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0072 - Ich war kein Fraß für Tiger

0072 - Ich war kein Fraß für Tiger

Titel: 0072 - Ich war kein Fraß für Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich war kein Fraß für Tiger
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die Polizei hat ja immer recht. Also muss es wohl der Tiger gewesen sein. Denn von allein kann doch ein erwachsener Mensch nicht über eine neunzig Zentimeter hohe Betonbrüstung stürzen, oder? Vielleicht könnte uns der Tiger mehr verraten als die Polizei. Aber der Tiger öffnet sein Maul ja nur, um zu brüllen. Im Gegensatz zur Polizei. Vielleicht kommt nun der Tiger auf den elektrischen Stuhl.
    Die ganze Geschichte hat er ja so raffiniert eingefädelt, dass man wohl von vorsätzlicher Tötung, also von Mord, sprechen kann. Wir sind nun nur noch gespannt, wie ihm die Polizei die ganze Geschichte beweisen wird. Dass er zwei Männer überredete, sich im Zoo bis nach Torschluss zu verstecken, sich dann über die hohe Brüstung fallen zu lassen, damit sie sich ihm mundgerecht servierten, ja überhaupt erst einmal einen ganzen Nachmittag lang ihrem Geschäft fernzubleiben! Denn beweisen muss man es dem Tiger! Wie wir Tiger kennen, wird er es glatt bestreiten.
    ***
    Das war der Artikel. Triefend vor Ironie, sicher. Aber wenn an der ganzen Geschichte wirklich…
    Ich lief schon zum Telefon, noch ehe ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte. S - S- St - Star - Stearns - Steel -Steve. Da war es: Steve Private Zoo Nummer SORdern 46 81 37. Ich drehte bereits die Wählscheibe.
    »Steve Private Zoo, Sekretariat«, flötete eine sanfte Stimme.
    Ich schwindelte, aber nur ein ganz kleines bisschen.
    »Federal Bureau of Investigation«, sagte ich, obgleich ich mich ja weder im Office, noch im Dienst befand. »Special Agent Jerry Cotton am Apparat. Sagen Sie mal, verehrte Unbekannte, hat es bei Ihnen in den letzten Tagen besondere Vorfälle gegeben?«
    Die Antwort kam sehr spitz.
    »Sie brauchen gar nicht so durch die Blume zu sprechen, Agent Cotton. Wenn Sie das grausige Unglück im Tigergehege meinen, dann sprechen Sie es ruhig aus.«
    »Okay, das meine ich. Was ist da passiert?«
    »Können Sie lesen?«
    »Ich glaube schon.«
    »Dann sehen Sie vielleicht mal in eine Zeitung der hiesigen Gegend. Es haben so ziemlich alle Blätter darüber geschrieben.«
    »Nicht möglich! Wahrscheinlich im kleinsten Druck unter Rubrik Was sonst noch geschah, was? Meine liebe Dame, Sie scheinen nicht ganz verstanden zu haben, mit wem Sie sprechen. Hier ist ein Beamter des FBI und möchte von Ihnen, und nicht aus irgendeiner Zeitung, erfahren, was los war. Wenn Sie aber am Telefon nicht zu Auskünften bereit sind, so bin ich dafür bereit, Ihnen eine offizielle Vorladung ins FBI-Districtgebäude zukommen zu lassen. Dort werden Sie bei einem offiziellen Verhör wohl oder übel gesprächiger werden müssen.«
    Am anderen Ende des Drahtes wurde hörbar nach Luft geschnappt. Dann kam die sanfte Stimme noch wesentlich sanfter und ziemlich kleinlaut wieder.
    »Entschuldigen Sie, Sir. Das Ganze war so furchtbar, dass meine Nerven…«
    »Butter essen«, grinste ich. »Das soll gut für die Nerven sein.«
    »Ja, Sir. Vielen Dank. Ich werde es mir merken. Also die Sache war so: Es muss nach Schluss der Besuchszeiten gewesen sein, als ein Mann noch zum Raubtiergehege ging. Er hatte sich wohl irgendwo versteckt, sonst hätten ihn unsere Aufseher entdecken müssen, als sie bei Torschluss ihren üblichen Kontrollgang machten.«
    »Gibt es denn leicht Möglichkeiten, sich im Zoo zu verstecken?«
    »Aber sicher! In den Parkanlagen sind genug dichte Büsche, wo sich ein erwachsener Mensch verbergen kann.«
    »Schön, und wie ging es weiter?«
    »Tja, das hat keiner gesehen. Jedenfalls müssen die beiden Männer über die Brüstung gestürzt sein. Das Tigergehege liegt ungefähr fünf Yards tiefer als der Platz der Zuschauer. Es gibt nur eine senkrechte Betonwand, die in einer Brüstung ausläuft. Ein Gitter ist nicht nötig, weil der größte Tiger keine senkrechte Betonwand emporklettern kann.«
    »Überspringen können die Tiere diesen Höhenunterschied nicht?«
    »Nein, das ist völlig ausgeschlossen. Wenn sie sich fast senkrecht hochschnellen, können sie zwar mit dem Kopf bis knapp unters Ende der Brüstung kommen, aber sie fallen ja immer wieder zurück, weil sie sich nirgends halten können.«
    »Die Männer müssen also hinabgefallen sein? Eine andere Lösung gibt es überhaupt nicht? Nicht, dass sie der Tiger beim Hochschnellen vielleicht nicht am hinabgestreckten Arm erwischte und mit sich hinabriss?«
    »Das ist ganz unmöglich. So hoch käme kein Tiger, dass er noch einen Arm schnappen könnte. Das ist doch beim Bau der Anlage berücksichtigt

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