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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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möglich. Ich weiß es nicht. Komm, Nicole, wir wollen uns jetzt außerhalb der Kapelle umsehen. Es muß Nacht sein, sonst müßte Lichtschimmer hereinfallen.«
    Zamorra knipste das Gasfeuerzeug wieder an. Er schaute nach oben und sah über sich das Gebälk und die Dachsparren. Die Kapelle war kein architektonisches Kunstwerk, sondern ein primitiver Bau. Aber gerade in dieser Einfachheit lag ein morbider Reiz.
    »Was ist, Zamorra, wollen wir jetzt hinausgehen?«
    Der hochgewachsene Mann nickte. Nur an den Kleidern sollte es nicht scheitern. Nicole trug einen Hosenanzug, Zamorra ein kariertes Sportsakko und Jeans. Der Professor faßte an das Amulett in seiner Tasche.
    Er spürte nichts. Kein Prickeln, keinen Strom, der auf ihn überging. Die böse Energie, mit der dieser Ort aufgeladen war, war weit schwächer, als der Rest an jenen Orten, an denen die Ruine gestanden hatte.
    Noch hatte Zamorra keine Erklärung für dieses Phänomen, denn bei dem Originalgebäude hätte der Effekt genau umgekehrt sein müssen. Der Professor öffnete den schweren Riegel und zog die knarrende Tür auf.
    Nacht war es, und der Wind rauschte in den Bäumen. Am Himmel stand ein fahler Halbmond. Es leuchteten kaum Sterne. Tierstimmen war’n von weitem zu hören. Am Waldrand raschelte es. Ein dürrer Ast knackte. Zamorra steckte sein Gasfeuerzeug weg.
    Frischer Wind und Waldluft wehten in die verräucherte Satanskapelle.
    Zamorra und Nicole konnten bis zum dreißig Meter entfernten Waldrand sehen. Aber unter den Bäumen ließ sich nichts erkennen.
    Zamorra verharrte in der Tür der Satanskapelle. Bisher war es unmöglich, festzustellen, in welchem Jahrhundert sie sich befanden.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Zamorra. »Irgend jemand schleicht hier herum.«
    Im nächsten Augenblick zuckte ein Mündungsblitz am Waldrand auf, und der Schuß krachte so unverhofft, daß Nicole heftig zusammenzuckte. Die Kugel pfiff an Zamorras Ohr vorbei und schlug klatschend in die Rückwand der Kapelle.
    Zamorra zog sich schnell zurück, ließ den Türflügel der schwarzen Kapelle nur einen Spalt offenstehen. Gebrüll ertönte draußen , und weitere Schüsse krachten.
    »Da sind welche von Romain Rollands Satansdienern in der schwarzen Kapelle!« rief eine Männerstimme. »Los, wir holen sie uns, und wir lassen sie genauso sterben wie ihren elenden Herrn und Meister, den Hexer und Teufelsanbeter Rolland.«
    Wieder zuckten Mündungsfeuer, krachten Schüsse. Kugeln schlugen gegen die Mauern der Kapelle und ins Holz des Tores. Es waren keine modernen Gewehre, die da schossen. Mit wüstem Lärm stürmte eine Horde von Männern vom dunklen Waldrand her, Dreschflegel, Mistgabeln, Säbel und auch ein paar Vorderladergewehre schwingend.
    Fackeln loderten auf.
    Es mußten bestimmt zwei, drei Dutzend Männer sein, die vor der Satanskapelle gelauert hatten. Zamorra schlug das Tor zu, schloß den Riegel. Jetzt war es wieder finster in der Kapelle, bis auf die helle Insel, die das Licht der schwarzen Kerze bildete.
    Zamorra lehnte sich mit dem Rücken gegen das schwere Holztor, das keine Kugel aus einem der Vorderlader durchdringen konnte.
    Er nahm das Gasfeuerzeug aus der Tasche, knipste es an.
    Nicole stand da, schaute ihn an. Draußen wurde geschrien und gedroht. Gewehrkolben und Dreschflegel dröhnten gegen das Tor. Ein Mann rannte mit der Schulter dagegen an. Doch so einfach ließ sich das Tor nicht aufsprengen.
    Ein Rammbock mußte her. Oder hatten die Männer draußen etwas anderes vor?
    »Sagt den anderen Bescheid!« rief da eine heisere Stimme. »Das Holz herbei. Wenn sie nicht herauskommen, verbrennen wir sie in der Kapelle bei lebendigem Leibe.«
    »Jawohl, Jean, das machen wir!« brüllte ein anderer. »Wir äschern sie ein, mitsamt dem verdammten Bau.«
    »Was jetzt, Zamorra?« fragte Nicole atemlos, während die Männer draußen brüllten und tobten.
    Der Mob war entfesselt. Keiner würde Zamorra und Nicole glauben, daß sie nicht zum Klüngel des Romain Rolland gehörten und keine Teufelsanbeter waren.
    »Die Auswahl ist nicht groß«, sagte Zamorra. »Wenn wir uns ergeben und die Tür öffnen, schießen sie uns ab wie tolle Hunde oder schlagen uns tot. Und wenn wir in der Kapelle bleiben, werden wir verbrannt.«
    Immer noch hieben Kolben, Dreschflegel und Fäuste gegen das Tor, hämmerten gegen die Fensterläden. Romain Rolland war auf der Guillotine hingerichtet worden, und das aufgebrachte Volk wollte seine Satanskapelle beseitigen.
    Und das in jener

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