0070 - Die Teufelsbraut
Grund, zur Mauer zu gehen und den Dämon um Gnade zu bitten.«
»Glauben Sie, daß er Sie erhört hat?« fragte Suko.
»Das kann ich nicht sagen. Ich weiß es nicht. Die kommende Nacht wird es erweisen.« Der Mann schaute Suko und mich ernst an. »Kehren Sie um. Stören Sie Tarantoga nicht. Er würde Ihnen das sehr übelnehmen. Tarantoga ist mächtig. Er kann Dinge tun, die für uns Menschen unvorstellbar sind. Wenn Sie ihn reizen, kriegen Sie seine Macht zu spüren.«
Ich wies auf meinen Spezialkoffer. »Ich bin gegen ihn gewappnet.«
»Sie werden trotz meiner Warnung zur Mauer gehen?« fragte der Mann verärgert.
»Ja«, sagte ich.
»Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen!« sagte der Zerlumpte. Er zuckte mit den Schultern und ging weiter.
Suko blickte ihm nach. »Wenn wirklich Tarantoga hinter all seinem Pech steckt, dann läßt sich der Dämon mit keinem noch so großen Geschenk davon abhalten, das begonnene Werk fortzusetzen.«
Suko hatte recht.
Die Gnade eines Dämons kann man sich nicht erkaufen. Jedenfalls nicht mit irdischen Gütern. Wohl aber mit bösen Taten. Darauf legen es manche Dämonen an. Sie peinigen einen Menschen so lange, bis dieser bereit ist, alles für sie zu tun. Von da an hat das Böse einen neuen Diener.
Wir setzten unseren Weg fort.
Der Pfad wand sich zwischen Büschen und Unkraut hindurch. Er stieg steil an und mündete in eine Lichtung.
Eine unheimliche Stille herrschte hier. Wir hörten keinen Vogel singen. Kein Blatt bewegte sich. Nicht einmal Fliegen summten.
Hier schien die Welt gestorben zu sein.
Suko sah sich aufmerksam um. Wir hatten noch keinen seltsameren Ort als diesen gesehen.
Auf Pfählen steckten abgeschlagene Ziegenköpfe. Geschlachtete Hühner hingen daran oder lagen auf bunten Kissen. Strähniges Haar umwehte einige Pfähle, während in Opferschalen bleiche Tierknochenschädel lagen.
Dazwischen brannten Kerzen und Fackeln. Der Boden war übersät von Opfergaben. Sie erstreckten sich hin bis zu einer hohen grauen Mauer, von der eine spürbare Kälte ausging.
In dieser Mauer verbarg sich also der Geist von Tarantoga. Ich entdeckte daran dünne schwarzmagische Symbole, die die Kraft des Dämons stärkten.
Das Ende der Welt!
Suko und ich schienen es gefunden zu haben. Mein chinesischer Partner sah mich abwartend an. Seine Augen fragten mich: Was nun?
Tarantoga schien über große Kräfte zu verfügen. Er ließ uns fühlen, daß wir nicht willkommen waren. Ein schmerzhaftes Pochen setzte zwischen meinen Schläfen ein.
Suko erging es genauso. Er ächzte leise.
Hinter der Dämonenmauer, die bedrohlich vor uns aufragte, befand sich ein verwahrloster alter Friedhof. Tarantoga war bestimmt auch der Herrscher der toten Seelen, die dort begraben waren.
Er konnte sie sicherlich ohne Mühe aus ihren Gräbern holen und auf uns hetzen.
Ich öffnete mein Hemd, damit mein silbernes Kreuz sichtbar wurde. Dann stellte ich meinen Spezialkoffer ab.
»Was hast du vor?« fragte Suko.
»Ich möchte Tarantoga beweisen, daß ich ihn nicht fürchte.«
»John, du solltest es jetzt auf keine Kraftprobe ankommen lassen. Du könntest im Kampf gegen den Dämon verletzt werden. Was dann? Wir sind nicht seinetwegen nach Rio gekommen. Unsere Aufgabe ist es, die Serie der Ritualmorde zu stoppen, für die nicht Tarantoga, sondern dessen Nachfolger verantwortlich ist. Wir sollten uns erst um Tarantoga kümmern, wenn die andere Sache erledigt ist.«
Was Suko sagte, hatte Hand und Fuß.
Tarantogas Nachfolger brauchte sieben Seelen, um Dämon von Rio werden zu können. Sechs Seelen hatte er sich bereits geholt.
Unsere wichtigste Aufgabe mußte es also sein, den siebten Mord zu verhindern. Wir hatten die Dämonenmauer gesehen. Wir kannten nun das Versteck von Tarantoga.
Es wäre vernünftiger gewesen, sich zu einem späteren Zeitpunkt um den Dämon von Rio zu kümmern.
Der Himmel begann sich plötzlich zu verdunkeln. Tarantoga schien uns eine Kostprobe seines Könnens geben zu wollen.
Die Kälte nahm zu und kroch in unsere Glieder. Höllengeräusche setzten ein. Undefinierbar. Schaurig. Markerschütternd.
Eine gefahrvolle Aura umgab die eigenartige Szene mit einemmal. Wir fühlten uns von allen Seiten angestarrt.
Suko riß seine Beretta aus der Schulterhalfter.
Ich wartete vorerst noch ab. Der Boden unter unseren Füßen begann zu beben. Die Erde schüttelte sich mehrmals so heftig, daß wir Gefahr liefen, umzufallen.
Breitbeinig standen wir da und warteten auf einen
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