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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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Romain Rolland sind Ketten und Bande auferlegt. Um sie zu sprengen und seine unheilvolle Macht zu vermehren, muß er wohl das tun, was er jetzt durchführt.«
    Nicole überlegte. Konnte es sein, daß das Scheitern von Zamorras Mission schon vorprogrammiert war? Es war nichts davon bekannt, daß jemand 1776 dem Hexer Romain Rolland das Handwerk gelegt hätte. Romain Rolland war enthauptet worden, und damit hätte sich Zamorra, der genau wußte, daß der Hexer so nicht vernichtet werden konnte, nie zufriedengegeben.
    Mußte Zamorra also scheitern? Oder konnte es ein Zeitparadoxon geben? Diese Frage interessierte Nicole brennend. Akademische Erörterungen konnten sie nicht klären. Aber bald würde es sich herausstellen.
    »Vor dem Mittagessen habe ich noch etwas ganz Dringliches und Unaufschiebbares zu erledigen«, sagte Nicole, und die Denkerfalten verschwanden von ihrer hübschen Stirn.
    »Was?«
    »Einen Termin in einem guten Frisiersalon zu vereinbaren. Soll ich dich gleich mit anmelden, Zamorra?«
    ***
    Martin Claireaux, Bäcker in Angers, war ein berufsmäßiger Frühaufsteher. Jeden Morgen, außer am Sonntag, mußte er schon ab vier Uhr auf den Beinen sein, damit die Kunden ihre frischen Croissants und die anderen Backwaren rechtzeitig bekamen.
    Der Bäcker saß auch an diesem Montagmorgen, eine Viertelstunde nach vier, in der Küche und trank seinen Morgenkaffee. Sein Geselle und der Lehrjunge bereiteten in der Backstube den Teig mit der Teigmaschine vor und heizten den elektrischen Backofen an.
    Meister Claireaux konnte sich noch etwas Zeit lassen, bevor er an die Arbeit ging. Einen Blick hatte er bereits in die Backstube geworfen und gefunden, daß alles in Ordnung sei.
    Das Radio dudelte. Es sendete noch das Nachtprogramm, denn die Morgensendungen begannen erst um fünf Uhr früh. Martin Claireaux stippte sein Hörnchen in den Milchkaffee und war mit sich und der Welt zufrieden. Es machte ihm nichts aus, so früh aus den Federn zu müssen. Er hatte sich daran gewöhnt und lebte dementsprechend.
    Seine Frau und seine beiden Töchter waren da anders. Vor halb sieben fanden sie nicht aus dem Bett, und dann waren sie immer noch verschlafen.
    Plötzlich stürzte der Lehrjunge in die Küche, käsebleich im Gesicht.
    »Meister Claireaux! Meister Claireaux!«
    »Was ist denn, Serge? Ist in der Backstube etwas nicht in Ordnung?«
    Der Junge mit der weißen Schürze und der Bäckermütze schüttelte den Kopf, rang um Worte.
    »Die Backstube ist… verschwunden.«
    Claireaux blieb der Mund offen stehen.
    »Meine Backstube? Serge, bist du betrunken oder willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Nein, wirklich nicht, Meister. So kommen Sie doch und sehen Sie nach. Der Geselle und ich sind ratlos. Er hat mich zu Ihnen geschickt.«
    »Na, da will ich doch gleich…«
    Glaireaux war sich nicht klar darüber, was er eigentlich wollte.
    Kopfschüttelnd stand der dickliche Mann auf, folgte dem Lehrjungen durch das Nebenzimmer und den Flur. Da war der Bereitstellungsraum für die fertigen Backwaren, von dem aus sie in den Laden gebracht oder ausgeliefert wurden.
    Hinter diesem Raum hätte die Backstube sein sollen. Aber da war sie nicht, da befand sich gar nichts mehr von dem Anbau am Bäckerhaus. Ein düsteres, verwittertes Gebäude stand da. Es stank nach Brand, und seine Steinmauern waren von einer Feuersbrunst geschwärzt.
    Das Tor war halb verkohlt, und der eine Flügel klaffte halb offen.
    Adolphe, der Bäckergeselle, stand wie gelähmt da. Martin Claireaux faßte ihn am Arm, schüttelte ihn.
    »Was ist hier los, Adolphe? Was ist passiert?«
    Claireaux glaubte, zu träumen. Das gab es doch gar nicht. Der Bäckermeister kniff sich in den linken Arm, und der Schmerz überzeugte ihn, daß er wach sein mußte. Adolphe rührte sich nicht, stand wie gebannt.
    Und dann begriff der Bäcker. Ihm wurde es so kalt, als riesele Eiswasser statt Blut durch seine Adern. Er zitterte wie Espenlaub. Das war die schwarze Kapelle. Bei Martin Claireaux war sie erschienen, aus dem Nichts, wie in den beiden anderen Fällen.
    Claireaux hatte nie damit gerechnet, daß der Spuk auch hier bei ihm zuschlagen könnte. Aber es gab keinen Zweifel. Sein Anbau war fort, irgendwohin entschwunden, und die Satansruine stand da.
    Claireaux wollte weglaufen. Aber seine Beine gehorchten ihm nicht mehr.
    Er hörte sich sagen: »Da will ich doch gleich einmal nach dem Rechten sehen.«
    Serge, der Lehrjunge, ächzte. Gegen seinen Willen ging Martin Claireaux

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