür entfernt sahen wir die große Blutlache, in der Tom Boom lag.
Wir standen auf der Schwelle und sahen uns schweigend an. Phil hatte bereits wieder seine Lupe in die Hand genommen. Einen Augenblick lang zögerte ich, dann hatte ich mich entschieden.
»Nein«, Sagte ich hart. »Ich rufe nicht die City Police. Ich rufe unsere eigene Mordkommission. Der Fall bleibt in den Händen des FBI!«
Phil atmete tief aus. »Jawohl«, sagte er grimmig. »Das wollte ich dir auch geraten haben. Ruf du sie an! Ich sehe mich um.«
Ich nickte wortlos und ging zurück. Haskvich trat mir in den Weg. Ich hob abwehrend die Hände.
»Keine Zeit jetzt. Wo kann ich telefonieren?«
»Bei mir oder beim Pförtner.«
Die Pförtnerbude war näher. Ich lief hin und riß die Tür auf. Ein Pförtner
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