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0069 - Der unheimliche Bogenschütze

0069 - Der unheimliche Bogenschütze

Titel: 0069 - Der unheimliche Bogenschütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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war zehn Minuten vor der Tageswende, als er losradelte. Schimpfend, denn die Schmach wollte er dem Wirt heimzahlen, das hatte er sich fest vorgenommen.
    Quietschend setzte sich der alte Drahtesel in Bewegung. Das Hinterrad war fast platt. Doch zum Pumpen war Spider zu faul.
    Der Weg war nicht gerade sehr breit. Trotzdem fuhr Spider Schlangenlinien. Er eierte auf seinem Drahtesel daher, daß er dabei an einen Star aus der Stummfilmzeit erinnerte. Man konnte darauf warten, daß er aus dem Sattel kippte.
    Doch das geschah nicht. Freund Spider hatte schon Routine. Er fuhr ja nicht zum erstenmal betrunken. Wenn er sich auch kaum auf den Beinen halten konnte, im Sattel blieb er immer.
    Besoffen fahre ich wie ein junger Gott, so lautete seine Devise. Die meisten glaubten es ihm auch.
    Als die kleine Steigung begann, wurde es schwierig. Die konnte Spider nicht nehmen und dabei im Sattel bleiben. Er mußte runter. Spider stieg also vom Rad und schob es kurzerhand neben sich her.
    Die Bäume links und rechts des Weges zeigten das dichte Laub des Sommers. Sie hatten ihre Zweige ausgebreitet und bildeten damit über dem Weg ein natürliches Dach, durch das hin und wieder das Licht des Mondes schimmerte.
    »Der – der Mond«, brabbelte Spider, und er überlegte krampfhaft, ob ihm nicht irgendein Lied einfiel, das auf den Mond paßte, aber ihm fiel keins ein. Wohl einige schmutzige Verse aus der Militärzeit, doch auf die konnte er jetzt verzichten, denn es waren keine Zuhörer in der Nähe.
    Er hatte nach einigen Minuten den höchsten Punkt erreicht. Schweratmend blieb er stehen. In seinem Schädel brummte und sauste es. Das war bereits der Beginn des Katers.
    Spider rülpste.
    Und er hatte Durst.
    Jetzt hätte er gern einen Schluck genommen. Er stellte sich vor, einen Krug mit kühlem Bier in den Händen zu halten, doch es war nur der Lenker, den er zwischen seinen Fingern hielt.
    Der Weg senkte sich auf eine Kreuzung zu. Von dort führte links und rechts ein breiterer Fahrweg tiefer in den Wald hinein und auch zum Camp der Holzfäller.
    Spider radelte los.
    Jetzt wurde es schwierig. Erstens ging es bergab, und zweitens bildeten aus der Erde ragende Baumwurzeln regelrechte Stolperfallen, auch für Radfahrer, besonders für die, die nicht mehr nüchtern waren.
    Spider bekam das zu spüren, als er über die erste querstehende Wurzel fuhr und ihm der Lenker fast aus den Händen geschlagen wurde. Er fluchte.
    Fast wäre er vom Weg abgekommen, aber auch hier bewahrheitete sich das alte Sprichwort: Kinder und Betrunkene haben eben Glück.
    Immer mehr näherte sich Spider der Kreuzung. Er hockte vornübergebeugt im Sattel und fühlte sich wie Niki Lauda in seinen besten Tagen.
    Noch zwanzig Yards.
    Fünfzehn…
    Plötzlich glaubte Spider, verrückt zu werden.
    Auf der Kreuzung stand jemand.
    Eine Gestalt – jetzt, mitten in der Nacht!
    Noch zehn Yards.
    Spider bremste.
    Er stemmte sich in den Rücktritt, so fest und hart, daß sein Drahtesel nach hinten wegrutschte und er Mühe hatte, das Gleichgewicht zu bewahren.
    Dann rutschte sein Rad in den schmalen Straßengraben, der sich vor dem dichten Wald herzog.
    Unbeweglich stand die Gestalt auf der Kreuzung. Sie schien aus einem Horror-Album entsprungen zu sein.
    »Der unheimliche Bogenschütze!« raunte Spider, und er wurde schlagartig nüchtern, wobei er zusätzlich noch am gesamten Leib zu zittern begann.
    Das Bild war tatsächlich grausam. Vom Mondlicht eingehüllt, stand mitten auf der Kreuzung ein riesenhafter Kerl. Er trug ein rotes Wams und über dem Oberkörper ein grünlich schimmerndes Kettenhemd, wie man es von den Rittern her kannte. Seine Füße steckten in halbhohen Stiefeln, die Hose lag wie eine zweite Haut an seinen Beinen. Der Kopf wurde durch eine Art Mütze bedeckt, die ebenfalls sehr eng anlag und nur das Gesicht freiließ.
    Aber welch ein Gesicht!
    Es hatte nichts Menschliches mehr an sich. Bleiche Knochen schimmerten dem Betrachter entgegen. Nur an einigen Stellen befanden sich noch Hautreste im Gesicht, die sich so stark über die Knochen spannten, daß man das Gefühl haben mußte, sie würden jeden Moment reißen.
    Der Unheimliche sprach kein Wort.
    Aber Spider begann zu zittern. Er hatte Angst, mörderische Angst. Er kannte die alten Geschichten und wußte genau, daß derjenige, der den unheimlichen Bogenschützen sah, dem Tod geweiht war.
    Spider sah ihn…
    Sekunden wurden für den Waldarbeiter zu Minuten. Er hatte auch nicht die Kraft wegzulaufen und sah

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