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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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Teufeln.
    »Brenne, brenne, Satansbrut!«
    »Sollen sie doch zu ihrem höllischen Herrn und Meister gehen, wenn es ihnen zu heiß wird, hahaha!«
    Die andern Rufe verstand Zamorra nicht. Weiber kreischten draußen. Für das Volk war es ein Schauspiel, für Zamorra und Nicole tödlicher Ernst. Eine wilde und ohnmächtige Wut erfaßte Zamorra.
    Sollte das das Ende sein? Sollten er und Nicole, die er schon längst liebte, elend und qualvoll verbrennen, im Jahre 1776, durch einen Irrtum, der Zamorra unterlaufen war? Als Teufelsanbeter, obwohl sie gar keine waren?
    Zamorra wankte, keuchte, hustete. Die Flammen loderten, die heiße, raucherfüllte Luft war kaum noch zu atmen. Zamorras ganzer Körper schmerzte, als stünde er bereits in Flammen. Von seinen gemarterten Lungen strahlten Schmerzen aus, und sein Kopf wollte zerspringen.
    Mit letzter Kraft hielt Zamorra sich aufrecht, hantierte noch immer mit seinem Amulett. Da mischte sich ein anderes Geräusch in das Brausen der Flammen. Es rauschte und dröhnte. Unheimliche Laute ertönten. Zuerst glaubte Zamorra, das bilde er sich ein.
    Aber dann hörte er die Schreckensschreie von draußen.
    »Seht, dort, die riesige Gestalt in den Flammen! Das ist der Geist von Romain Rolland! Seht doch nur, seht, er trägt seinen abgeschlagenen Kopf unter dem Arm, und er droht uns mit der Faust!«
    »Rettet euch! Rette sich, wer kann, sonst holt uns alle der Leibhaftige!«
    Ein Schuß knallte.
    »Flieh, Jean, du kannst nichts ausrichten!« brüllte jemand. Zamorra hörte es wie aus weiter Ferne. »Wenn die Kapelle niedergebrannt ist, wird der Spuk vorbei sein!«
    Kreischend flüchtete die Menge in den Wald. Zamorra war mehr tot als lebendig. Aber er begriff, daß sich nun die Voraussetzungen geändert hatten. Romain Hollands Geist, die bösen Kräfte, jetzt waren sie erschienen. Die Energie, die Zamorra brauchte, um in das Jahr 1977 zurückzukehren, war da.
    Nicole lag ohnmächtig am Boden, umklammerte aber immer noch Zamorras Beine. Der Rauch machte ihn blind. Er konzentrierte sich auf das Jahr 1977, auf den Ort, von dem er mit Nicole die Zeitreise unternommen hatte.
    Zamorra wollte mit Nicole hingelangen, wollte fort aus diesem Inferno von Rauch und Flammen. Er rief eine Beschwörung, um die magischen Kräfte zu unterstützen, die ihn zurückbringen sollten.
    Es wurde finster. Der Lärm verstummte. Es gab einen gewaltigen Krach, und dann stürzte Zamorra ins Nichts.
    ***
    Es war das gleiche Erlebnis, wie bei der ersten Zeitreise. Wieder die Sphärenklänge, die wirbelnden Lichtspiralen. Dann lag Zamorra im Weinberg auf der Erde und blinzelte ins helle Sonnenlicht.
    In Zamorras Nähe lag Nicole, und sie fing jetzt an, sich zu regen.
    Da waren auch die Reisetasche und der kleine Koffer. Zamorra steckte sein silbernes, ein wenig vom Rauch geschwärztes Amulett weg.
    Seine Kleidung war in einem schlimmen Zustand, der linke Ärmel glimmte sogar noch. Zamorra schlug die Glut aus. Zu seiner Überraschung fühlte er sich recht gut, viel besser als in der Satanskapelle, wo er auf dem letzten Loch gepfiffen hatte.
    Nicole setzte sich nun hin, mit angekohlten Kleidern und versengten Haaren, doch ohne Brandwunden im rauchgeschwärzten Gesicht. Sie sah aus, als hätte sie allein einen Waldbrand gelöscht.
    »Eigentlich sollte ich tot sein«, sagte Nicole. »Aber ich fühle mich nicht einmal übel.«
    Sie hustete ein paarmal.
    »Die Zeitreise hat uns regeneriert«, sagte Zamorra. Er hatte schon ein paarmal die Grenzen von Zeit und Raum durch Magie überwunden. Jedesmal war es anders, jede Zeitreise hatte ihre eigenen Gesetze und Effekte. »Ich glaube, wir haben nicht einmal eine Rauchvergiftung.«
    Er stand auf, und er blieb auf den Beinen, schwindelfrei. Normalerweise hätte er nach einem Abenteuer wie dem in der Satanskapelle nur noch kriechen können oder auf der Bahre weggetragen werden müssen. Zamorra half Nicole auf die Beine.
    Jetzt betrachtete sie ihn richtig.
    »Sehe ich etwa auch so aus wie du?«
    »Ich kann mein Gesicht nicht sehen. Aber wir sind billig davongekommen, wenn man bedenkt, in welcher Klemme wir steckten. Wir haben nicht einmal eine Brandblase.«
    Nicole griff sich an den Kopf.
    »Billig davongekommen, nennst du das? Sieh dir nur einmal mein Haar an. Das ist für mich schlimmer als ein nationales Unglück.«
    Nicole übertrieb. Sie lachte schon wieder. Die Sonne schien, und unten auf der Straße fuhr ein Auto vorbei. Bienen summten im Weinberg, und Schmetterlinge gaukelten.

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