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0069 - Im Halbraum lauert der Tod

Titel: 0069 - Im Halbraum lauert der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Er blieb stehen, fasziniert von dem Anblick des Berges, der auf ihn zukam, und wartete, was geschehen würde. Durch die Masse des Berges hindurch konnte er das rötliche Licht sehen, das der Himmel abstrahlte. In seiner natürlichen Form mochte der Berg ein paar Kilometer dick gewesen sein; jetzt, bei einem Verzerrungsmaß von eins zu einer Million, waren es nur noch ebenso viele Millimeter. Bull erschrak bei dem Gedanken, daß die Schrumpfung, in der Wanderer begriffen war, nicht unbedingt einen Einfluß auf die molekularen Kräfte der Materie haben müsse, und, daß die Flanke des Berges jetzt, da sie nur ein paar Millimeter dick war, durchaus noch genauso schwer zu durchdringen sein könne wie zuvor.
    Aber er hatte keine Zeit mehr zum Ausweichen. Er sah sich um und entdeckte Leutnant Tompetch, wie er aus der Schleuse stieg. Er hatte einen der beiden kleinen Generatoren an seinem Gürtel befestigt und bewegte sich unter dem Schutz des Schirmfeldes leicht und ohne Schwierigkeiten. Bull dagegen hatte das Gefühl, er müsse den Kopf durch einen Pudding hindurchdrehen, so zäh war die Luft inzwischen geworden. Er schrie Tompetch zu: „Achten Sie auf den Berg! Er kommt auf uns zu!"
    Er sah noch, wie Tompetch das unerwartete Hindernis ins Auge faßte, dann schwenkte er wieder herum, um seinem Schicksal wie ein aufrechter Mann ins Auge zu sehen.
    Der Berg war bis auf ein paar Zentimeter herangekommen - eine flache Struktur aus Felsgestein, eine hauchdünne Wand. In Wirklichkeit war es nicht der Berg, der auf Reginald Bull zukam, sondern Bull wuchs auf den Berg zu.
    Bull beugte sich nach vorne, um den Anprall mit der Schulter abzufangen. Er spürte einen stechenden Schmerz in der rechten Schulter. Einen Augenblick lang glaubte er, der Zusammenstoß würde ihm die Knochen zermalmen, aber dann entdeckte er triumphierend einen Riß, der quer durch die ganze Steilwand lief. Er beugte sich noch einmal zurück und verfluchte die breiige Luft, die ihn daran hinderte, sich schnell zu bewegen. Dann warf er sich erneut nach vorne. Diesmal war der Schmerz des Aufpralls geringer. Bull hörte ein Geräusch, das sich wie das Winseln eines Hundes anhörte.
    Im selben Augenblick verbreiterte sich der Riß, die Wand riß auseinander und begann einzustürzen. Die Bruchstücke waren zu flach, als, daß Bull sie noch hätte erkennen können. Alles, was von der Bergflanke übrigblieb, war flimmernder Staub, der rasch zu Boden rieselte.
    Und im Berg gähnte ein Loch, das wenigstens dreimal so breit war wie Bull selbst. Bull starrte an der dünnen Wand hinauf, die trotz ihrer Dünne mehr als zweihundert Meter in die Höhe ragte und war mit seinem Werk zufrieden. Die Wand war nur in zwei Teile gespalten, und unter normalen Umständen wäre Reginald Bull von den herabfallenden Gesteinstrümmern erschlagen worden. Gesteinstrümmer aber, die nur Tausendstelmillimeter dick waren anstelle der ursprünglichen Meter, vermochten ihm nichts anzuhaben.
    Er sah sich ein zweites Mal nach Tompetch um. Tompetch war stehengeblieben. Er brauchte kein Risiko auf sich zu nehmen. Das Schirmfeld besorgte für ihn, was Bull mit der Schulter hatte tun müssen. Im Augenblick des Aufpralls warf sich Tompetch nach vorn - und im selben Augenblick gähnte eine zweite Lücke in der Felswand.
    Minuten später erreichte der Berg das Raumboot. Bull hatte keine Bedenken mehr. Die Gazelle war millionenmal stabiler als er selbst: Der Berg brach zusammen, als er sie berührte.
    Bull versuchte sich vorzustellen, was in diesen Augenblicken auf Wanderer selbst vorging - also dort, wo die schemenhaften Bewohner dieser Welt selbst an der Schrumpfung teilnahmen und sie deswegen nicht bemerkten. Sie sahen drei unförmige Gebilde: Kilometerlange Stangen, die in Wirklichkeit zwei Menschen waren, und ein mehrere Hundert Kilometer langes Gebilde, das ein Fernaufklärer vom Typ Gazelle sein sollte. Diese Gebilde waren in fortwährendem, raschen Wachstum begriffen. Sie rannten um, was sich ihnen in den Weg stellte: Bäume, Sträucher, Häuser und zum Schluß sogar noch Berge. Chaos mußte in diesen Augenblicken auf Wanderer herrschen. Jede Bewegung der drei Ungetüme rief einen Sturm von ungeheurem Ausmaß hervor. Bäume, die sie noch nicht umgestoßen hatten, wurden davon entwurzelt und trieben über das Land. Menschen, wenn es hier welche gab, wurden davongeschleudert. Das Meer begann zu kochen.
    Und sie selbst, die drei Ungeheuer, merkten nichts von alledem. Denn ein normaler Baum zum

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