0070 - Die Teufelsbraut
netten, wohlerzogenen jungen Mann kennengelernt hatte, der sich – obwohl ebenfalls Amerikaner – in Rio wie in seiner Westentasche auskannte.
Tag für Tag stellte der private Fremdenführer ein reichhaltiges Besichtigungsprogramm zusammen, das Brenda Joyce mit Vergnügen absolvierte.
In dieser Nacht wollten sie mit dem Ruderboot ein Stück aufs Meer hinausfahren und von dort das idyllische Lichtermeer von Rio bewundern.
Verträumt dachte Brenda an den Jungen. Er sah gut aus und hatte hervorragende Manieren.
Kein einzigesmal war er ihr zu nahe getreten, obwohl sich bereits mehrmals die Gelegenheit dazu geboten hätte.
Brenda kannte einige Jungs zu Hause in Montana, die es unter wesentlich ungünstigeren Voraussetzungen versucht hätten.
Vermutlich war es das, was Brenda bei diesem neuen Freund ein so herrliches Gefühl von Geborgenheit und Vertrauen vermittelte.
Sie konnte sich bei ihm entspannen, brauchte nicht verkrampft in ständiger Abwehrbereitschaft zu verharren.
Sie wußte, daß dieser Junge niemals etwas tun würde, was sie nicht wollte. Er hatte sehr viel Takt und genau das richtige Fingerspitzengefühl, das so vielen Jungs, die Brenda kannte, fehlte.
Das Mädchen aus Montana war neunzehn, blond und auch ohne Schminke schön. Sie saß auf dem Ruderboot, mit dem sie ihren kleinen nächtlichen Ausflug aufs Meer machen wollten.
Brenda Joyce wußte, daß sie zu früh dran war. Es machte ihr nichts aus. Es tat ihr ganz gut, mal ein bißchen allein zu sein und über sich und den neuen Freund nachzudenken.
Ein kleines, verträumtes Lächeln huschte über ihre glatten Züge. Ob sie den Jungen heute ermuntern sollte…
Brenda Joyce schreckte plötzlich aus ihren Gedanken hoch.
Was war das eben gewesen?
Das Mädchen wandte den Kopf. Es war stockdunkel am Strand. Doch Brendas Augen hatten sich an die Finsternis gewöhnt, und so war es ihr möglich, die vage Bewegung in der Dunkelheit wahrzunehmen.
Dort schlich jemand.
Eine schwarz gekleidete Gestalt. Hager. Die Person kam auf sie zu. Brenda straffte ihren Rücken.
Das war nicht der Junge, den sie erwartete. Sofort war sie auf der Hut. Sie schlang ihre Hände um die Knie und wartete ab.
Ein alter Mulatte schälte sich aus der schwarzen Finsternis. Klapperdürr. Mit unzähligen Falten im abstoßenden Gesicht.
An und für sich hatte Brenda Joyce nichts gegen alte Menschen. Jeder wird einmal alt – wenn er lange genug lebt.
Doch vor diesem Mann ekelte sich das Mädchen. Und er war ihr unheimlich. Denn da war ein Ausdruck in seinen funkelnden Augen, der Brenda Joyce Angst machte.
Knapp vor ihr blieb er stehen.
Er sagte kein Wort.
Brenda rieselte es kalt über den Rücken. Sie hatte eigens für diese Reise portugiesisch gelernt, und sie sprach den Alten nun in seiner Sprache an: »Darf ich erfahren, was Sie von mir wollen? Warum starren Sie mich so an? Ist es verboten, nachts am Strand zu sitzen?«
Der unheimliche Alte schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, nein. Es ist nicht verboten, und ich bitte um Entschuldigung, wenn Sie sich durch mich belästigt fühlen. Haben Sie keine Angst hier im Dunkeln, so mutterseelenallein?«
»Es sind immer die Menschen, die man fürchten muß. Wenn man allein ist, braucht man keine Angst zu haben.«
»Das ist sehr weise.«
»Mein Vater sagt das immer.«
»Ihr Vater ist ein kluger Mann. Erwarten Sie hier jemanden?«
»Ja. Einen Freund. Wir wollen zusammen eine kleine Bootsfahrt machen.«
»Tut mir leid, Mädchen, aber die Bootsfahrt fällt ins Wasser«, sagte Ludus Bajaja knurrend.
»Was soll das heißen? Wie darf ich das verstehen?« fragte Brenda Joyce überrascht. »Hat Hank Sie geschickt? Kann er nicht kommen?«
»Doch, doch. Ich bin sicher, Hank wird zur vereinbarten Zeit hier eintreffen. Aber du wirst das nicht mehr erleben, Mädchen. Denn zu diesem Zeitpunkt wirst du bereits tot sein!«
***
Brenda Joyce sprang auf. »Sind Sie verrückt? Was sagen Sie denn da?«
»Ich werde dich töten!« knurrte Ludus Bajaja. In seinen Augen leuchtete die unverhohlene Mordgier. »Du bist das siebte Opfer! Tarantoga wird sich über deine junge Seele ganz besonders freuen!«
Brenda glaubte nicht richtig zu hören. Der Alte konnte nicht richtig im Kopf sein.
Brenda war zwar kein weiblicher Kraftprotz, aber mit dem klapprigen Mulatten glaubte sie es aufnehmen zu können.
Der fiel bestimmt schon um, wenn man ihn kräftig anblies. Es schien also technisch gar nicht möglich zu sein, was er behauptet hatte.
»Sie
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