0070 - Die Teufelsbraut
sollten besser verschwinden!« sagte Brenda Joyce scharf.
»Ja, Mädchen. Ich werde verschwinden. Aber nicht ohne deine Seele.«
»Hören Sie, ich habe sehr viel übrig für alte Menschen. Ich bin auch gern bereit, diese oder jene Verrücktheit zu tolerieren, aber was Sie sich herausnehmen…«
»Tarantoga wartet!« keuchte der Alte.
»Wer zum Teufel ist Tarantoga?«
»Noch ist er der Herrscher von Rio. Doch schon bald werde ich an seine Stelle treten. Ich, Ludus Bajaja! Mir fehlt nur noch deine Seele. Dann ist die Sieben komplett!«
Brenda Joyce wich vor dem Mulatten zurück. Ihr war nicht mehr geheuer in seiner Nähe. Sie wollte lieber davonlaufen, ehe etwas passierte, was nicht mehr ungeschehen gemacht werden konnte.
Verrückte entwickeln in ihrem Wahnsinn manchmal unglaubliche Kräfte. Brenda wollte kein Risiko eingehen. Es schien ihr vernünftiger zu sein, das Feld zu räumen.
Der Mulatte grinste. »Es hat keinen Zweck, Mädchen. Du entkommst mir nicht. Du bist verloren. Du mußt dich damit abfinden.«
Seine Stimme war so rauh, daß Brenda Joyce eine Gänsehaut bekam. In dem Augenblick, wo sie sich umdrehen und die Flucht ergreifen wollte, begann Ludus Bajaja sich zu verwandeln.
Brenda erstarrte vor Entsetzen.
Sie traute ihren Augen nicht. Borstiges Haar wucherte aus dem Gesicht des Alten. Seine Hände wurden zu krallenbewehrten Pranken. Ein blitzendes Raubtiergebiß schimmerte in seinem Mund.
Kein Wunder, daß Brenda in diesem Augenblick glaubte, den Verstand verloren zu haben.
Die Bestie stürzte sich auf sie.
Brenda wich zur Seite. Sie bekam einen Stoß, fiel, Sand knirschte zwischen ihren Zähnen. In panischer Furcht kämpfte sie sich wieder hoch.
Das Untier hieb mit seinen Pranken nach ihr. Brenda wußte nicht, wie sie es schaffte, unverletzt zu bleiben.
Sie handelte instinktiv. Ihr Selbsterhaltungstrieb ließ sie stets das Richtige tun. Aber es sah trotzdem nicht danach aus, als ob sie diese nächtliche Begegnung mit dem Unheimlichen überleben würde.
Schon sein nächster Hieb zerfetzte ihr Kleid.
Da fing Branda Joyce wie am Spieß zu schreien an.
***
Ich hörte den Schrei. Ein Mädchen stieß ihn in Todesangst aus. Er kam vom Strand. Ich machte auf den Absätzen kehrt und jagte aus meinem Zimmer. Nebenan wurde Sukos Tür aufgerissen.
»Hast du den Schrei auch gehört, John?«
»Aus welchem Grund sollte ich sonst wohl um diese Zeit noch mal aus meinem Zimmer rennen?« gab ich zurück.
Wir hasteten zur Treppe und liefen diese hinunter. Sicherlich hatten die Schreie des Mädchens mehrere Hotelgäste vernommen, doch keiner außer uns schien es der Mühe wert zu finden, sich darum zu kümmern.
Wir verließen das Hotel in großer Eile, liefen über die Straße und tauchten in die Dunkelheit ein, die über dem Strand lastete.
Suko war hinter mir. Wir rannten auf die Schreie zu. Der Sand war tief. Ich kam nicht so schnell vorwärts, wie ich es mir wünschte.
Plötzlich riß der Schrei jäh ab.
Mir wurde kalt.
Ich zog meine Beretta und forcierte mein Tempo. Augenblicke später sah ich sie. Sie lag im Sand. Ein bildhübsches, blutjunges Mädchen.
Ihr Kleid war zerfetzt. Ihr Körper wies zahlreiche Biß- und Kratzwunden auf. Mir war sofort klar, wer über dieses Mädchen hergefallen war: der Kerl, der Tarantogas Platz einnehmen wollte!
Wut wallte in mir hoch.
Wo war die grausame Bestie? Meine Augen versuchten die Dunkelheit zu durchdringen. Ich konnte den Mörder nirgendwo entdecken.
Suko kümmerte sich um das Mädchen.
Sie lebte noch, war nur ohnmächtig. Wir hatten den siebten Ritualmord verhindert. Diese Seele hatte der unheimliche Mörder nicht bekommen.
Aber das war wirklich kein Grund, sich zu freuen. Wenn es mir nicht gelang, die Bestie zur Strecke zu bringen, würde sie sich ein anderes Opfer suchen.
Ein Schatten wischte durch die Dunkelheit.
Ich startete sogleich. Mit langen Sätzen jagte ich hinter dem Unbekannten her. Er lief auf die Umkleidekabinen zu, verschwand dahinter.
Ich rannte, so schnell ich konnte. Keuchend erreichte ich die Kabinen. Mit kraftvollem Spurt bog ich um die Ecke.
Fast wäre ich über einen uralten Mann gefallen, der im Sand saß und mit dem Rücken an der Holzwand lehnte.
Er war dürr und hatte die dunkle Haut der Mulatten. Erschrocken zuckte er zusammen, als er mich erblickte.
Ich fragte ihn, ob er hier jemanden vorbeirennen gesehen habe.
»Ja«, sagte er. »Ein junger, kräftiger Mann war es. Er lief zur Avenida Atläntica, als hätte er
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