0072 - Das Höllentor
gefunden und geöffnet.
***
Meine Taschenlampe brannte noch, aber ihr Licht wurde sofort geschluckt. Sie nützte mir hier nicht viel.
Ohne Übergang stand ich auf dem Boden. Es war kein richtiger Sturz gewesen. Ich war in eine andere Dimension versetzt worden.
Als ich den Kopf in den Nacken legte, sah ich über mir eine geschlossene Decke. Auch das war ein Beweis für meine Vermutung, daß ich die Höhle nicht auf gewöhnlichem Weg betreten hatte.
Wer weiß, wo sich dieser düstere Ort befand. Er brauchte nicht einmal auf Island zu sein. Vielleicht lag er irgendwo auf dieser Erde, vielleicht aber auch außerhalb unserer Welt. Ich wußte es nicht.
Ich ahnte nur, daß ich mich in einem Vorraum zum Reich der Schatten befand, in das ich mich schon einmal gewagt hatte. Bei diesem Vorstoß hatte ich allerdings nur einen verschwindend kleinen Teil dieses Reiches kennengelernt, das Menschen sonst verschlossen blieb.
Ich sah mich nach den elf Verblendeten um. Sie befanden sich nicht mehr in der Höhle. Im Schein der Gemme entdeckte ich endlich einen Ausgang.
Ich mußte mich bücken, um den Stollen betreten zu können. Er war stellenweise so niedrig, daß ich nur auf allen vieren kriechend vorankam. Woraus die Wände bestanden, konnte ich nicht feststellen, denn wenn ich nach dem glatten, schwarzen Material tastete, wich es vor mir zurück.
Das brachte mich auf einen Gedanken. Ich stand auf. Tatsächlich hob sich auch die Decke dieses unheimlichen Stollens, so daß ich aufrecht weitergehen konnte.
Die Gemme beleuchtete ein langes Stück des Korridors vor und hinter mir. Doch so weit ich auch ging, nichts veränderte sich.
Ich hatte das Gefühl, in einem elastischen Schlauch zu wandern, der mich von der Außenwelt abschloß.
Verblüfft blieb ich stehen. Ja, das war eine Möglichkeit! Warum hatte ich nicht sofort daran gedacht?
Ich schob die Gemme zwischen meine Finger, ballte sie zur Faust und rammte sie gegen die Tunnelwand.
Diese wich nicht schnell genug zurück. Die Gemme berührte das schwarze Material.
Mit einem donnernden Knall platzte die Haut auf. Ich stürzte vorwärts, rollte mich ab und kam sofort wieder auf die Beine.
Für einen Moment gefror mir das Blut in den Adern. Meine Vermutung stimmte. Ich war durch das Höllentor in das Reich der Dämonen eingedrungen. Diese aber hatten sich dadurch gegen mich geschützt, daß sie um mich herum eine Zone errichtet hatten, in der ich gegen ihr Reich abgeschirmt war. Nun hatte ich den Schirm durchbrochen.
Ich erlebte die gleichen Greuel wie bei meinem vorangegangenen Einsatz im Schattenreich. Ich sah die gleichen verstümmelten Gestalten, die giftigen Sümpfe, die schauerlichen Dämonenwesen, die sich auf Unglückliche stürzten, die in ihre Gewalt geraten waren.
Und ich hörte die Stimme des Schwarzen Todes. Dumpf dröhnend hallte sie zu mir herüber. In dem unsicheren Licht, das die Unterwelt erfüllte, ging ich dem Klang nach. Erkennen konnte ich noch nicht, von wo aus der Schwarze Tod sprach.
»… ewige Treue schwören, bis über euren Tod hinaus!« rief er soeben. »Wenn ihr das tut, werdet ihr reich belohnt! Ihr bekommt alles, was ihr euch auf Erden wünscht!«
Ich war offenbar gerade noch rechtzeitig gekommen. Die elf Verblendeten sollten vereidigt werden und in die Dienste des Schwarzen Todes treten.
»Seht euch um!« donnerte seine gewaltige Stimme. »Seht euch dieses Paradies an! Alles, was ihr wollt, gehört euch!«
Ich rannte, daß ich kaum noch Luft bekam. Paradies? Der Boden bestand aus Schlamm. Giftige Dünste zogen durch den Raum. Die Schreie der Gemarterten und das Triumphgeheul der Dämonen ließ den Boden erzittern. Und das sollte ein Paradies sein?
»Ich zeige euch nur einen Teil meines Reiches«, fuhr der Schwarze Tod fort. »Ihr könnt nicht ermessen, welche Freuden und welcher Luxus auf euch warten. Seid ihr bereit, Treue zu schwören?«
Endlich sah ich die Männer aus dem Lager. Sie standen auf einer festen Insel inmitten dieses Grauens und sahen sich mit verzückt leuchtenden Augen um. Hoch über ihnen schwebte eine Gestalt, die ich sofort erkannte.
Der Wächter des Höllentors!
Myxin hatte mich betrogen. Der Schwarze Tod selbst nahm gelegentlich die Gestalt des Wächters an, um an die Oberfläche der Welt zu gelangen. Kein Wunder, daß ich ihn mit meinen Waffen nicht endgültig vernichtet hatte!
Die elf Verblendeten sahen offenbar nicht die Wirklichkeit. Sie befanden sich in einem Begeisterungstaumel.
»Ja, wir werden
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